Hölderlin-Museum:Auf Hölderlins Spuren

Hölderlin-Museum: Ulrich Moebius mag vor allem den Balthasar-Neumann-Saal in seinem Schloss. Nebenan schlief Hölderlin.

Ulrich Moebius mag vor allem den Balthasar-Neumann-Saal in seinem Schloss. Nebenan schlief Hölderlin.

(Foto: prz)

Wie der Mediziner Moebius zum Schlossherren wurde

Von Olaf Przybilla, Waltershausen

Was er da gekauft hat, wusste Ulrich Moebius zunächst nicht so genau. Das Schloss von Waltershausen stand in einer Ärztezeitung zum Verkauf, Moebius war zu der Zeit Berliner und wollte immer schon im Süden wohnen. Also nutzte er die Chance, ein Schloss in Bayern zu erwerben. Dass die Rhön von Berlin aus gesehen durchaus Süden ist, das Mediterrane dort aber eher zu kurz kommt, merkte er erst später. Nach dem Umzug vor 30 Jahren stand Moebius mitunter bis zur Brust im Schnee, seine Definition von Süden hat er seither präzisiert. Noch überraschender aber waren die Anfragen, mit denen sich der neue Schlossherr nach dem Umzug auseinanderzusetzen hatte. Ob man sich mal dieses Hölderlin-Schloss von innen anschauen könnte. Das was bitte?

Das Schloss, in dem Hölderlin von 1793 bis 1795 seine Tage als Hauslehrer verbracht und dort auch mit dem "Hyperion" begonnen haben soll. Wobei es Hölderlin ähnlich ging wie dem späteren Schlossbewohner: Er hatte da wohl was nicht so ganz auf dem Schirm. Als Hölderlin nämlich unterbreitet worden war, er könnte einen Job in Waltershausen annehmen und den zehnjährigen Sohn der Schlossherrin Charlotte von Kalb erziehen, fühlte sich der Dichter einem Lebensziel nahe: endlich in der Nähe von Schiller leben. Der war zu der Zeit Professor in Jena. Dort in der Nähe, im heutigen Landkreis Gotha, liegt das Städtchen Waltershausen. Aber es gibt eben auch ein Waltershausen in der Rhön. Immerhin: beides ist von Berlin aus gesehen Süden.

Als bei Moebius mehrere Anfragen nach Hölderlin eingingen, war er geneigt, die Sache ernst zu nehmen. Und 2008 eröffnete er tatsächlich sein kleines Hölderlin-Museum: eine hübsch bemalte Turmstube mit Bett, Regal, Holztisch und Stuhl. Es sieht dort zwar sicher anders aus als zu Hölderlins Zeiten. Die Leute von der Deutschen Bundespost, die das Schloss als Erholungsstätte nutzten, hatten einen unsäglichen Geschmack, schimpft Moebius. Vom Bund Deutscher Mädel, der sich dort auch einquartieren wollte, ganz zu schweigen. Aber wie es in etwa ausgesehen haben mag, als Hölderlin auf den pubertierenden Sohn der Kalbs aufpassen musste (der sich empörende Dinge von Tieren abgeschaut haben soll), das kann man seither erahnen.

Und sich natürlich informieren über das Leben der Charlotte von Kalb, die wiederum mit Hölderlin gemeinsam hatte, dass sie die Nähe zu Schiller suchte. Und dabei insgesamt erfolgreicher gewesen sein dürfte als Hölderlin. Aber weniger erfolgreich, als ihr womöglich lieb gewesen wäre. Andererseits deutlich erfolgreicher, als es ihrem Mann, dem Offizier Heinrich von Kalb, lieb gewesen sein kann. Wie auch immer: Als Ansprechpartnerin von Schiller, Goethe und Jean Paul hatte die Kalb deutlich mehr Erfolg als mit eigenen Texten.

Auf Anfrage liest Moebius, 77, ein paar Auszüge von ihr vor. Findet aber, das sei eher ungenießbares Zeug, ein Urteil, dass er sich auch als Mediziner zutraue. Als solcher hat er es übrigens zu einiger Berühmtheit gebracht. In den Siebzigerjahren ärgerte er die Pharmaindustrie mit vernichtenden Urteilen über Arzneimittel. Die Industrie versuchte mehrfach, Moebius in den Ruin zu klagen. Blieb aber erfolglos. Wer weiß, ob Besucher sonst heute bei ihm anrufen und um einen Besuch in Schloss und Museum bitten könnten (Tel. 09762/7144). Besonders sehenswert: der Saal von Balthasar Neumann.

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