Bürgerentscheid:Wo kommen in Neu-Ulm künftig die Babys zur Welt?

Bürgerentscheid über Geburtshilfestation

Nach der Schließung einer Geburtshilfestation im schwäbischen Illertissen entscheiden die Bürger des Landkreises Neu-Ulm über die Zukunft des Kreißsaals.

(Foto: dpa)
  • Im Kreis Neu-Ulm müssen die Wahlberechtigten darüber entscheiden, wo künftig die Babys geboren werden.
  • Es ist der erste Bürgerentscheid in dem Landkreis.
  • Um die Geburten geht es aber nur vordergründig - tatsächlich wird auch darüber entschieden, ob nicht ein neues Konzept für die drei bestehenden Kliniken her muss.

Von Dietrich Mittler

Am Sonntag steht im Kreis Neu-Ulm erstmals ein Bürgerentscheid an. Gut 130 000 Wahlberechtigte sind dann aufgefordert, die Weichen zu stellen, in welcher Klinik ihre Kinder künftig zur Welt kommen können. "Eine höchst emotionale Frage", heißt es aus dem Landratsamt, doch darum geht es nur vordergründig.

Der Landkreis Neu-Ulm gehört zu den wenigen in Bayern, die sich noch drei kleine Krankenhaus-Standorte zur Grundversorgung leisten. Entsprechend groß ist das Defizit, für 2016 ist derzeit von vier Millionen Euro auszugehen. Kein Wunder, dass mit harten Bandagen um die Zukunft der jeweiligen Geburtsabteilungen gekämpft wird.

Geöffnet ist derzeit nur die Geburtsabteilung am Standort Neu-Ulm, was zum einen daran liegt, dass die Stiftungsklinik Weißenhorn längst keine Geburtsabteilung mehr hat. Und zum anderen daran, dass im Mai die Hebammen der Illertalklinik in Illertissen ihre Verträge kündigten. In der Illertalklinik kommt derzeit kein Kind mehr zur Welt. Dagegen bäumen sich viele der gut 17 000 Einwohner in Illertissen auf. In der Tat hat ihre Initiative "Illertissen bleibt" durchsetzen können, dass die Karten neu gemischt werden. Ihr Bürgerbegehren läuft darauf hinaus, ihre Geburtshilfestation möglichst zu erhalten.

Mit dem Bürgerbegehren geht indes ein Kreistagsbegehren ins Stechen. Darin steht zur Frage, ob nicht erst ein neues Gesamtkonzept für alle drei Kliniken der Kreisspitalstiftung erstellt werden sollte, bevor über die Zukunft der Geburtshilfe im gesamten Landkreis entschieden wird. Die Nerven sind bis aufs Äußerste gespannt, und das längst nicht nur deshalb, weil es sich hier um den ersten Bürgerentscheid im Landkreis handelt.

Der Ausgang der Abstimmung ist ungewiss. Im dünner besiedelten Süden des Kreises, also rund um Illertissen, ist mit einer hohen Beteiligung zu rechnen. Im Norden, also im Großraum Neu-Ulm, leben zwar mehr Einwohner - doch es stellt sich die Frage, ob sie das Thema Geburtsabteilung in Illertissen tatsächlich in die Wahllokale treibt.

Der Entscheid bringt höchstens einen Zeitgewinn

Dass die Hebammen der Illertal-Klinik ihre Verträge aufkündigten, lag indes nicht allein daran, dass sie ein kurz zuvor getroffener Beschluss des Kreistags enttäuscht hatte. Landrat Thorsten Freudenberger hatte versucht, Brücken zu bauen. Sein Vorschlag, die Belegabteilung Geburtshilfe und Gynäkologie zu einer Hauptabteilung mit mehr Personal auszubauen, wurde fraktionsübergreifend mit 36 zu 27 Stimmen abgelehnt. Als dann in der Ilmtalklinik einige Hebammen krankheitsbedingt ausfielen, war das Fass voll. Die verbliebenen Hebammen sahen die vorgeschriebene Mindestbesetzung und damit die Sicherheit der Gebärenden als gefährdet an.

Klar ist bereits, dass der Bürgerentscheid für Illertissen bestenfalls einen Zeitgewinn erbringt. Ende dieses Jahres soll ein Gutachten auf dem Tisch liegen - darüber, welche der drei Kliniken in Zukunft überlebensfähig sind. Die Illertalklinik, sie betreibt durch den Ausfall der Geburtsabteilung im Moment nur etwas mehr als 50 Betten, hat da wenig Chancen.

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