Herzog Franz von Bayern:Instanz auch ohne Thron

MUENCHEN: Eroeffnung Lenbach-Haus / Festabend

Herzog Franz von Bayern im Lenbachhaus in München

(Foto: Johannes Simon)

Gäbe es in Bayern noch die Monarchie, säße er heute auf dem Thron: Herzog Franz von Bayern. Er selbst versteht sich vor allem als Kunstmäzen und engagiert sich für diejenigen, denen es nicht so gut geht. Auch über dem Leben des Herzogs lagen schon düstere Schatten. Nun feiert er seinen 80. Geburtstag.

Von Hans Kratzer

In der Nacht vom 7. auf den 8. November 1918 ist das Königreich Bayern der Revolution anheimgefallen, worauf die morsch gewordene Monarchie wie ein Kartenhaus zusammenkrachte. Fast 750 Jahre lang hatten die Wittelsbacher das Land regiert. Hätten sie den Aufstand am Ende des Ersten Weltkriegs politisch überlebt, dann säße heute Herzog Franz von Bayern auf dem Thron. Stattdessen wohnt er in einem Seitenflügel des Schlosses Nymphenburg und wirkt als aktuelles Oberhaupt der Wittelsbacher auch ohne politische Macht in die Öffentlichkeit hinein.

Mögen royale Gedankenspiele im Freistaat schon längst obsolet geworden sein, so lässt sich zumindest feststellen, dass die Bayern mit einem repräsentativen Oberhaupt vom Schlage des Herzogs Franz auf der europäischen Bühne nicht schlecht vertreten wären. Warum das so ist, wird sich am Sonntag und an dem sich anschließenden festlichen Reigen zeigen, denn an diesem Tag feiert Herzog Franz seinen 80. Geburtstag.

Gewiss werden die Elogen jene Tugenden, die sich in seiner Person bündeln, trefflich hervorheben seien es seine Noblesse und seine Integrität, sein Kunstsinn und seine Großzügigkeit, und nicht zuletzt seine unaufdringliche Autorität, die ihn so angenehm abhebt von so manchem spinnerten Vorfahren aus früheren Jahrhunderten und ihn zu einer Instanz im Freistaat erhebt.

Gleichwohl dürften die wenigsten Menschen, die ihm beim Spaziergang im Nymphenburger Schlosspark begegnen, auch nur ansatzweise ahnen, welches Imperium dieser Herzog Franz verwaltet und welch bedeutende Rolle er in der Beletage des bayerischen Kulturbetriebs spielt. So betrachtet, ist er vielleicht der bekannteste Unbekannte, der in Bayern etwas zu sagen hat und dabei viel Positives bewirkt.

Erbfolge im Hause Wittelsbach

Die männliche Erbfolge im Hause Wittelsbach

Wie sehr ihm diese Rolle, die ihn nie ins Rampenlicht drängt, behagt, zeigt er manchmal in einem Anflug von Selbstironie. Als vor Jahren bei einer wissenschaftlichen Tagung der Erste Weltkrieg und sein für die Wittelsbacher so schmähliches Ende einer Erörterung unterzogen wurden, fiel das Wort unvermittelt an den Herzog Franz. Was er denn von dem Schicksalsjahr 1918 halte, wurde er gefragt. "Ach", antwortete er, "wenn's anders gekommen wär', dann hätt' ich halt jetzt mehr Arbeit!"

Ein letzter Funken des alten Königreichs

Unbedingt erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass Ludwig III., der letzte bayerische König, nach seiner Flucht nie auf die Thronrechte der Wittelsbacher verzichtet hat. Ein letzter Funken des alten Königreichs glimmt also staatsrechtlich bis heute, und tatsächlich könnte sich laut Umfragen immerhin ein Viertel der bayerischen Bevölkerung mit dem Gedanken einer Monarchie anfreunden, eine Gedankenspielerei, die Herzog Franz freilich höchstens mit einem Lächeln quittieren würde.

Viele Bayern pflegen die alte monarchische Tradition insofern weiter, als sie den Herzog Franz bei offiziellen Anlässen mit Königliche Hoheit ansprechen, was freilich auf einer landestypischen Höflichkeit und nicht auf staatsrechtlichem Revisionismus beruht. Die Wittelsbacher haben sich in der Demokratie stets an der Verpflichtung zur politischen Zurückhaltung orientiert, zeigen aber dafür umso stärker gesellschaftliche Präsenz und Verantwortung.

