Härtefallkommission:Stiller Beistand statt schriller Debatte

Während die CSU in der Zuwanderungsdebatte einen scharfen Ton anschlägt, arbeitet die Härtefallkommission im Stillen - mit Erfolg.

Katja Auer

Wenn es um Zuwanderung geht oder um die Asylpolitik, dominiert in der CSU momentan ein besonders scharfer Ton. Erst wollte Ministerpräsident Horst Seehofer keine türkischen Fachkräfte mehr ins Land lassen, dann warf Sozialministerin Christine Haderthauer dem Großteil der Asylbewerber vor, das deutsche Gastrecht zu missbrauchen. Und am Montag stellte sich der gesamte CSU-Vorstand hinter Haderthauers Asylpolitik. FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß rief die CSU schon zur Mäßigung auf.

Härtefallkommission: In den ersten zehn Monaten diesen Jahres hat die bayerische Härtefallkommission 101 Menschen vor der Abschiebung bewahrt. (Archiv)

In den ersten zehn Monaten diesen Jahres hat die bayerische Härtefallkommission 101 Menschen vor der Abschiebung bewahrt. (Archiv)

(Foto: AP)

Im Stillen, übertönt von der schrillen politischen Debatte, arbeitet unterdessen die Härtefallkommission - und die bewahrte in den ersten zehn Monaten dieses Jahres bereits 101 Ausländer vor der Abschiebung. Innenminister Joachim Herrmann stimmte allen Vorschlägen des Gremiums zu.

Da war zum Beispiel die Familie Malic aus dem Kosovo. Nach ihrer Flucht vor dem Krieg und einer Odyssee durch Europa waren sie 2009 in den Landkreis Passau gekommen. Der Vater machte im Asylbewerberheim den ehrenamtlichen Hausmeister, der Sohn, 16, war auf dem Weg zum Fachabitur, die Tochter, 12, wurde zur Klassensprecherin gewählt. Integration par excellence. Dennoch: Die Asylanträge wurden abgelehnt, die Abschiebung stand bevor. Die Nachbarn und der ganze Ort kümmerten sich, der Vater bekam eine unbefristete Stelle angeboten. Schließlich entschied die Härtefallkommission - Malics dürfen bleiben.

2006 hat Bayern - als letztes Bundesland - eine Härtefallkommission eingerichtet. Zehn Mitglieder hat sie, entsandt von den Kirchen, den Wohlfahrtsverbänden, den Kommunen und dem Innenministerium, das aber nicht stimmberechtigt ist. Der Leiter ist Wilfried Mück, der Geschäftsführer des Landes-Caritasverbandes. Im vergangenen Jahr durften 108 Ausländer durch den Einsatz der Kommission bleiben, 2008 waren es 101.

Für die Kommission gilt der Grundsatz der Selbstbefassung, das heißt, es werden nur Fälle behandelt, die ein Mitglied des Gremiums einbringt oder der Petitionsausschuss des Landtags vorschlägt. Von Abschiebung bedrohte Ausländer haben kein Recht, sich direkt an die Kommission zu wenden. Berücksichtigt wird insbesondere, wer besonders gut integriert ist, wer sich vor Ort engagiert, und wer selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann.

Die Härtefallkommission tagt jeden Monat, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, und die Fälle werden nicht bekannt gemacht. Offenbar auch deswegen, damit keine Paradebeispiele dargestellt werden, aus denen Handlungsanweisungen sichtbar würden.

Demnächst wird sich das Gremium wohl mit einem Fall befassen, der in Regensburg bereits seit einiger Zeit Aufsehen erregt. Eine 15-jährige Schülerin und ihre Mutter sollten nach vier Jahren in Regensburg in die russische Teilrepublik Dagestan abgeschoben werden. Auch diese beiden galten als gut integriert: Die Mutter hatte Arbeit, die Tochter engagierte sich an der Schule, sprach gut Deutsch. Mitschüler und Kollegen sammelten Unterschriften, der Fall kam vor den Petitionsausschuss des Landtags. Der entschied, die Sache an die Härtefallkommission zu überweisen. Das bedeutet Hoffnung für die kleine Familie.

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