Hauptschulreform der CSU:Widerstand gegen "Schüler-Wanderzirkus"

Für Ludwig Spaenle ist es der letzte Versuch, die Hauptschule zu retten. Innerhalb der CSU regt sich Widerstand - vor allem von Erwin Huber.

K. Stroh

Für den Kultusminister ist es die letzte Chance, die Hauptschule zu retten. Doch gegen Ludwig Spaenles Pläne, sie zu einer "Mittelschule" umzubauen, regt sich Widerstand in der CSU. Einen fünfseitigen Brief hat Ex-Parteichef Erwin Huber nun an den Minister geschrieben. Da viele Bürgermeister "erhebliche Bedenken und Einwände" gegen die Reform vorbrächten, solle die Einführung zum nächsten Schuljahr verschoben werden, das ist Hubers Kernforderung.

Hauptschulreform der CSU: Ludwig Spaenle: Gegen seine Pläne, die Hauptschule zu einer "Mittelschule" umzubauen, regt sich Widerstan in der CSU.

Ludwig Spaenle: Gegen seine Pläne, die Hauptschule zu einer "Mittelschule" umzubauen, regt sich Widerstan in der CSU.

(Foto: Foto: dpa)

"In Schulfragen muss - das zeigt die Erfahrung - Gründlichkeit und möglichst hoher Konsens vor Schnelligkeit und Eile gehen", schreibt Huber, der als Staatskanzleichef einst die umstrittene G8-Reform am Gymnasium mit durchboxte.

Spaenle will alle Hauptschulen zu Mittelschulen machen. Sie sollen unter anderem drei Zweige (Technik, Wirtschaft, Soziales) anbieten, Ganztagesangebote machen und einen mittleren Bildungsabschluss ermöglichen. Geht das an einem Standort wegen zu geringer Schülerzahlen nicht, können sie sich zu Schulverbünden zusammentun, die dann auch über die Stundenbudgets entscheiden.

Auf dem Land schwindet die Zahl der Schüler, ein Drittel der 1000 Hauptschulen ist von Schließung bedroht. "Wenn wir nichts tun, wird die Hauptschule weiter leise sterben", sagt Spaenle.

Mindestens 300 Schüler brauche es je Schule, um das geforderte Angebot machen zu können, glaubt Huber. Da dies kaum irgendwo auf dem Land erreicht werde, befürchtet er einen "gewaltigen Konzentrationsprozess". Das wäre das Ende der wohnortnahen Hauptschule und sie mutierte zu einem "Busunternehmen", um die Kinder von einem Ort zum anderen zu fahren, schreibt Huber. Da es aber auch bei ihm im Kreis Dingolfing-Landau nach wie vor kleine Schulen gebe, deren Absolventen eine Lehrstelle fänden, sieht er keinen Grund dafür, alle Haupt- zu Mittelschulen zu machen. Dies könne eine Option sein - nicht jedoch verpflichtend.

Spaenle - pikiert nicht nur über die Tatsache, dass Huber seinen Protest öffentlich machte - gab am Sonntag zurück, der "erfahrene Politiker" Huber habe sein Mittelschulkonzept wohl nur bruchstückhaft verstanden. Es gebe keinen Zwang, von 2010 an alle Haupt- zu Mittelschulen umzubauen, über die Umsetzung werde vor Ort entschieden. Allein: Dieser "Dialogphase" genannte Entscheidungsprozess in den Kreisen müsse jetzt begonnen werden, andernfalls renne der Hauptschule die Zeit davon.

"Die Schulverbünde sind die strategische Antwort, um das drohende Aus vieler kleiner Hauptschulstandorte zu verhindern", sagt Spaenle. Vielerorts müssten Hauptschüler schon heute fahren, um etwa eine Mittlere Reife machen zu können.

Hubers Befürchtungen hegen auch die Freien Wähler (FW). Sie kündigen Widerstand an "gegen den Wanderzirkus, der herauskommen wird, wenn die Schulverbünde umgesetzt werden". Die FW haben ein eigenes Konzept geschrieben, das ihrer Ansicht nach auch kleinen Hauptschulen eine Überlebenschance bietet; Bildungszweige lehnen die FW ab. Spaenle dagegen verweist darauf, dass schon heute manche kleine Schulen mehrere Zweige anböten - dank Gruppen- oder jahrgangsübergreifenden Unterricht.

Doch ob mit Schulverbünden tatsächlich ein Wanderzirkus einsetzt, ist nicht gesagt. Im Landkreis Cham zum Beispiel, so berichtet Landrat Theo Zellner (CSU), gibt es bislang 13 Hauptschulen. Sie könnten sich künftig zu fünf Verbünden zusammenschließen - und alle Standorte blieben erhalten.

Da nicht überall jeder Spezialunterricht gegeben werden könne, werde es natürlich "mehr Transportbedarf" geben, sagt Zellner, der auch dem Landkreistag vorsteht. Doch den könnte man auf einzelne Tage beschränken. Also: Ein fixer Praxistag pro Woche, an den übrigen Grundunterricht vor Ort. Falls diese Fragen von den Kommunen selbständig entschieden werden dürften, hält er Spaenles Pläne für gut. Auch Zellner sagt: "Es ist die einzige Chance, die Hauptschule zu erhalten."

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