Handgemachter Pop auf Bairisch:"Über luftige Wiesn barfuaß im Gras"

In Bayern hat Claudia Koreck schon eine kleine Fangemeinde. Jetzt will die 21-Jährige mit ihrem ersten Album auch deutschlandweit durchstarten - mit Popmusik auf Bairisch.

Kamera und Schnitt: Marcel Kammermayer.

Auf den Stufen, die zu dem kleinen Hinterhofstudio in der Münchner Maxvorstadt hinabführen, sitzt ein zierliches, blondes Mädchen in der Nachmittagssonne. Sie spielt Gitarre, summt dazu. Als sie anfängt zu singen, ist man hingerissen und verblüfft zugleich: Eine phänomenale Bluesstimme. Und: Sie singt auf Bairisch.

Das Mädchen heißt Claudia Koreck und ist 21 Jahre alt. Ihre Single "Fliagn" läuft derzeit in den bayerischen Radios rauf und runter. Am 24. August kommt ihr erstes Album in die Läden - auf Bairisch. Ihre Fangemeinde wächst kontinuierlich, bei ihren Live-Auftritte wird sie begeistert gefeiert. Erst am vergangenen Wochenende stand sie in Passau mit Hubert von Goisern auf der Bühne - vor mehreren Tausend Fans.

Auf Bairisch "weger'm Gfui"

Unterstützt wird die Nachwuchsmusikerin bei ihren Auftritten von ihrer Band: Andreas "Andi" Dombert an der Gitarre, Andreas "Otto" Schellinger am Kontrabass und Manfred "Manni" Müller am Schlagzeug. "A suppa Truppn", freut sich die Frontfrau.

Aber warum ausgerechnet auf Bairisch? "Weger'm Gfui", sagt Claudia, die aus Traunstein in Oberbayern stammt. Nur in ihrem Heimatdialekt könne sie ihren Gefühlen so richtig Ausdruck verleihen. Das geht auf Hochdeutsch nicht, und auf Englisch erst recht nicht.

Sie singt über das Verliebtsein, das Verlassenwerden, über Gefühle, die alle bewegen. "Kennst du de Dog, wo ois so fuachtbar sinnlos erscheint?" fragt sie in einem ihrer Songs. Klar, kennen wir. Und dann laufen wir mit ihr "über luftige Wiesn barfuaß im Gras".

"Fliagn", ihr aktueller Song, entstand, als sie mit drei Freundinnen und einem Kassettenrekorder zum Baden radelte. "Da hatt i a Gfui als würd i fliagn", schwärmt Claudia. Ein Gefühl der Freiheit und des Glücks. Die Freundinnen sprangen ins Wasser. Als sie rauskamen, hatte Claudia das Lied bereits komponiert.

Schon mit sechs Jahren auf der Bühne

Die Melodie zu "Fliagn" ist poppig, rhythmisch, sehr eingänglich. Man kann nicht umhin, den Refrain mitzusummen. "Handgemachter Pop", nennt Claudia ihre Musik. Ein Mix aus Rock, Soul, Blues und Folk. Ihre musikalischen Vorbilder sind die Soul-Sängerinnen Eva Cassidy und Tracy Chapman.

Hat sie denn keine Angst, dass ihre Songs nur von Leuten verstanden werden, die des bairischen Dialekts mächtig sind? Nein, sagt Claudia, eigentlich nicht. Musik könne man schließlich auch mögen, ohne dass man den Text kapiert. "Wer versteht denn schon bei englischen Liedern immer den Text?"

Claudia wohnt seit knapp zwei Jahren in München. Ihre musikalische Karriere hat früh begonnen. Mit sechs entdeckte sie Omas Heimorgel. Kurz darauf hatte sie in einer Kinderband ihren ersten Auftritt als Solosängerin und tourte mit dem Kinderliedermacher Rolf Zuckowski (bekannt geworden durch Titel wie "Hallo Mama, hallo Papa" oder "Wie schön, dass du geboren bist"). Mit sieben war sie mit ihren Eltern auf ihrem ersten Konzert: Hubert von Goisern und die Alpinkatzen - heute tritt sie zusammen mit österreichischen Alpenrocker auf.

Mit zwölf schrieb Claudia ihren ersten Song - damals noch auf Englisch. Es war ihr peinlich über ihre Gefühle in der Muttersprache zu singen. Sie wollte nicht, dass man den Text versteht. Verstanden hat den Song dann wirklich keiner, weil sie damals noch gar nicht richtig Englisch konnte.

Wiesn-Erfahrung war das Härteste

Seit sie vor zwei Jahren Abi gemacht hat, verfolgt die junge Frau ihren Traum von der Karriere als Berufsmusikerin. Bevor sie sich für diesen Weg entschieden hat, gab es zwar einen "Plan B". Sie wollte Sozialpädagogik studieren und mit Kindern arbeiten. Aber der Wunsch Musik zu machen, war stärker. "Und wenn i es jetzt nicht probier, wann dann?"

Claudia hat schon einige Hürden gemeistert. "Des Härteste was i dabei jemals gmacht hab, war mein Engagement bei einer Wiesn-Kapelln", erzählt die 21-Jährige. Weil sie gerne auch Cover-Songs singt und weil die Bezahlung auf dem Oktoberfest nicht die schlechteste ist, hatte sie sich im vergangenen Jahr bei den Musikern in der Schützenfesthalle beworben - und wurde prompt engagiert. Doch die zwei Wochen waren die anstrengendsten ihres Lebens: Zwölf Stunden in einem verrauchten Bierzelt singen und die betrunkenen Gäste animieren - eine Erfahrung der ganz besonderen Art.

Nach dem Schulabschluss, im Oktober 2005, zog die Traunsteinerin nach München. Seither ging alles Schlag auf Schlag. Das Publikum, vor dem sie spielt, wird immer größer. Zur Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr spielte sie mit anderen Musikern in Kaiserslautern vor 10.000 Menschen. Auch auf Festivals wie dem "Hillside" in Bad Tölz ist sie gern gesehener Gast.

Casting-Shows sind der Karriere hinderlich

Claudia Koreck will mit "ihren Jungs" auf dem klassischen Weg Karriere machen: auf Tour gehen, ihr Debüt-Album in die Plattenläden bringen und darauf hoffen, dass möglichst viele Leute ihre Musik mögen. Die harte Tour also. Von den derzeit so populären Casting-Shows wie "Deutschland sucht den Superstar" hält die junge Frau gar nichts. Irgendwelche Songs nachsingen, das könne ja fast jeder, meint sie. Wer ernsthaft Musik machen wolle und was zu erzählen habe, habe in solchen Casting-Shows nichts zu suchen. Das sei der musikalischen Karriere eher hinderlich, sagt sie.

Dass ihr Schützling es noch weit schaffen wird, davon ist Claudias Managerin, Gerhild Malorny, restlos überzeugt. "Sie hat eine großartige Stimme", sagt sie. Und bei soviel Talent dürfte es klappen mit dem großen Erfolg. Zumindest bei den Live-Auftritten geht das Konzept schon auf: Derzeit tourt Claudia durch Deutschland, spielt auf Festivals an der Seite von bekannten Künstlern wie Nena, Pur oder Reamonn. Am kommenden Sonntag (8. Juli 2007) tritt Claudia Koreck auf dem Tollwood-Festival in München auf, als Vorband der legendären Gruppe "Foreigner". Wenn es so weitergeht, hat sie sicherlich bald Fans in ganz Deutschland - auch solche, die kein Bairisch verstehen.

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