Glaube:Holzkirchen hat wieder eine Holzkirche

Glaube: Kardinal Marx weiht die Kirche St.Josef in Holzkirchen.

Kardinal Marx weiht die Kirche St.Josef in Holzkirchen.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Kardinal Marx weiht am Sonntag den neuen Kirchenbau in Holzkirchen.
  • 2011 wurde die Statik des Dachs als mangelhaft beurteilt.
  • Architekt Eberhard Wimmer hat den Wunsch der Pfarrgemeinde aufgegriffen, sich auch in der neuen Kirche wieder rund um den Altar versammeln zu können.

Von Matthias Köpf

Wenn Kardinal Reinhard Marx an diesem Sonntag hier, mitten in einer Wohnsiedlung in oberbayerischen Holzkirchen, mit seinem Bischofsstab an dieses dunkle Metallportal klopfen wird, dann wird es sich auftun für etwas, das auch einem Erzbischof von München und Freising inzwischen nur noch sehr selten vergönnt ist:

Sein Klopfen und das Zeichnen des Kreuzes auf die Schwelle sind der Anfang der Liturgie, mit der die katholischen Kirche ihre neuen Gotteshäuser weiht. In Marx' Münchner Bistum ist St. Josef in Holzkirchen die erste neue Kirche seit zehn Jahren und erst die vierte in diesem Jahrtausend.

Die große Zeit des Kirchenbaus war im Bistum nicht das Barock mit seinen vielen goldglänzenden Dorfkirchen und Wallfahrtsbasiliken, sondern die Zeit zwischen 1960 und 1980. In diesen zwei Jahrzehnten seien vor allem in den wachsenden Städten mehr Kirchen gebaut worden, als jemals zuvor in so einem Zeitraum, sagt Norbert Jocher, der im Münchner Ordinariat die Kunstabteilung leitet.

Aus dieser Zeit stammte auch die erste St.-Josefs-Kirche in Holzkirchen. Entworfen hatte sie Franz Ruf, der jüngere Bruder des berühmten Sep Ruf und selbst ein Architekt von Rang. Mit dieser Kirche war ein schon seit 1904 gehegter Wunsch der Pfarrgemeinde in Erfüllung gegangen, denn St. Laurentius am Marktplatz mit den bestenfalls 250 Sitzplätzen schien dem gerade gegründeten Kirchenbauverein damals schon zu klein.

In den Jahren nach den Weltkriegen und der Nazizeit verzeichnete allein die Holzkirchner Gemeinde an die 1000 Wiedereintritte, und Franz Rufs im Juni 1962 und damit noch vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil geweihter Bau war ein Symbol der neuen katholischen Offenheit: Die Gläubigen versammelten sich nicht mehr unter dem, sondern um den Altar.

Am Eingang standen immer die vielen Kinderwägen, erinnert sich der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Matthias Hefter, der die Hiobsbotschaft just an dem Tag im November 2011 erhielt, an dem auch die Programmhefte für die Feiern zum 50-Jahr-Jubiläum der Kirche gekommen waren: Die Statik des kreuzförmig gefalteten Dachs, die nach dem Einsturz der Bad Reichenhaller Eishalle mehrmals untersucht worden war, sei mangelhaft, niemand dürfe das Gotteshaus mehr betreten.

Das große Bauressort im Ordinariat schlägt sich jedes Jahr mit zahlreichen Renovierungen und mit Sanierungsanträgen für hunderte Kirchen aller Epochen herum, doch bei St. Josef in Holzkirchen war irgendwann klar, dass da nichts mehr zu machen sein würde. In St. Laurentius am Holzkirchner Marktplatz, wo es immer schon ein bisschen traditioneller zuging, standen aber nie viele Kinderwägen, sagt Pfarrgemeinderat Hefter.

