CSU: Guttenberg:Unterstützer der Oberfranken

Mit 68,1 Prozent war Guttenberg bei der Bundestagswahl Stimmenkönig. Jetzt gibt er sein Mandat zurück - für die Oberfranken will er aber weiter da sein.

O. Przybilla

Wolfgang Fleischer spricht von einer "komischen Situation", und das dürfte noch die neutralste Formulierung sein, die ihm einfällt. Fleischer ist CSU-Fraktionschef im Hofer Stadtrat, und dort, im nördlichen Oberfranken, hat sich in den letzten Wochen ein wahrer Proteststurm entfacht. Es geht um den drohenden Verlust eines Stimmkreises in Oberfranken auf Landesebene; und es ging um die Meldungen, dass dort selbst auf Bundesebene wegen sinkender Einwohnerzahlen ein Wahlkreis in Gefahr geraten könnte.

Bundestagswahlen

Da war die Welt für ihn noch in Orndung: Ein gut gelaunter Karl-Theodor zu Guttenberg verlässt zusammen mit seiner Familie das Gemeindehaus im oberfänkischen Guttenberg. Der damalige Wirtschaftsminister hatte da gerade seine Stimme zur Bundestagswahl 2009 abgegeben.

(Foto: dpa)

In Oberfranken forderten sie in dieser Situation Hilfe von ihrem CSU-Bezirksvorsitzenden Karl-Theodor zu Guttenberg, damals noch Verteidigungsminister.

Und nun? Hat sich Guttenberg von allen Ämtern zurückgezogen. Schon am Mittwoch hatte sich nicht nur beim oberfränkischen CSU-Vize, Hartmut Koschyk, der Eindruck verfestigt, dass Guttenberg tatsächlich alle Ämter meint, nicht nur ein Amt. Nun ist es auch amtlich: Guttenberg hat in einem Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert mitgeteilt, dass er vom heutigen Donnerstag an auf sein Abgeordnetenmandat verzichtet. Das heißt: Guttenberg gibt auch sein Mandat als Abgeordneter auf.

Das wiederum bedeutet, dass der Wahlkreis Kulmbach bis zur nächsten Bundestagswahl ohne Abgeordneten auskommen muss, weil Guttenberg einer der direkt gewählten Abgeordneten ist und es keinen Nachrücker geben wird, da die CSU im Bundestag derzeit drei Überhangmandate hat. Das bedeutet auch, dass Oberfranken damit - ohne jede Wahlkreisreform - ein Mandat verliert. Und das schließlich ist der Grund, warum sie sich in Oberfranken nun komisch fühlen - wenn nicht gar als Opfer einer sehr ironischen Volte.

Koschyk hat mehrfach versucht, Guttenberg davon zu überzeugen, dass man ein Amt wie das des Bundesverteidigungsministers zweifellos aufgeben darf - dass man Bundestagsmandate aber nicht einfach so hinschmeißt. Immerhin ist Guttenberg ein direkt gewählter Abgeordneter, und was für einer. 68,1 Prozent haben ihm bei der letzten Wahl ihre Stimme gegeben, ein Vertrauensbeweis, wie er keinem anderen Abgeordneten im gesamten Bundesgebiet zuteil wurde.

Guttenberg will die Oberfranken nicht im Stich lassen

Damit übernimmt man zwangsläufig auch das, was Guttenberg zum Leitmotiv seiner Rücktrittserklärung gemacht hat: Verantwortung. Koschyk hat schon am Mittwoch angekündigt, er wäre "enttäuscht", wenn Guttenberg sein Mandat wirklich abgeben würde. Nun ist er es also.

Nicht nur bei ihm ist es offenkundig eine ganz andere Art von Enttäuschung als in den Tagen zuvor. Am Dienstag waren Koschyk und viele seiner oberfränkischen Parteifreunde noch zuversichtlich, dass sie Karl-Theodor zu Guttenberg wenigstens überreden können, den Parteivorsitz in Oberfranken zu behalten - der nun aber auf den neuen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zulaufen dürfte. Nun müsse man erkennen, dass Guttenberg offenbar "alle politischen Brücken hinter sich abbrechen will", sagt einer aus der oberfränkischen CSU-Führungsriege. "Das hätte ich, ehrlich gesagt, so nicht von ihm gedacht", fügt er hinzu.

Guttenberg scheint die Enttäuschung in Oberfranken inzwischen zumindest zu ahnen. In einer Mitteilung erklärt er - in klassisch guttenbergischer Diktion -, er werde seiner "Verantwortung" für seine "oberfränkische Heimat" auch weiterhin mit den ihm gegebenen Kräften nachkommen: "Ich habe in den vergangenen zehn Jahren stets Wert darauf gelegt, meine Aufgaben mit dem denkbar höchsten Einsatz wahrzunehmen," schreibt Guttenberg.

Da er sein Mandat "nicht lediglich als Karrieresteigbügel auf Steuerzahlerkosten" behalten, die Oberfranken aber ebenso wenig wie die CSU "im Stich lassen" wolle, habe er sich zu einem "vielleicht ungewöhnlichen Weg" entschlossen, um seiner "Verantwortung" weiter gerecht zu werden. Bis 2013 will Guttenberg "auf eigene Kosten" ein Bürgerbüro "mit einer erfahrenen Vollzeitkraft" in seinem Wahlkreis Kulmbach "zur Verfügung stellen". "Selbstverständlich", schließt Guttenberg, "werde ich mich auch selbst weiterhin für meine Heimat entsprechend einbringen."

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