Großeinsatz:Ein Hoch auf die Helfer

750 Menschen aus der gesamten Region beteiligten sich an den Rettungsarbeiten

Von Christian Sebald

Das Zugunglück in Bad Aibling war der wohl größte Einsatz für die Feuerwehren, die Rettungsdienste, das THW und die Polizei im Landkreis Rosenheim seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Darin ist sich der Rosenheimer Kreisbrandrat Richard Schrank sicher. Er hat mit Harald Moser vom Roten Kreuz den Einsatz geleitet. Sicher ist auch, dass alles bestens geklappt hat - auch wenn die Bergung der Toten und Verletzten anstrengend und belastend für Schrank und seine Leute waren. Nicht nur Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat ihnen deshalb auf der Pressekonferenz am Unglückstag großes Lob und Anerkennung gezollt. Auch Ministerpräsident Horst Seehofer und die anderen Politiker, welche die Unglücksstelle am Aschermittwoch besucht haben, dankten den zumeist ehrenamtlichen Kräften, dass sie in stundenlanger Plackerei die Opfer aus den Trümmern geholt haben.

Allein von den Zahlen ist der Einsatz in Bad Aibling sehr beachtlich. Da sind auf der einen Seite die zehn Toten, 17 Schwerverletzten und 63 Leichtverletzten, die das Unglück nach letztem Stand gefordert hat. Diese große Zahl ist der Grund, warum der fürchterliche Zusammenstoß im Rettungskräfte-Deutsch "Massenanfall an Verletzten" oder "Manv" heißt. Das ist eine Stufe unter dem Katastrophenfall. Auf der anderen Seite ist da die immense Zahl der Retter, die binnen kürzester Zeit am Unglücksort waren. Am Höhepunkt der Bergung waren es ungefähr 750 Helfer. Die allermeisten direkt aus der Region - gleich ob es die je 250 Feuerwehrler oder Rettungsdienstler waren, die 50 Mann vom THW oder die 200 Polizisten. Auch die Bergwachtler, die sich mit Schwerverletzten in die Rettungshubschrauber hinaufziehen ließen, stammten von örtlichen Bereitschaften, ebenso die Wasserwachtler, die Verletzte per Schlauchboot über den Mangfallkanal zu den Sankas übersetzten.

Kreisbrandrat Schrank ist stolz auf seine Leute. "Wir haben hier in der Region ein großes Potenzial an Ehrenamtlichen, die bereitstehen, wenn man sie braucht", sagt er. "Nur dank ihrer sind wir für solche extremen Ereignisse gewappnet." Aber nicht nur einheimische Kräfte standen bereit. Sogar aus Tirol eilten Rettungshubschrauber und Sanitäter zum Unglücksort. Das Krankenhaus in Kufstein bot Plätze für Verletzte an. So wie alle Kliniken in der Region sofort ihre OP-Pläne stornierten und ihre Kapazitäten für die Opfer des Zugunglücks zur Verfügung stellten.

Am Unfallort selbst liefen die Arbeiten sehr routiniert ab. "Natürlich war das eine schlimme Situation, die sich uns da in der Morgendämmerung geboten hat, allein die Hilferufe", sagt Schrank. "Aber wir haben uns schnell einen Überblick verschaffen können." Bereits nach wenigen Minuten haben er und seine Kollegen abschätzen können, dass sie mit bis zu hundert Verletzten rechnen müssen, unter ihnen viele Schwerstverletzte. Schritt für Schritt haben sie weitere Einsatzkräfte alarmiert, Bergungsabschnitte und -teams gebildet und all das andere getan, was sie in der Vergangenheit immer wieder geübt haben, damit selbst ein so fürchterlicher Großeinsatz nach Plan bewältigt werden kann.

Es lief nach Plan. "Gegen 10.30 Uhr hatten wir alle Verletzten befreit", sagt Schrank. Bis die ersten Einsatzkräfte abrückten, dauerte es freilich deutlich länger. Und bevor sie den Unglücksort verließen, mussten sie sich im Bad Aiblinger Feuerwehrhaus abmelden. Und zwar jeder Einzelne. Dort hatten Schrank und Moser eine psychologische Beratung eingerichtet, die den Einsatzkräften Unterstützung anbot, damit sie die schlimmen Dinge verarbeiten können, die sie in den Stunden davor erlebt haben. "Und am heutigen Donnerstag", sagt Schrank, "da holen wir alle zusammen und sprechen alles noch mal durch."

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