Geringer Preis:Bauern belagern Bundesminister

Milchpreis

Milchbauern, in den Vorjahren die großen Verlierer, haben im zurückliegenden Wirtschaftsjahr gut abgeschnitten.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Verband BDM will Christian Schmidt (CSU) mit Mahnwache und Aktionen dazu zwingen, die Milchkrise zu bekämpfen

Von Christian Sebald

Der Milchbauernverband BDM ruft zu einer großen Protestaktion auf. Ziel ist das Wahlkreisbüro von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) im mittelfränkischen Neustadt an der Aisch. Dort findet von diesem Dienstag an bis Ende Mai eine Dauer-Mahnwache mit Kundgebungen und anderen Aktionen statt. Der BDM wirft Schmidt vor, nicht wirklich etwas gegen die Milchkrise zu unternehmen und damit Tausende Bauern in immer tiefere Existenznot zu stürzen. Die Milchkrise beutelt die Bauern in Bayern und in ganz Deutschland seit über einem Jahr. Inzwischen zahlen etliche Molkereien im Freistaat den Bauern keine 24 Cent mehr für den Liter Milch. Dabei kostet schon das Futter, das eine Kuh für einen Liter Milch fressen muss, wenigstens 20 Cent. Ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht.

Auf den Bauernhöfen wachsen Wut und Ohnmacht. Zwar hat Schmidt angesichts der Ausmaße, welche die Milchkrise inzwischen erreicht hat, für Ende Mai einen großen Milchgipfel in Berlin angekündigt. Auf ihm will der Minister über neue Hilfen für die Bauern beraten. Die Rede ist von Zuschüssen zur Unfallversicherung in Höhe von 80 Millionen Euro und Kreditbürgschaften mit einem Volumen von 150 Millionen Euro. Aber nach Überzeugung von Agrar-Experten wie dem Grünen-Politiker Friedrich Ostendorf werden die geplanten Maßnahmen wirkungslos verpuffen. Das prognostiziert auch der Milchbauernverband BDM. Nach seiner Überzeugung gibt es nur ein Mittel gegen die Milchkrise. Die Bauern müssen endlich weniger Milch bei den Molkereien abliefern. "Nur wenn weniger Milch auf dem Markt ist, wird sich der Milchpreis wieder stabilisieren", sagt BDM-Sprecher Hans Foldenauer. Deshalb lautet die zentrale Forderung seines Verbands: Die EU, der Bund und Länder müssen unbedingt Anreize schaffen, damit die Milchbauern weniger Milch produzieren.

Den bayerischen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) und die Agrarminister der anderen Bundesländer hat der BDM längst an seiner Seite. Brunner fordert schon seit Monaten, dass die EU in einer einmaligen Aktion Tausende Tonnen Milch aufkaufen und die Produkte daraus einlagern soll, um den Markt zu entlasten. Zusammen mit seinen Länderkollegen verlangt er außerdem, Hilfen wie die geplanten Zuschüsse zur Unfallversicherung und die neuen Kreditbürgschaften an die strikte Vorgabe zu koppeln, dass ihre Nutznießer die Milchproduktion reduzieren. Brunners Parteifreund Schmidt lehnt solche Forderungen bisher aber strikt ab.

Die 35 000 Milchbauern in Bayern liefern pro Jahr etwa 7,5 Milliarden Liter Milch bei den Molkereien ab. Deutschlandweit beträgt die Milchproduktion 28,5 Milliarden Liter pro Jahr, in der EU sind es 152 Milliarden Liter. Bis März 2015 galt in der EU die sogenannte Milchquote. Sie gab den Bauern vor, wie viel Milch sie bei ihrer Molkerei abliefern dürfen und war zumindest ein schwaches Regulativ des Milchmarktes. Seit sie gefallen ist, produzieren die Milchbauern - wie vom BDM prognostiziert - immer mehr Milch, ohne dass es Absatzmärkte für sie gibt. In Deutschland beträgt das Plus aktuell 3,8 Prozent, in Europa 5,5 Prozent. Dabei ist seit den Milchkrisen 2009 und 2012 klar, dass schon kleinste Mengen Überproduktion einen dramatischen Preisverfall für die Bauern auslösen können. Mit seiner Protestaktion will der BDM den Druck auf Schmidt erhöhen, damit der Anreize für Bauern schafft, die Milchproduktion zu drosseln, um die Preiskrise zu beenden.

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