Möglicher Wahlbetrug in Geiselhöring:FW und ÖDP fordern Aufklärung

Möglicher Wahlbetrug in Geiselhöring: Gab es bei der Kommunalwahl in Geiselhöring Ungereimtheiten? Von 482 gemeldeten osteuropäischen Erntehelfern sollen 465 ihre Stimme abgegeben haben.

Gab es bei der Kommunalwahl in Geiselhöring Ungereimtheiten? Von 482 gemeldeten osteuropäischen Erntehelfern sollen 465 ihre Stimme abgegeben haben.

Ist die Kommunalwahl im niederbayerischen Geiselhöring manipuliert worden? Fast alle osteuropäischen Erntehelfer hatten gewählt. Vor allem die CSU-Kandidatin, bei der die Helfer beschäftigt waren, profitierte davon. Freie-Wähler-Chef Aiwanger nimmt jetzt das Innenministerium ins Visier.

Von Wolfgang Wittl, Geiselhöring

In der Affäre um die möglicherweise manipulierte Kommunalwahl von Geiselhöring (Kreis Straubing-Bogen) nimmt Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger das bayerische Innenministerium ins Visier. Dieses müsse endlich klar Stellung beziehen, fordert Aiwanger: Wenn sich das Ministerium bei so einem wichtigen Vorfall nicht positioniere, habe das "schon ein Geschmäckle". Das Landratsamt warte bis heute auf eine Rückmeldung, wie mit dem Wahlrecht für ausländische Erntehelfer umzugehen sei. Aiwanger bezieht sich auf die Aussage der Wahlleiterin in einer Lokalzeitung. Das Innenministerium hingegen habe ihm geantwortet, es sei "lediglich informatorisch" eingebunden.

Die Wahl im 7000 Einwohner großen Geiselhöring hatte im März gewaltiges Aufsehen erregt. Aiwangers Parteifreund Bernhard Krempl hatte sein Bürgermeisteramt wegen 303 Stimmen überraschend an Herbert Lichtinger (CSU) verloren. Wie sich herausstellte, hatten von 482 gemeldeten osteuropäischen Erntehelfern 465 ihre Stimme abgegeben - 460 per Briefwahl. Das entspricht einer Beteiligung von mehr als 95 Prozent. Die Stimmen kamen einer CSU-Kandidatin zugute, bei der die Erntehelfer beschäftigt sind. Auch Freunde und Verwandte der Bäuerin auf der CSU-Liste profitierten, ebenso Bürgermeisterkandidat Lichtinger.

Auffälligkeiten bei zahlreichen Stimmzetteln

Das Landratsamt stellte im Anschluss bei zahlreichen Stimmzetteln Auffälligkeiten fest, etwa die Verwendung desselben Stiftes und ähnlich geschriebene Ziffern. Eine weitere Frage ist, ob die Erntehelfer überhaupt ihren Lebensmittelpunkt in Geiselhöring hatten und wahlberechtigt waren. Der abgewählte Bürgermeister Krempl und die Freien Wähler im Stadtrat fochten die Wahl an, Staatsanwaltschaft, Kriminalpolizei und Landeskriminalamt ermitteln seitdem.

Aiwangers Kritik: Wenn das Wählen von kurzfristig beschäftigten Erntehelfern akzeptiert werde, gewinne künftig nicht mehr der beste Kandidat, "sondern derjenige, dessen Parteifreunde die meisten Erntehelfer beschäftigen oder wenigstens auf dem Papier angemeldet haben". Dies könne nicht im Interesse des Innenministeriums liegen.

Das Ministerium weist die Vorwürfe zurück. Weder Landratsamt noch die Regierung von Niederbayern hätten sich mit der Bitte um Anweisungen gemeldet, sagte ein Sprecher. Es handle sich vielmehr um sehr umfangreiche und komplexe Ermittlungen mit Auslandsbezug, die noch nicht abgeschlossen seien. Erst wenn ein Ergebnis vorliege, könne man Schlussfolgerungen hinsichtlich Neuwahlen ziehen. Aiwangers Vorwurf des "Geschmäckles" zeuge von einer "gewissen Ahnungslosigkeit, wie so ein Verfahren läuft".

Ein höheres Tempo bei den Ermittlungen erhofft sich die ÖDP. Deren Fraktionssprecher im Straubinger Kreistag, Bernhard Suttner, bittet Innenminister Joachim Herrmann (CSU), für einen zeitnahen Abschluss der Aufklärung einzutreten. Da die Stimmen der Erntehelfer womöglich auch die Zusammensetzung des Kreistags beeinflusst haben, sei weder den Bürgern noch Mandatsträgern länger zuzumuten, mit dem Verdacht einer kriminellen Manipulation leben zu müssen.

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