Große Koalition:CSU bricht mit Merkels Gesundheitsreform

Die CSU bleibt auf Konfrontationskurs: Für Bayerns Gesundheitsminister Söder ist das geltende System zu intransparent.

G. Bohsem und K. Stroh

Die CSU will noch vor der Bundestagswahl radikal mit der bisherigen Gesundheitspolitik der Union brechen. "Es braucht einen grundlegenden Neuanfang", sagte der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder der Süddeutschen Zeitung. Die 2007 beschlossene Gesundheitsreform sei ohnehin nur eine Zwischenlösung gewesen. "Wir als CSU brauchen eine eigene Linie in der Gesundheitspolitik. Das sind wir den bayerischen Ärzten und Patienten schuldig."

Große Koalition: Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder.

Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder.

(Foto: Foto: dpa)

Damit setzt die CSU ihren Konfrontationskurs gegen die große Koalition fort, trotz des Appells von Bundespräsident Horst Köhler an die Regierungsparteien, in der Wirtschaftskrise Geschlossenheit zu zeigen.

Sollte sich die CSU in ihrem Programm für die Bundestagswahl auf den von Söder vorgeschlagenen Weg verständigen, ist zudem ein heftiger Streit zwischen den Schwesterparteien programmiert. Denn die CDU dürfte den von CSU-Chef Horst Seehofer gedeckten Vorstoß als Angriff gegen ihre Kernpositionen interpretieren. Die Gesundheitsreform gilt als ein zentraler Teil der Regierungsarbeit von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Sie hatte den Gesundheitsfonds immer wieder gegen Kritik verteidigt.

"Der Gesundheitsfonds hat keine Probleme gelöst, sondern nur neue geschaffen", betonte Söder. Alle mit ihm verbundenen Versprechen seien nicht eingehalten worden und alle Befürchtungen hätten sich bestätigt. "Der Fonds muss weg."

Auch die noch im Wahlkampf 2005 von CDU und CSU gemeinsam propagierte Kopfpauschale will die CSU nach den Worten des Ministers nicht mehr. Sie sei gescheitert, wie auch das Gegenmodell der Sozialdemokraten, die Bürgerversicherung. "Es sind untaugliche Instrumente", betonte Söder. Bei der Kopfpauschale zahlen alle Versicherten unabhängig von ihrem Einkommen den gleichen fixen Beitrag. Merkel hatte das Modell 2003 erarbeitet und sich damit als Reformerin präsentiert.

Der CSU-Vorstand will die Vorschläge am Freitag kommender Woche auf einer Klausurtagung in Kloster Banz beraten. Söder griff auch den seit Anfang des Jahres geltenden Finanzausgleich unter den Kassen an. Dieser berücksichtigt auch, ob eine Kasse besonders viele kranke Versicherte hat und gleicht die dadurch höheren Kosten aus. "Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich mag theoretisch interessant sein, aber im Vollzug ist er gescheitert", sagte der Minister.

Zudem bekräftigte er seine Forderung nach einer Abschaffung der missglückten Honorarreform für die 140.000 niedergelassenen Ärzte. "Alle Reformen zusammen sorgen dafür, dass derzeit Chaostage im Gesundheitssystem herrschen", sagte Söder. Die Patienten zahlten mehr Geld und erhielten weniger Leistungen. "Das ist absurd."

"Das Gesundheitssystem ist zu bürokratisch, strangulierend und intransparent", urteilte Söder. "Unsere Alternative lautet mehr Therapie statt Bürokratie." In der Frage der Finanzierung setzt die CSU auf den Mix aus Beiträgen, Eigenbeteiligung und einen wachsenden Zuschuss aus Steuern. Letzteres begründete er damit, dass eine soziale Familien- und Seniorenmedizin eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. "Die demographische Dividende in einer älter werdenden Gesellschaft und die Frage, wie wir mit unseren Eltern umgehen, ist die Sozialpolitik der Zukunft."

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