Gleichstellung homosexueller Paare:Homo-Ehe spaltet die CSU

Die Frage, ob gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften steuerlich mit Ehe und Familie gleichgesetzt werden sollen, stößt in der CSU zwar nicht mehr rundweg auf Ablehnung. Doch einige Christsoziale warnen noch immer vor dem Marsch "in die falsche Richtung".

Heiner Effern, Mike Szymanski und Wolfgang Wittl

Die CSU steht zur Wehrpflicht, kämpft für die Atomkraft, und die Ehe ist ihr heilig. Unter CSU-Chef Horst Seehofer haben die Christsozialen inzwischen mehrfach bewiesen, dass ihre Positionen längst nicht mehr so unverrückbar sind wie in früheren Zeiten: Das Ende der Wehrpflicht und den Ausstieg aus der Atomkraft hat die Parteibasis mitgetragen, ohne dass es bis heute größere Verwerfungen gibt. In den großen gesellschaftlichen Fragen zeigte sich das Parteivolk mitunter aufgeschlossener als das Establishment. Das gilt auch für die Frage, ob gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften im Steuerrecht der Ehe gleichgesetzt werden sollten.

31. Christopher Street Day in München, 2011 Küssene Schwuhplattler

Die Homo-Ehe spaltet die CSU. Vielen sprechen sich für eine Gleichberechtigung aus. Einige CSU-Mitlglieder haben das auch beim Christopher Street Day in München klargemacht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Zwar sagt Parteichef Horst Seehofer, "Ehe und Familie sollen privilegiert bleiben. Daran sollten wir nicht rütteln." Wie eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung unter Kommunalpolitikern der CSU ergab, könnten sich manche jedoch durchaus vorstellen, die Homo-Ehe gleichzustellen. Die CSU ist in dieser Frage sogar tief gespalten.

"Sie sind ganz normale Menschen"

Der Bad Tölzer Bürgermeister Josef Janker sagt, da es gleichgeschlechtlichen Paaren möglich sei, Lebenspartnerschaften zu schließen und auch das Kind ihres Partners zu adoptieren, "steht von meiner Seite nichts dagegen". Es gehöre zum Alltag eines Bürgermeisters, bei allen Eheschließungen zu gratulieren. Auch wenn sich zwei Männer oder zwei Frauen aneinander binden. "Ich kenne einige solche Paare. Sie sind ganz normale Menschen, glücklich und ein Gewinn für unsere Gesellschaft."

Ähnlich äußert sich Gerold Noerenberg, Oberbürgermeister der Stadt Neu-Ulm. Die Homo-Ehe sei "Bestandteil unseres Lebens", sagt der Rathaus-Chef. In der Bevölkerung werde sie längst nicht mehr als Aufreger wahrgenommen. Daher sieht Noerenberg auch keinen Grund, schwulen und lesbischen Partnerschaften die gleichen steuerlichen Privilegien zu verwehren. Weil auch Gerichte bereits im Sinne homosexueller Kläger entschieden haben, hält Noerenberg es sogar für geboten zu handeln. Lothar Höher, der CSU-Kreisvorsitzende aus Weiden, pflichtet dem bei. Der Staat müsse der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung tragen, "Stillstand ist Rückschritt". Für Höher ist eher die wachsende Anzahl an Singles ein Problem.

"Am Ende doch meist die richtige Entscheidung"

Zuvor hatte bereits Josef Schmid, Fraktionschef der CSU in München, erklärt, die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen homosexuellen und heterosexuellen Paaren sei überholt. Familie sei dort, wo Kinder seien, "egal in welchem Haushalt sie aufwachsen, ob bei einer alleinerziehenden Mutter, einer Patchwork-Familie oder einem homosexuellen Paar". Die CSU müsse begreifen, dass der Fortschritt auch die Familie verändert habe.

