Guttenberg über Steinbrück:"Vom Oberlehrer zum Referendar"

CSU-Generalsekretär Guttenberg über Finanzminister Steinbrück, die Pendlerpauschale und Steuersenkungen.

B. Kruse

sueddeutsche.de: Herr zu Guttenberg, Karlsruhe hat die bisherige Pendlerpauschale für verfassungswidrig erklärt. Schon im Sommer, vor der bayerischen Landtagswahl, hat die CSU eine Rückkehr zur alten Regelung für die Pendler gefordert - die CDU aber lehnte das strikt ab. Wie verärgert sind Sie über die Schwesterpartei?

Guttenberg über Steinbrück: "Die Bundesregierung wird in die Puschen kommen": CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg

"Die Bundesregierung wird in die Puschen kommen": CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg

(Foto: Foto: seyboldtpress)

Karl-Theodor zu Guttenberg: Wieso verärgert? Ich erkenne bei der CDU einen absoluten Kursschwenk. Bisher war die CDU immer gegen Steuerentlastungen zur Konsumunterstützung. Jetzt hat die Kanzlerin deutlich gemacht, dass sie den Menschen angesichts der schwierigen Wirtschaftslage das Geld direkt zurückgeben will - auch als Impuls für mehr Konsummöglichkeiten. Das verärgert mich nicht, das freut mich.

sueddeutsche.de: Die Rückkehr zur alten Regelung hätte man auch schon früher haben können. Wenn die Kanzlerin in diesem Punkt während des bayerischen Landtagswahlkampfes nachgegeben hätte - wäre das Ergebnis für die CSU vielleicht anders ausgefallen?

Guttenberg: Es macht jetzt wenig Sinn, gramgebeugt die Vergangenheit zu bemühen. Es hat zwar lange gedauert, bis die Einsicht aus Berlin kam - aber es gibt jetzt dieses Einschwenken auf unsere Argumente. Das muss uns alle nur noch mehr dazu verpflichten, unverzüglich zu handeln und keine unnötige Zeit mehr verstreichen zu lassen.

sueddeutsche.de: Dennoch hat es sich die CSU nicht nehmen lassen, erneut die Bundesregierung zu kritisieren - auch die Kanzlerin, Angela Merkel. Bahnt sich da der nächste Schwesternstreit innerhalb der großen Koalition an?

Guttenberg: Von Schwesternstreit kann nicht die Rede sein - aber von einer konstruktiven Debatte über den richtigen Weg im nächsten Jahr. Und das heißt für uns: Wir halten neben der Pendlerpauschale auch weitere Signale zur Steuersenkung für erforderlich. Der mahnende Zeigefinger muss eher in Richtung Finanzminister gehoben werden. Peer Steinbrück ist doch innerhalb weniger Tage vom finanzpolitischen Oberlehrer zum Referendar mutiert.

sueddeutsche.de: Steinbrück als Buhmann - und die Kanzlerin macht alles richtig? Das hört sich bei Ihrem Parteichef Horst Seehofer ganz anders an.

Guttenberg: Bei Steinbrück ist es der Fachpolitiker, der gefragt ist. Und ein Fachpolitiker, der jetzt schon wieder beginnt, über Einschränkungen der Pendlerpauschale im Jahr 2010 zu räsonieren - diese Haltung ist für mich unerträglich. Steinbrück muss jetzt in die Schuhe kommen. Bei der Kanzlerin kann ich nur sagen, dass man unseren Ansatz auch nicht von Anfang an mit glühend roten Wangen der Euphorie begrüßt hat. Dass die CDU auf dem Parteitag schon einmal die Grundlinien mit uns teilt, ist schön. Was wir jetzt noch brauchen, ist rasches Handeln über den Wahltag hinaus.

sueddeutsche.de: Finanzminister Steinbrück hat offengelassen, ob die Bundesregierung noch vor der Bundestagswahl Neuregelungen für die Pendlerpauschale beschließen wird.

Guttenberg: Das halte ich für unverantwortlich. Steinbrück sollte unverzüglich einen Gesetzentwurf vorlegen. Er hat die Kompetenz in seinem Hause dazu. Er hat die Möglichkeiten, das zu schaffen. Und wir brauchen jetzt einen Gesetzentwurf, der die Pendlerpauschale in voller Höhe auch für die Zukunft festschreibt - und nicht durch Verzögerungstaktiken für die Zeit nach 2009 wieder in Frage stellt. Das schafft Unsicherheit statt Vertrauen, und das ist in der Wirtschaftskrise pures Gift.

sueddeutsche.de: Glauben Sie, Steinbrück verzögert aus wahlkampftaktischen Gründen?

Guttenberg: Ich kann nur hoffen, dass es keine Wahlkampftaktik ist, sondern dass er angesichts der schwierigen Zeiten, in denen wir uns befinden, zur Vernunft zurückkehrt.

sueddeutsche.de: Bis es eine Neuregelung zur Pendlerpauschale gibt, gilt die alte Regelung - also 30 Cent ab dem ersten Kilometer. Soll das so bleiben oder wäre die CSU auch zu Kompromissen bereit?

Guttenberg: Nein. Wir sollten jetzt nicht wieder mit unseren jeweiligen Bedenken kommen und über alle möglichen Korrekturen nachdenken. Entscheidend ist, dass wir Klarheit schaffen und die Menschen nicht durch erneute Diskussionen weiter verunsichern. Man sollte bei den 30 Cent bleiben und damit ein klares Signal setzen.

sueddeutsche.de: Wird die CSU die Pendlerpauschale erneut zum Wahlkampfthema machen, wenn die Bundesregierung nicht in die Puschen kommt?

Guttenberg: Die Bundesregierung wird in die Puschen kommen.

sueddeutsche.de: Sie haben von zusätzlichen Signalen gesprochen. An welche denken Sie?

Guttenberg: Es gibt weitere gute Optionen, die im CSU-Steuerkonzept stehen und die wir weiter für richtig halten. Zur Diskussion steht etwa die Bekämpfung der "kalten Progression" oder auch die Erhöhung des Grundfreibetrags.

sueddeutsche.de: Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil zur Pendlerpauschale ja auch quasi ein kleines Konjunkturprogramm verordnet.

Guttenberg: Wir müssen da schon sauber unterscheiden. Der eine Ansatz ist, Investitionsanreize zu schaffen. Und der zweite ist, dass wir Maßnahmen zur Konsumunterstützung auf den Weg bringen wollen. Die Pendlerpauschale zähle ich zu Letzterem. Aber daneben müssen noch weitere Entlastungen der Bürger im steuerlichen Bereich folgen.

sueddeutsche.de: Wie werden Sie der Bundesregierung klarmachen, dass die Zeit drängt?

Guttenberg: Da helfen klare Argumente. Und die haben wir.

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