Historische Flugblätter in Nürnberg:Seht her, ein Meermönch!

Skandale, Tratsch und Sensationen, das ist heute das Metier der Boulevard-Medien. Im 16. Jahrhundert gab es keine "Bild", dafür gab es Flugblätter. Die Bilder dazu lieferten mitunter große Künstler - wie eine Ausstellung in Nürnberg zeigt.

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Ausstellung Nürnberg, alte Flugblätter

Quelle: oh

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Wer Tratsch und Klatsch liebt und von Skandalen und unglaublichen Geschichten nicht genug bekommen kann, dessen Neugierde wird heute im Internet und in den Boulevardmedien befriedigt. Im 16. Jahrhundert benutzte man das Netz höchstens zum Fischefangen und die Bild-Zeitung gab es auch noch nicht. Die Sensationslust der Menschen wurde damals mit Flugblättern gestillt. Eine Auswahl zeigt seit dem 20. April das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg.

Unter den 35 illustrierten Flugblättern sind zwei ganz besondere Schätze: originale Holzschnitte des Künstlers Albrecht Dürer. Zu sehen ist beispielsweise das berühmte Dürer-Werk "Rhinocerus". Dürer bildete darauf ein indisches Nashorn ab, das im Mai 1515 als Geschenk des Sultans Muzafar von Gujarat an den portugiesischen König Manuel I. per Segelschiff in Lissabon angekommen war.

Ausstellung Nürnberg, alte Flugblätter

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Das Schema der Flugblätter hat sich in den vergangenen Jahrhunderten nicht wirklich verändert: Schlagzeile, Illustration und Text. Das war im Jahr 1580 so, als am Himmel über Nürnberg ein Komet sichtbar wurde - und das ist auch heute noch so, wenn die Gewerkschaften für Lohnerhöhungen auf die Straße gehen. Nur dass damals die Bilder schöner waren. Schließlich diente das Kunstwerk, das der Briefmaler Hans Mack gemalt hat, nicht nur der Bekanntgabe einer Himmelserscheinung, sondern wohl auch als repräsentativer Wandschmuck.

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Viele der ausgestellten Flugblätter widmen sich menschlichen Missbildungen und Wundererscheinungen - wie etwa einem angeblich blutschwitzenden Knaben. Oder dem Heringswunder von Saltö. Im Jahr 1587 sollen nahe der schwedischen Insel Heringe mit goldenen Buchstaben auf den Seiten gefunden worden sein - eine Sensation, die Zeichen wurden seinerzeit jedoch nicht gedeutet: Ihr Sinn, so heißt es, sei alleine Gott bekannt.

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Flugblätter dienten aber nicht nur der Vermittlung wichtiger Begebenheiten. Auch antisemitische Hetzkampagnen wurden durch Flugblätter unterstützt. In der Ausstellung ist ein Bild einer Jüdin zu sehen, der man die Geburt zweier Ferkel unterstellte. Eher wundersam ist hingegen die Figur, die auf diesem Foto zu sehen ist: ein Meermönch. Diese Gestalt soll Menschen seinerzeit ins Wasser gelockt haben, um sie dort zu fressen. 1546 soll ein solches Wesen nahe Kopenhagen gefangen worden sein. Das Nürnberger Flugblatt zeigt ein Mischwesen aus Mönch und Fisch.

Die Ausstellung "Wunder über Wunder - Sensationsnachrichten auf Flugblättern des 16. Jahrhunderts" ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zu sehen, am Mittwoch bis 21 Uhr.

© sueddeutsche.de/tob/bgr
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