Gemeinderat in Krün:Auf eine Weißwurst mit Obama

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CSU-Gemeinderat Alois Kramer schafft das, was keinem Demonstranten gelingt: Beim Weißwurstfrühstück im oberbayerischen Krün diskutiert der Milchbauer mit Barack Obama über TTIP.

Interview von Anna Günther, Krün

Millionen Menschen verfolgten am Fernseher, wie die Kanzlerin Angela Merkel US-Präsident Barack Obama mit Küsschen vor der pittoresken Kulisse von Schloss Elmau begrüßte. Menschen in Tracht klatschten, knipsten und jubelten im eigens aufgebauten Biergarten. Doch ganz nah ran kamen die Allerwenigsten. Der Landwirt und CSU-Gemeinderat Alois Kramer, 45, saß mit seiner Mutter Pauline beim Weißwurst-Frühstück neben dem US-Präsidenten.

SZ: Herr Kramer, haben Sie sich schon die Hände gewaschen?

Alois Kramer: Nein, noch nicht, aber das war auch noch nicht nötig.

Wie lange wollen Sie das rauszögern?

Na ja, ich bin Landwirt, ich arbeite im Stall mit den Kühen, da muss man sich die Hände irgendwann waschen.

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Und wie ist Barack Obama so?

Er ist sehr an den Problemen der Menschen interessiert und offen. Er hat auch kurz mit meiner kleinen Tochter Paulina gesprochen, die mit ihren Geschwistern bei den Trachtenkindern dabei war. Die Kanzlerin hatte sie gefragt, ob sie schon Englisch kann. Man nimmt ihm das Interesse ab, das ist nicht aufgesetzt. Wir haben auch über die Probleme des Welthandels und der Regionalität diskutiert. Wir Landwirte hier in Krün verkörpern ja die Regionalität, das ist der Gegenentwurf zu TTIP.

Was hat er dann dazu gesagt?

Obama hat einen sehr differenzierten Blick, sieht unsere Probleme und die der anderen Seite.

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Haben Sie ihn etwa dazu gebracht, die Strategie zu ändern?

Nein, er redet ja mit vielen Leuten. Aber ich wollte ihm die Ängste aus der Mitte der Bevölkerung mitteilen. Es ist wichtig, dass alle in die Wertschöpfung eingebunden sind und nicht nur unter den Großen umverteilt wird. Aber wir sprachen auch über die Trachten und meine Zeit in Vermont.

Was haben Sie dort gemacht?

Ich habe in East Montpellier ein Praktikum auf einer Milchfarm gemacht. Der Präsident sagte, dass die Landschaft dort auch so schön und von Familienbetrieben geprägt sei wie hier. Das war mein Anknüpfungspunkt zu TTIP und Regionalität.

Wieso saßen Sie am Ehrentisch und kein anderer Krüner Gemeinderat?

Das war ein Zufall. Als die Sicherheitsleute morgens vor meinem Stall erzählten, US-Präsident Obama sei gerade in Elmau gelandet, ahnte ich noch nichts. Es war eben noch ein Platz am Tisch des Bürgermeisters frei.

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Wie fühlten Sie sich, als Sie plötzlich an den Tisch gesetzt wurden?

Ich war nicht aufgeregt, wir sind alle Menschen auf einer Stufe. Er wirkt auch gar nicht abgehoben, aber als Milchbauer hätte ich ihm schon gerne ein Glas unserer Milch angeboten. Wegen der Kontrollen habe ich lieber nichts mitgenommen, das ärgert mich im Nachhinein aber schon ein bisschen.

Wie erleben Sie die ständigen Kontrollen?

Das passt schon, die Polizei geht mit uns mit Garmischer Autokennzeichen eher rücksichtsvoll um. Alle anderen werden sehr streng kontrolliert.

Hat Obama die Weißwurst geschmeckt?

Ich denke schon. Professor Sauer hat ihm erklärt, wie man Weißwurst isst und der Präsident hat's dann so gemacht - und alkoholfreies Bier getrunken.

Haben Sie sich auch mit der Kanzlerin unterhalten?

Zuerst habe ich mich mit ihrem Mann über landwirtschaftliche Themen wie die Klimaschutzvorgaben bei Methangas unterhalten. Als wir über Details sprechen wollten, kam seine Frau mit dem Präsidenten. Dann konnten wir das nicht vertiefen.

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Wer wäre der bessere Bayer? Merkel oder Obama?

Das möchte ich nicht entscheiden, Frau Merkel kennt uns eben und schätzt unsere Arbeit hier als Lokalpolitiker. Und Herr Obama hat uns jetzt auch kennengelernt.

Sind Sie jetzt ein Star im Ort?

Mei, es ist schon etwas Besonderes, aber jeder hat seinen Platz im Leben und jetzt ist gleich wieder Stallzeit. Das Leben läuft weiter.

© SZ vom 08.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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