Zu den Befürwortern der Gleichstellung gehört auch die Nürnberger Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl. Sie sehe nicht, "wie hierdurch die Ehe geschwächt werde". Sie sagte weiter: "Ich vertraue auf die Selbstfindungsprozesse der CSU, die am Ende doch meist zu richtigen Entscheidungen geführt haben."

Skeptisches Murren bei den Gegnern

Die Gegner haben sich ebenfalls in Stellung gebracht. Reserviert zeigt sich Klaus Stöttner, Landtagsabgeordneter und Kreisvorsitzender der CSU in Rosenheim. "Den Schutz der Familie als kleinste Einheit der Gesellschaft und zugleich als ihr höchstes Gut dürfen wir nicht aufgeben", sagt er. Eine Frau, die 20 Jahre für den Nachwuchs zu Hause geblieben sei, bekomme nach so langer Pause mit Anfang 50 keine Arbeitsstelle mehr. Ihre Leistung für die Familie und die Gesellschaft müsse anerkannt werden, auch finanziell. Andererseits ist Stöttner schon bewusst, dass sich die Gesellschaft verändert hat. Die Gleichstellung der Homo-Ehe hält er dennoch für "äußerst schwierig". Sie sei nur machbar, wenn gleichzeitig eine neue, alternative Form der Familienförderung in Kraft trete.

Die neue Kreisvorsitzende der CSU im Berchtesgadener Land, Michaela Kaniber, ist strikt gegen jede Vergünstigung für gleichgeschlechtliche Paare. "Steuerliche Vorteile sollten alleine den Familien zugutekommen, die ja auch die Kinder großziehen", sagt sie. Schon die Einführung der Homo-Ehe sei ein Schritt in die falsche Richtung gewesen, erklärt die Frau, die in ihrer Heimat bereits als Direktkandidatin für die kommende Landtagswahl nominiert ist. Für sie als Christin sei "die Familie mit Mann, Frau und Kinder unantastbar". Sie warnte ihre Partei davor, "in die falsche Richtung" zu marschieren.

Famlie muss privilegiert bleiben

Bedenken hat auch Christian Meißner, Landrat im oberfränkischen Kreis Lichtenfels. Bei der Diskussion über die Homo-Ehe habe niemand mehr "Schaum vor dem Mund", sagt er. Aber eine völlige Gleichstellung lehnt er ab. "Wo bleibt da die Familie?" Sie müsse privilegiert bleiben. Stefan Funk, Kreischef der CSU Schweinfurt-Stadt, erklärt: "Die Mitglieder haben wenig Verständnis für die Diskussion. Auch im Steuerrecht sollte die Familie weiterhin bevorzugt werden", sagt Funk.

Und der Kemptner Oberbürgermeister Ulrich Netzer ergänzt: "Ich gehöre eher zu denen, die es lassen würden, wie es ist." Der frühere Parteichef Erwin Huber sagt: "Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft ist auch ein anerkanntes Rechtsinstitut, aber eben nicht das Gleiche wie die Ehe." Deshalb dürfe "Ungleiches auch ungleich" behandelt werden.

Diskussion unter falschen Voraussetzungen?

Skeptisch zur steuerrechtlichen Gleichstellung äußern sich auch jüngere CSU-Politiker. Der Deggendorfer Oberbürgermeister Christian Moser unterstützt eine Partnerschaft von Mann und Frau, da die eigene Kinder in die Welt setzen könnten. Allerdings sollte die Heirat zweier Menschen ohnehin nicht finanziell motiviert sein.

Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr sieht das Thema unter falschen Voraussetzungen diskutiert. Für ihn geht es weniger um eine Gerechtigkeitsdebatte als vielmehr um die Frage, was die Gesellschaft in Zukunft brauche. "Der Staat muss überlegen, welche Strukturen er angesichts immer knapper werdender Ressourcen unterstützen will", sagt Pannermayr. Dazu zähle für ihn die Stärkung der Familie. Dies habe jedoch nichts mit mangelnder Wertschätzung gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu tun.

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