Zum Beispiel in Form der Nymphenburger Empfänge, bei denen Herzog Franz, Menschen in behaglichem Rahmen zum Gespräch und Meinungsaustausch zusammenbringt. Genau das betrachtet er als seine Aufgabe: präsent zu sein, der Öffentlichkeit zu dienen, die Kultur zu fördern.

Souveräne Bescheidenheit statt Klatschpresse

Diese Rolle mit einer souveränen Bescheidenheit ausfüllend, hat Herzog Franz seine Familie mit bisweilen deutlichen Worten davor bewahrt, sich in der Klatschpresse selbst zu verramschen. Diese partielle Strenge wie auch die Pflichtauffassung hat er von seinem Vater Albrecht geerbt. Vom Großvater, dem Kronprinzen Rupprecht, hat er dagegen die Leidenschaft für das Kunstsammeln geerbt. In diesem Metier fällt das hellste Licht auf ihn.

Der Bau der Pinakothek der Moderne in München wäre ohne sein großzügiges Zutun nicht denkbar gewesen, bilden doch die vielen Kunstwerke, die er dafür gestiftet hat, den Grundstock für dieses Weltmuseum. Schon als junger Mann hat Herzog Franz mit seinem untrüglichen Sinn für große Kunst bedeutende Bilder erworben. Als einer der ersten überhaupt kaufte er Werke von Beuys, Richter und Baselitz, in einer Zeit, als der Staat noch nicht wagen durfte. "Dann mach ich es", sagte Herzog Franz, um die Kunstwerke, die heute praktisch unbezahlbar wären, später zu stiften.

"Im Grunde setzt er damit ein großes Vermächtnis des Hauses fort", sagt Albert Scharf, der ehemalige Intendant des Bayerischen Rundfunks und Kenner der Wittelsbacher Kunstpolitik. Denn als Kurfürst Maximilian I. Bilder von Dürer sammelte, war das seinerzeit auch modernste Kunst, und als die Wittelsbacher Fürsten Werke von Rembrandt und Rubens erwarben, war es nicht anders. In deren Tradition setzte auch Franz mit großem Sachverstand Akzente im Kunstbetrieb. Wenn man jetzt erst anfangen würde, solche Kunst zu sammeln, dann könnte man sie sich nicht mehr leisten, sagt Scharf.

Gleichwohl kann sich Herzog Franz auch an Riemenschneider und an den italienischen Meistern der Renaissance begeistern. Er pflegt über die moderne Malerei hinaus breite Interessen, sieht jede Inszenierung in der Münchner Oper, und auch in der Musikstadt Salzburg ist er oft zu sehen.

Dabei waren Kindheit und Jugend, die er in München, Kroatien und Ungarn verbrachte, alles andere als eine schöngeistige Zeit. Düstere Schatten legten sich über die Familie, als sie von der Gestapo in die Konzentrationslager Sachsenhausen, Flossenbürg und Dachau verschleppt wurde. Schon als Elfjähriger erlebte Herzog Franz im KZ Horrorszenarien und Todesangst, wurde er Zeuge des Holocaust. Der Tiefpunkt seines Lebens prägt sein Verhalten bis heute, auch wenn er es in Gesprächen stets zurückhaltend behandelt hat. "Mach mir nicht zuviel draus", sagte der Vater Albrecht zum Sohn, "anderen ist es noch schlimmer ergangen."

Nach dem Krieg besuchte Herzog Franz das Benediktinergymnasium in Ettal, studierte Betriebswirtschaftslehre und machte in einer Hamburger Eisenhandlung eine kaufmännische Lehre. Seit dem Tod des Vaters im Jahr 1996 ist der Junggeselle das Familienoberhaupt, als das er eine Vielzahl von repräsentativen Aufgaben erfüllt. Seinen Sachverstand bringt er auch in viele Gremien und Vereine ein bis hin zum International Council des MoMA in New York.

Große Anstrengungen unternimmt Herzog Franz auch durch sein soziales Engagement. Schon in den 50er Jahren hatte seine Mutter, Maria Gräfin Draskovich, einen Verein zur Linderung der Not in Ungarn gegründet. Unter der Leitung von Herzog Franz unterstützt dieser "Hilfsverein Nymphenburg" heute viele Projekte in Osteuropa und in Afrika. Was seinen Geburtstag betrifft, so wünscht sich der Herzog, von Geschenken abzusehen und stattdessen für ein Hilfsprojekt der orthodoxen Kirche in Griechenland zu spenden, das Großfamilien mit geringem Einkommen unterstützt.

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