Gypsy Pop aus dem Chiemgau: Django 3000:Häh Heidi

Gypsy-Pop mischt sich mit Balkan-Rhythmen und bayerischen Texten: "Django 3000" ist eine neue aufgeweckte Band aus dem Chiemgau, die das nächste große Ding in der modernen Volksmusikszene ist.

Franz Kotteder

Der Rhythmus läuft stramm daher wie eine gut geölte Maschine, Michael Fenzl kann es sich gar erlauben, während des Spielens auf seinen Kontrabass zu klettern, und Violinist Flo Starflinger steigt auf einen Stuhl und lässt sein Instrument in den höchsten Tönen jubilieren. Da staunen die Musikanten von der Neufahrner Wirtshausmusik, die zuvor den eher traditionellen Volksmusikpart im Bräustüberl des Hofbräuhauses übernommen und brav vom Blatt gespielt hatten.

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"Wer woaß, wosd ois vasamst, wennst steh bleibst und grod dramst!": Auch ein Grund, warum die vier Djangos fast ständig unterwegs sind.

(Foto: Jeske Beier Digitalefotokunst)

Erst schauen sie ein bisschen irritiert, aber dann wippt der eine oder andere doch mit im Takt. Denn Django 3000, so nennen sich die vier Burschen aus dem Chiemgau, spielen sehr schmissigen Gypsy Pop, gemischt mit Balkan-Rhythmen und bayerischen Texten. In früheren, politisch unkorrekteren Zeiten hätte man das "Zigeuner-Musik" genannt, und der "Django" im Bandnamen steht ja auch weniger für den Titelhelden, den Kerl mit dem Sarg aus dem brutalen Italo-Western mit Franco Nero von 1966, sondern vor allem für den aus einer Sinti-Familie stammenden Jazzgitarristen Django Reinhardt.

Den Namensbestandteil "3000" steuerte Schlagzeuger Jan-Phillip Wiesmann bei: "Bei mir in der Gegend gibt es den ,Supergetränkemarkt Heinrich 3000'. Und da haben wir uns gesagt: 3000, das klingt doch eigentlich recht futuristisch!"

Gleich zu Beginn ihres Auftritts im Hofbräuhaus sagt der Sänger, Gitarrist und Geiger Florian Starflinger: "Wir machen ja irgendwie aa eine boarische Musik." Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Hier beim monatlichen Musikantenstammtisch im Bräustüberl des Hofbräuhauses (normalerweise am ersten Montag des Monats) ist das ja auch so gedacht von der Organisatorin Franziska Eimer, die als Harfenistin selbst in der Volksmusikszene unterwegs ist.

Mittlerweile haben hier schon viele mitgespielt, die in der Szene der neueren, anderen Volksmusik dann etwas geworden sind. Zwirbeldirn etwa, drei junge Frauen an Geigen und Bratschen und ein Bassist, die vor kurzem eine Platte mit dem Titel "Scheibe eins" bei Trikont herausgebracht haben, oder die vier Oberammergauer von Kofelgschroa, die derzeit gerade ihre erste CD zusammen mit Micha Acher von der Kultband Notwist aufnehmen, ebenfalls für Trikont. Und jetzt eben Django 3000. Deren erste CD erscheint am 28. Februar bei Sony auf dem Label Südpolmusic.

So einfach, wie es hier klingt, ist das freilich nicht, mal eben schnell einen Plattenvertrag zu bekommen. Im Falle von Django 3000 hat es zu tun mit einem kleinen Hit, den die vier auf der Internetplattform Youtube gelandet haben. "Heidi" heißt die furiose Nummer mit Hitqualitäten wie seinerzeit Hubert von Goiserns "Hiatamadl". Seit dem Hochladen im September 2011 ist das Stück schon mehr als 90 000 Mal aufgerufen worden.

Musik zum Tanzen und Feiern

Auch durch den einprägsamen Refrain "Häh Heidi!" ist es ein vorwärtsdrängender Partykracher mit Ohrwurmqualitäten, und es handelt, wie der Titel schon besagt, von einer Heidi, die "beim Danzen oiwei vorn" steht und auch ansonsten ein rechter Feger sein muss. Es heißt im Lied, sie sei "a Gfeide" und: "Hods di oamoi in da Reißn, lassts di nimma aus". Allein damit wäre das Lied schon ein gefundenes Fressen respektive eine "gmahde Wiesn" für des Kollegen Kratzers montägliche Wortschatzkolumne. Aber es fand auch Gefallen beim Bayern-3-Moderator Matuschke, der "Heidi" prompt zum "Liebling der Woche" machte. Die Hörer klickten Django 3000 bei der Wahl zum "Liebling des Jahres" dann gar auf Platz vier.

Florian Starflinger, der die Melodie geschrieben hat, sagt, sie hätten einfach Lust gehabt, mal eine richtige Tanznummer zu machen. Drei der vier Gaudi-Burschen spielen seit zehn Jahren zusammen in einer Formation mit dem Namen Luftmentschn, die vor allem an Jazz, Klezmer und Weltmusik orientiert und in der Kleinkunstszene gut unterwegs ist. Zu ihren Konzerten kommen Leute ab 40 Jahren aufwärts, sagen die drei Luftmentschn, alle Anfang 30, und jetzt wollen sie auch mal Jüngere ansprechen.

So haben Starflinger, Bassist Michael Fenzl und Drummer Jan-Phillip Wiesmann mit dem Sänger und Gitarristen Kamil Müller im vergangenen Sommer eben Django 3000 gegründet. Der in der Slowakei geborene Kamil steuerte den BalkanGroove und einige Roma-Traditionals bei, lieferte aber auch Zeichnungen fürs CD-Booklet.

Beim Free & Easy-Festival des Münchner Backstage im Herbst sind sie zum ersten Mal unter dem neuen Namen aufgetreten, eine Viertelstunde lang. "Nach den ersten Nummern haben wir schon gesehen: Da ist Feuer drin", erzählt Müller, "das ist ja auch das Konzept der Band: Wir machen Musik zum Tanzen und zum Feiern."

Grundlage ist die Gypsy-Musik mit überwiegend bayerischen Texten, "einige haben schon auch einen Hintergrund mit einer Geschichte drin", wie Starflinger sagt. Auf der CD gibt es gar einen englischen Text, "weil, wir sind ja keine reinen Landeier, sondern solche mit Kenntnissen von der Welt".

Auch wenn die Djangos aus dem Chiemgau etwas von der Welt kennen: Die Welt kennt sie noch nicht so, trotz ihres Anfangserfolgs. Das wollen sie ändern. Es kommt, rechtzeitig zum Erscheinen der CD, eine kleine Tournee durch Bayern. Auch von der zweiten Single, "Zeit fia ois", die demnächst erscheint, darf man einiges erwarten: Das Stück ist ähnlich spritzig wie "Heidi". Die Luftmentschn jedenfalls müssen erst mal etwas pausieren.

"2012 ist ein Django-Jahr, auf jeden Fall", sagt Michael Fenzl. Und das kann man so und so verstehen.

Django 3000 spielt am Samstag, 21. Januar, im Ampere des Münchner Muffatwerks, Zellstraße 4.

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