Hochschule:Fehler in Aufgabe: Lehramtsstudenten müssen Examen unterbrechen

Anderthalb Stunden schwitzen die angehenden Lehrer schon, als den Prüfern ein Fehler auffällt. Und dann noch einer. Und noch einer. Und - ja wirklich - noch einer.

Von Anna Günther

Der Humor ist den bayerischen Lehramtsstudenten mittlerweile vergangen. Zum dritten Mal in Folge mussten angehende Lehrer in allen neun Universitäten ihre Examensprüfungen unterbrechen, weil Fehler in den Angaben waren. Im Frühjahr und Herbst 2016 traten in den Englisch-Staatsexamensaufgaben Fehler auf. Bei den Prüfungen im Sommer hatten die Studenten in einer Uni noch mit schallendem Gelächter auf die Nachricht von neuen Fehlern reagiert. Diesmal überwog die Wut.

Betroffen waren vor allem 362 Frauen und Männer, die ihr Deutsch-Examen schrieben. All jene, die Ingeborg Bachmanns Gedicht "Böhmen liegt am Meer" analysierten, fanden in 24 Versen fünf Fehler vor, teils Tippfehler, teils leicht sinnverändernd.

Nach 90 Minuten habe die Aufsicht darüber informiert, erzählt ein Student. Wegen der Störung bekamen sie 30 Minuten länger Zeit. Und wurden kurz darauf wieder unterbrochen. Diesmal war der Aufsicht ein Fehler in der Angabe der Dramenanalyse aufgefallen. Auch in Mediävistik, der Wissenschaft von Literatur und Kultur des Mittelalters, gab es wegen einer Ungenauigkeit 15 Minuten mehr Zeit. Missverständnisse löste zudem die Angabe eines Catull-Gedichts in Latein aus. Bei jedem Fehler ruft die Prüfungsaufsicht im Prüfungsamt der Hochschule an, und das wiederum im Ministerium. Die Fachabteilung beschließt eine Regelung für alle neun Unis, bevor die Telefonkette zurück in die Hörsäle läuft.

Studenten sprechen von "eklatanten Fehlern" und "grober Fahrlässigkeit" der Professoren, die alle Aufgaben erstellen. In der Pflicht sehen die angehenden Lehrer auch das Ministerium, das besser kontrollieren müsse. "Ein Großteil unseres Berufslebens hängt von der Note des Staatsexamens ab, nicht nur bei Lehramtsstudenten überlaufener Fächer wie Deutsch, sondern bei allen", sagt ein Betroffener. Von den Studenten werde Genauigkeit erwartet. Dazu müsse man auch Mitarbeiter im Ministerium bewegen, die für die Examina zuständig sind.

Die Fehler seien grundsätzlich zu bedauern, sagte ein Ministeriumssprecher, aber "der Sinn der Aufgabenstellung war trotz dieser kleinsten Schreibfehler klar". Bei mehreren Tausend Seiten Prüfungstext während der Staatsprüfung könnten "derlei Fehler aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden". Der "Sondersituation", in der sich die Prüflinge befinden, sei man sich aber bewusst.

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