Die Jugendarbeit litt, die Familiengottesdienste hatten keinen Ort mehr, obwohl die prosperierende Marktgemeinde immer mehr Menschen anzog. St. Josef musste abgerissen werden, nur der Turm blieb stehen. Doch das Erzbistum entschied sich für einen Neubau an gleicher Stelle.

Der ist, wie schon sein Vorgänger, ein zeitgenössischer Bau geworden. Wettbewerbs-Gewinner Eberhard Wimmer hat den Wunsch der Pfarrgemeinde aufgegriffen, sich auch in der neuen Kirche wieder rund um den Altar versammeln zu können. Der Münchner Architekt spricht von der Situation der Bergpredigt, für die es eigentlich nur noch einen Wetterschutz brauche.

Wimmer hat einige Erfahrung mit Kirchensanierungen, doch eine Kirche neu zu bauen ist für ihn die "Königsdisziplin" seines Fachs - nämlich die Aufgabe, "das, was wir nicht greifen können, auszudrücken". Ein Kirchenraum müsse "die Möglichkeit schaffen, Transzendenz zu erfahren".

Die Ausstattung des 11,5 Millionen-Projekts ist sparsam

Wimmer hat als Grundform für die Kirche und für die kleinere, über ein gläsernes Foyer mit ihr verbundene Werktagskapelle jeweils einen leicht schräg gestellten Kegelstumpf gewählt, woraus sich unterschiedliche Neigungswinkel der mit Lärchenholz-Schindeln verkleideten Hülle und ein ovaler Grundriss ergeben.

Die beiden von manchen Holzkirchnern vorerst als "Kühltürme" angesehenen Baukörper drängen sich nicht auf inmitten der Siedlung, doch im Inneren öffnet sich die knapp 22 Meter hohe Kirche zu einer ungeahnten, hellen Weite. Die vielen Balkendreiecke, die Wimmer in zehn Reihen übereinander bis zum ovalen Oberlicht aufsteigen lässt, verstärken den Eindruck noch.

Pfarrer Gottfried Doll, der 2014 seinen Dienst in dem riesigen, schon aus zwei früheren Pfarrverbänden fusionierten Pfarrverband Holzkirchen-Warngau angetreten hat, denkt bei der Form der neuen Kirche an die Bergkegel der nahen Alpen, so wie der Architekt selbst, der die Kegel für sich auch aus der etwas abstrahierenden Malerei des Blauen Reiters abgeleitet hat.

Die Ausstattung des 11,5 Millionen-Projekts ist sparsam und stammt wie die Figur des Heiligen Josef im Foyer, die Maria mit Kind im Kirchenraum oder das Bronzetor zur Kapelle aus dem Vorgängerbau. Das helle Inventar der zum hinteren Rand hin verschobenen Altarinsel stammt von einer Neugestaltung aus den Achtzigerjahren.

Die Kirchenbänke mit insgesamt 400 Plätzen vollziehen die Rundung nach, und auf dem Betonkranz, auf dem die sonst ganz aus Holz konstruierte Kirche gründet, läuft eine Sitzbank um das ganze Oval. Dazwischen ist viel Platz für Kinderwägen.

Der Kardinal wird die Kirche an diesem Sonntag um 9.30 Uhr weihen - einen Tag vor ihrem Patrozinium, dem Tag des Heiligen Josef am 19. März. Schon im Juni wird Marx in Poing den nächsten Kirchenneubau weihen können, doch dann wird sich das Bauressort des Bistums wieder dem Bestand und kleineren sakralen Projekten zuwenden.

Statt der ebenfalls aus statischen Gründen geschlossenen Kirche St. Jakobus in Neuperlach wird es nur ein neues Pfarrzentrum mit Kapelle geben, und viel mehr ist auch für den neuen Stadtteil Freiham nicht geplant. Und auch die Holzkirchner warten weiter: Ihr auf fünf Millionen Euro kalkuliertes neues Pfarrzentrum hat das Bistum erst einmal hintan gestellt.

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