G-9-Volksbegehren in Bayern:Vergebliches Werben

G8 Abitur Schule

Das Volksbegehren will das neunjährige Gymnasium zurückholen.

(Foto: dpa)

Obwohl schon 25.000 Menschen unterschrieben haben, wollen SPD und Grüne das Volksbegehren zum G 9 der Freien Wähler nicht unterstützen. Sie signalisieren aber ihre Bereitschaft zu einer Reform des Gymnasiums - unter einer Voraussetzung.

Von Frank Müller und Mike Szymanski

Die erste Hürde von 25.000 Unterschriften für die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium haben die Freien Wähler genommen - nun versucht ihr Vorsitzender Hubert Aiwanger die anderen Oppositionsparteien und die Lehrerverbände hinter sich zu vereinen. Er appellierte an SPD und Grüne sowie Lehrerverbände, Detailkritik am Gesetzentwurf zum G 9 hintanzustellen und das Volksbegehren zu unterstützen. "Es sollten alle Beteiligten die Chance erkennen. Wenn wir die Gelegenheit jetzt nicht nutzen, dürften Reformen für viele Jahre auf sich warten lassen", sagte Aiwanger. "Ich erwarte mir, dass alle Beteiligten das Volksbegehren unterstützen."

Bei der späteren Ausgestaltung eines neunjährigen Gymnasiums seien die Freien Wähler "gesprächsbereit", sagte Aiwanger. "Wir nehmen die Kompetenz der Lehrerverbände mit dazu." Aiwanger räumt ein, dass der Gesetzentwurf der Freien Wähler Schwächen aufweise. Dass ihr Konzept beispielsweise vorsieht, den Unterrichtsinhalt lediglich auf neun Jahre zu strecken, sei dem Umstand geschuldet, dass Volksbegehren in Bayern nur dann zulässig sind, solange sie den Staatshaushalt nicht beeinflussen. Das heißt vereinfacht, das G 9 darf nicht mehr kosten. Vor allem daran entzündet sich die Kritik von Lehrerverbänden, aber auch von SPD und Grünen. Aiwanger sagte nun, die Lehrerverbände müssten in einem ersten Schritt akzeptieren, dass sie nicht sofort all ihre Vorstellungen einbringen könnten. "Später können sie mit ihren Qualitätsansprüchen kommen", sagte Aiwanger.

Doch der Bayerische Philologenverband, der derzeit selbst an einem Konzept für ein neunjähriges Gymnasium arbeitet, will sich vom Volksbegehren der Freien Wähler nicht unter Druck setzen lassen. "Wir möchten uns Zeit lassen", sagte dessen Vorsitzender Max Schmidt. Das Modell der Freien Wähler lehnt der Verband ab. "Das ist keine Weiterentwicklung." Die Inhalte auf neun Jahre zu strecken, genüge nicht. "Wir sind absolut sicher, dass wir nicht mit den Ressourcen auskommen werden, die die Freien Wähler angeben", sagte Schmidt.

Bei der Opposition sorgte der Erfolg der Freien Wähler immerhin für Bewegung. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher und seine Grünen-Amtskollegin Margarete Bause telefonierten miteinander zu diesem Thema. Zwischen beiden herrschte zuletzt Funkstille. Rinderspacher erklärte zwar, das Konzept der Freien Wähler sei "nach wie vor problematisch", weil sie die Verbände nicht mit im Boot haben". Gegen den Willen der Lehrer sei eine Reform nicht machbar. Aiwangers Gesprächsangebot sei aber positiv. "Ich würde es begrüßen, wenn wir neue Pläne diskutieren könnten, wie wir die Geschwindigkeit aus den Gymnasium herausnehmen", sagte Rinderspacher.

CSU reagiert gelassen

Ähnlich reagierten die Grünen. Bisher hatten sie sich für Verbesserungen am G 8 ausgesprochen, eine Rückkehr zum G 9 lehnten sie ab, ebenso wie eine Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9. Im Text ihres Volksbegehrens wollen es die Freien Wähler jedem einzelnen Gymnasium selbst überlassen, ob es G 8, G 9 oder beides in einem Haus anbietet. Nun zeigt sich Fraktionschefin Margarete Bause offen für eine größere Reform: "Wir brauchen ein neues Gymnasium, dass gerne auch neun Jahre dauern kann", sagte sie. "Wir sind bereit, in einer gemeinsamen Allianz dafür zu kämpfen." Das Volksbegehren wollen die Grünen wegen seiner "konzeptionellen Mängel" nicht unterstützen. "Es löst die Probleme des Gymnasiums nicht", sagte Bause.

Die CSU reagierte gelassen auf den Etappenerfolg. Die Landtagsfraktion will am G 8 festhalten, vor allem wegen der Situation auf dem Land. Sollten sich einzelne Schulen für eine Rückkehr zum G 9 entscheiden, würde sich der Schulweg für Kinder, die weiter auf ein achtjähriges Gymnasium gehen wollen, möglicherweise verlängern. Die Wahlfreiheit innerhalb einer Schule wiederum sei auf dem Land kaum machbar, befürchtet die Fraktion.

Am Donnerstag wollen die Freien Wähler genaue Zahlen zur Unterschriftensammlung präsentieren. Die Listen, die dem Innenministerium übergeben werden, würden gerade für den Zulassungsantrag aufgearbeitet. 25 000 Bayern müssen das Volksbegehren unterstützen. Aiwanger sagte: "Wir sind dort, wo wir hinwollten." Jede weitere Unterschrift, die in diesen Tagen noch in der Geschäftsstelle eingehe, sei ein Risikopuffer.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) muss nun klären, ob das Volksbegehren überhaupt zulässig ist. Erst danach beginnt die Eintragungsfrist und bei einem Erfolg danach der Volksentscheid. Herrmann sagte, er habe sich bisher nicht im Detail mit dem Vorstoß beschäftigt, dieser müsse nun genau geprüft werden. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte das Ministerium das ebenfalls von den Freien Wählern gestartete Volksbegehren gegen die Studiengebühren zunächst abgelehnt, weil es aus seiner Sicht unzulässigerweise in den Staatshaushalt eingegriffen hätte. Es fand erst statt, nachdem der Verfassungsgerichtshof den Beschluss aufgehoben hatte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: