Gesundheitspolitik:AOK blockiert Hausarztvertrag

Kasse hält Formulare zurück und nennt Vereinbarung rechtswidrig

Bayerns Patienten bleibt es nach wie vor verwehrt, am neuen AOK-Hausarztvertrag teilzunehmen, der ihnen eine bessere Versorgung sichern soll. Noch immer weigert sich die Kasse, die dafür notwendigen Einschreibe-Formulare herauszugeben. Die AOK Bayern lehnt den bereits seit 1. April gültigen Vertrag ab, da er aus ihrer Sicht unkalkulierbare Kosten verursacht. Der Vertrag war erst nach einem Schiedsspruch zustande gekommen, aber diesen will Bayerns größte Krankenkasse (rund 4,4 Millionen Versicherte) nicht anerkennen. Er sei "rechtswidrig" und deshalb "nicht umsetzbar". Da die AOK auch bei einem letzten Einigungsgespräch auf diesem Standpunkt verharrte, hat Gesundheitsministerin Melanie Huml am Mittwochabend rechtsaufsichtliche Schritte gegen die Kasse eingeleitet.

Ein entsprechendes Schreiben wurde der Kasse umgehend zugeleitet. Auch die AOK müsse sich "an geltendes Recht" halten, kommentierte die Ministerin ihren Schritt. Und sie ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie es dabei notfalls nicht belassen wird: "Sollte die AOK Bayern auch weiterhin nicht zur Vernunft kommen, wird ein Verpflichtungsbescheid folgen - und zwar als sofort vollziehbare Anweisung, den Schiedsspruch umzusetzen."

Patienten, die an einem Hausarztvertrag teilnehmen, verzichten zwar auf ihr Recht auf freie Arztwahl, dafür aber bekommen sie eine Reihe von Vorteilen garantiert: etwa kürzere Wartezeiten in den Praxen, intensivere Vorsorge-Untersuchungen sowie eine sorgfältige Begleitung bei der Medikamentenvergabe, durch die gefährliche Wechselwirkungen bei der Einnahme mehrerer Pharmaprodukte verhindert werden können. Hausarztverträge sind vom Bundesgesetzgeber gesetzlich vorgeschrieben; jede Krankenkasse in Deutschland muss sie ihren Versicherten anbieten. Die Politik will über die sogenannte Hausarztzentrierte Versorgung - und damit über die Hausarztverträge - künftig die Patientenströme lenken und so unnötige Mehrausgaben im Gesundheitswesen verhindern. Überdies sichern die Hausarztverträge vielen Praxen auf dem Land das wirtschaftliche Überleben.

Doch auch Bayerns Hausärzte warten bislang auf die AOK-Unterlagen. "Es können im Moment keine neuen Praxen am Vertrag teilnehmen, weil die dafür notwendigen Formulare weiterhin von der AOK zurückgehalten werden", sagte Markus Beier als stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. Die Kasse indes betonte: "Auch unabhängig von Hausarztverträgen erhalten Versicherte auf Vorlage der Gesundheitskarte alle medizinisch erforderlichen Leistungen." Die hausärztliche Versorgung der Patienten sei somit jederzeit sichergestellt.

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