Gemüse:Das Spargel-Imperium von Inchenhofen

Zwei Brüder in Schwaben beschäftigen 1200 Saisonarbeiter, die in einer eigenen Wohnsiedlung samt Supermarkt und Arzt leben.

Von Franz Kotteder

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Inchenhofen: KOSTPROBE - SPARGEL-Ernte / Spargelhof Lohner

Quelle: Johannes Simon

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Wenn man sich einen Spargelhof vorstellen soll, dann sieht das wohl so aus: ein schönes, altes Bauernhaus mit einem Vorplatz, auf dem ein paar Schweine herumlaufen, dahinter tertiäres Hügelland mit lang gestreckten Erdhaufen, aus denen vorwitzig ein paar Spargelspitzen herausschauen und darauf warten, von fleißigen Bauersleuten aus der Erde gestochen zu werden.

Fährt man jedoch hinaus aufs Land nach Inchenhofen hinter Aichach, zum Spargelhof Lohner, dann sieht die Sache ganz anders aus. Richtig idyllisch ist zwar noch die Firmenanschrift: "In der Au 1". Dahinter aber verbirgt sich eine große, immerhin überwiegend unversiegelte Kiesfläche mit einem modernen Verwaltungsbau in der Mitte, ein paar Fabrikhallen in Leichtbauweise, einer große Wohnanlage sowie einer Flotte von 20 Omnibussen, die früher im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt waren.

Inchenhofen: KOSTPROBE - SPARGEL-Ernte / Spargelhof Lohner

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Das Einzige, was mit den Vorstellungen eines Städters übereinstimmt, ist der freundliche und nette Landwirt, der mit sich selbst offenbar im Reinen ist. In diesem Fall handelt es sich um Josef Lohner (im Bild), der zusammen mit seinem Bruder Georg den Spargelhof aufgebaut hat.

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"Wir haben 1985 mit dem Spargelanbau angefangen", erzählt Josef Lohner, "erst einmal auf 0,15 Hektar". Der elterliche Hof warf nicht viel ab damals, mit den paar Kühen und den 15 Hektar, die dazugehörten, war nichts mehr zu verdienen. Die Sache mit dem Spargel lief aber ganz gut an, man baute aus, heuerte polnische Saisonarbeiter an, mit denen man sich anfangs gar das Badezimmer teilte.

Inchenhofen: KOSTPROBE - SPARGEL-Ernte / Spargelhof Lohner

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Das wäre heute nicht mehr drin. Jetzt, am Beginn der Saison, sind an die 750 Arbeiter aus Rumänien und Polen im Einsatz, "zu den Spitzenzeiten haben wir 1200 Leute hier", sagt Lohner. Eine eigene große Wohnanlage haben die Lohners für ihr Personal gebaut, mit eigener Wäscherei, einer Kantine, einem eigenen Supermarkt und einem Arzt. Ein Dorf im Dorf sozusagen - Inchenhofen hat ja selbst nur an die 2400 Einwohner. Die Sache mit dem Spargel hat sich also ganz schön ausgewachsen, überraschenderweise. Denn, so Lohner: "Den krassen Masterplan haben wir wirklich nicht gehabt."

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Wo allerorten vom Bauernsterben die Rede ist, haben die Lohners ein Landwirtschaftswunder hingelegt. "Das geht natürlich nur mit wirklich guten Mitarbeitern, die sich auch wohlfühlen und gerne bei uns sind." 90 Festangestellte kümmern sich das ganze Jahr über um den Spargel - und im Herbst auch um den Kürbis, das zweite, aber sehr viel kleinere Standbein der Firma. Ein Geheimnis des Erfolgs sieht Lohner in der Konzentration auf das eine Produkt. "Außerdem wollten wir nicht nur der Rohstofflieferant sein."

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Wobei heute zwei Drittel des Geschäfts schon über die großen Handelsketten vom Discounter bis zum Supermarkt läuft. Aber ein weiteres Drittel des Umsatzes ergibt sich aus der Direktvermarktung, sprich: aus den Bretterbuden, die jetzt wieder an den Straßenrändern stehen und Spargel anbieten. Gut 150 davon haben die Lohners zwischen Stuttgart und München stehen. Auch das ist arbeitsintensiv, zehn Mitarbeiter kümmern sich allein darum, Grund und Boden anzumieten, Verkäufer anzuheuern und die Buden in Schuss zu halten. Und dann muss man während der Saison ja auch noch täglich Ware anliefern und abends das Geld abholen.

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Angebaut wird der Spargel von den Lohners auf gepachteten Äckern. Stolze 600 Hektar sind das mittlerweile, verteilt auf etwa 200 verschiedenen Flächen. Daher die 20 Omnibusse, mit denen werden die Spargelstecher auf die einzelnen Felder gebracht werden. Zwei Jahre vor der ersten Ernte müssen die Pflanzen angesetzt werden, dann kann man so ein Feld bis zu zehn Jahre lang nutzen.

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Die Spargelstangen wachsen meist unter einer Schicht von drei verschiedenartigen Folien heran. Sie wachsen dann schneller und sind leichter zu ernten. "Ohne Folie wird die Erde brettlhart", so Lohner. Durch Wärme und Feuchtigkeit bleibt sie leicht und locker, die Stangen sind schnell aus dem Boden geholt, was auch die Erntehelfer freut, weil sie nach Menge pro Kilo bezahlt werden. Jeder von ihnen hat eine Kiste mit eigenem Strichcode, der beim Wiegen in der Firmenzentrale automatisch erfasst wird.

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Überhaupt ist der logistische Aufwand gewaltig - allein, was den Transport von Ware und Personal angeht. Den ganzen Tag über wird geerntet, Ware abgeholt, auf dem Hof in einer eigenen Spargelwaschanlage gewaschen...

Inchenhofen: KOSTPROBE - SPARGEL-Ernte / Spargelhof Lohner

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... dann an langen Laufbändern händisch sortiert. Die Vorarbeit leistet ein Scanner, der jede Stange in Viermillimeterschritten erfasst und zuordnet.

Inchenhofen: KOSTPROBE - SPARGEL-Ernte / Spargelhof Lohner

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Je nach Handelsklasse kommt der Spargel in eine blaue, graue oder grüne Kiste, wird in einer großen Anlage auf zwei Grad heruntergekühlt und kommt anschließend in die Kühlhalle. Spätestens am nächsten Tag wird er dann ausgeliefert. Tatsächlich sind die Lagerbestände in der großen Kühlhalle sehr klein, obwohl ein Gabelstapler praktisch pausenlos frische Paletten von der Sortieranlage anliefert.

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Von hier aus schwärmen die Lieferfahrzeuge der Lohners dann wieder aus, zu den Zentrallagern der Handelsketten, aber eben auch zu all den kleinen Bretterbuden, die bis zum letzten Spargelverkaufstag am 24. Juni wieder das Stadtbild bereichern. Auch wenn der Aufwand groß ist, Josef Lohner liebt den Direktvertrieb besonders: "Weil wir da vom Anfang bis zum Ende dabei sind. Das ist was Schönes."

© SZ vom 07.04.2017/vewo
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