Gesetz gegen Naturschutzgebiet:CSU-Politiker planen "Lex Steigerwald"

Protest gegen Nationalpark im Steigerwald, 2014

Bei Ebrach im Steigerwald wendet sich eine Protesttafel gegen den geplanten Nationalpark in dem fränkischen Waldgebiet.

(Foto: Johannes Simon)
  • Der Chef der Landtags-CSU, Thomas Kreuzer, und andere CSU Politiker wollen mit einem Trick das Schutzgebiet "Der Hohe Buchene Wald" im Steigerwald abschaffen.
  • In ihren Augen gibt es längst genügend Wald-Schutzgebiete, in denen die Natur Natur sein darf.
  • Im Landtag wollen sie dafür das Naturschutzgesetz ändern - denn bisher waren ausschließlich Bürgermeister und Landräte solche geschützten Landschaftbestandteil wie im Steigerwald zuständig.

Von Christian Sebald

Der Chef der Landtags-CSU, Thomas Kreuzer, tritt für gewöhnlich moderat und staatsmännisch auf. Nur wenn es um den Naturschutz im fränkischen Steigerwald geht, kann sich der schwäbische Politiker und passionierte Jäger richtig in Rage reden. Ein Beispiel: Als Kreuzer bei den letzten Wagner-Festspielen in Bayreuth auf den früheren Bamberger Landrat, seinen Parteifreund Günther Denzler, traf, hat er ihn vor aller Augen so heftig angegangen, dass Beobachter sagen, die Szene sei richtig peinlich gewesen.

Der Grund von Kreuzers Attacke: Der bekennende Naturschützer Denzler hatte im Frühjahr 2014, wenige Tage bevor er aus dem Amt schied, im Steigerwald das 775 Hektar große Schutzgebiet "Der Hohe Buchene Wald" ausgewiesen. Mit zwei kleineren, direkt angrenzenden Naturwaldreservaten schuf Denzler so das größte Wald-Schutzgebiet im Freistaat außerhalb der Nationalparke im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land.

Denzlers Kalkül: Der Hohe Buchene Wald könnte einmal Keimzelle eines Nationalparks im Steigerwald werden, wie ihn viele Naturschützer seit Jahren herbeisehnen. Das Schutzgebiet sollte auch die Grundlage sein für eine Bewerbung der Region als Weltnaturerbe. Die uralten Buchenwälder im Steigerwald zählen zu den wertvollsten in Europa.

Wichtige CSU-Politiker gegen Nationalpark

Kreuzer, Innenstaatssekretär Gerhard Eck, der Vorsitzender des Anti-Nationalpark-Vereins "Unser Steigerwald" ist, und anderen wichtigen CSU-Politikern sind ein Nationalpark und ein Weltnaturerbe im Steigerwald so ein Graus, dass sie alsbald alle Hebel in Bewegung setzten, mit dem einen Ziel: Das Schutzgebiet "Der Hohe Buchene Wald" muss weg. In ihren Augen gibt es längst genügend Wald-Schutzgebiete, in denen die Natur Natur sein darf. Außerdem ist Forstwirtschaft für sie der beste Schutz der Wälder überhaupt.

Im November war es so weit. Kreuzer und seine Mitstreiter fanden Gehör bei Horst Seehofer. Der Ministerpräsident dekretierte, das Schutzgebiet wird aufgehoben, in diesem Februar. Das Problem ist nur: Kein Politiker will sich die Finger verbrennen, indem er das anordnet. Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU), die oberste Aufseherin über den Naturschutz in Bayern, befürchtet einen immensen Imageschaden. Und Denzlers Nachfolger als Landrat, der CSU-Mann Johann Kalb, will die Nationalparkfreunde in seiner Region nicht verprellen.

Jetzt haben Kreuzer und Co. den Trick gefunden, wie sie das Schutzgebiet wegbekommen können. Zugleich wollen sie mit ihm ausschließen, dass es einer oder womöglich sogar mehrere Landräte Denzler nachmachen und große Schutzgebiete ausweisen. Mit der absoluten Mehrheit ihrer CSU im Landtag im Rücken werden sie dafür das Naturschutzgesetz ändern. Dazu muss man wissen, dass der "Hohe Buchene Wald" auch rechtlich eine Besonderheit ist. Er ist ein geschützter Landschaftbestandteil. Das ist die einzige Art Naturschutzgebiet, für ausschließlich Bürgermeister und Landräte zuständig sind. Keine übergeordnete Behörde kann ihnen dabei dreinreden. Bisher.

Kreuzer will Landräte per Gesetz entmachten

Denn nun soll das anders werden. Kreuzer und Co. wollen durchsetzen, dass für geschützte Landschaftsbestandteile ab zehn Hektar Fläche nun die Bezirksregierungen zuständig sind. So steht es in dem Antrag, den sie jetzt in den Landtag eingebracht haben. Der Grünen-Politiker und Chef des Umweltausschusses im Landtag, Christian Magerl, ist empört. "Das ist eine reine Lex Steigerwald", schimpft er. "Damit soll die CSU die Regierung von Oberfranken anweisen können, das Schutzgebiet aufzuheben, das ihr so ein Ärgernis ist."

Auch beim Bund Naturschutz (BN) ist man entsetzt. "Ein so leichtfertiger Umgang mit dem Recht kommt einem selten unter", sagt BN-Mann Richard Mergner. "Wir werden uns dem mit allen Mitteln entgegenstemmen." Der Verein "Nationalpark Nordsteigerwald" spricht von der "Entmachtung der Kommunen und Landkreise". Sein Vorsitzender Benedikt Schmitt fragt: "Wo bleibt da die Bürgernähe der CSU?"

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