G8 und G9 in Bayern:Die Sitzenbleiber-Klasse

Volksbegehren Gymnasium

G 8 oder G 9 - diee Frage wird sich in Zukunft für Schüler wieder stellen.

(Foto: dpa)

Kaum hat die CSU beschlossen, künftig G 8 und G-9-Klassen zuzulassen, macht das Kultusministerium auch schon wieder einen Rückzieher. Der G-9-Zweig bekommt nun womöglich ein Image-Problem und die versprochene Wahlfreiheit? Wird vor ihrer Einführung quasi abgeschafft.

Von Tina Baier

Gerade mal eine Woche ist es her, dass die CSU-Abgeordneten beschlossen haben, neben dem G 8 auch wieder G-9-Klassen zuzulassen, da rudert das Kultusministerium schon wieder zurück. Aus einem internen Schreiben an die bayerischen Gymnasien, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, geht hervor, dass die Schüler nach der siebten Klasse nicht frei zwischen G 8 und G 9 wählen dürfen. "Mit der Orientierung an einem pädagogischen Bedarf nach zusätzlicher Lernzeit kann nicht gleichzeitig eine Wahlfreiheit einhergehen", heißt es in dem Schreiben vom 29. September, das Walter Gremm, Leiter der Gymnasialabteilung im Kultusministerium, unterzeichnet hat. Im Klartext: Hauptsächlich Schüler mit schlechten Noten dürfen ins G 9.

"Die G-9-Klassen bekommen dadurch ein Sitzenbleiber-Image", sagt Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbands und Schulleiter des Robert-Koch-Gymnasiums in Deggendorf. "Die Mittelstufe plus wird zur Mittelstufe minus." Die CSU hatte das Konzept der Mittelstufe plus beschlossen, wonach es möglich sein soll, den Stoff der achten, neunten und zehnten Klasse in drei oder in vier Jahren zu lernen. Man habe offenbar Angst, dass sich so viele Familien für die Mittelstufe plus entscheiden, dass am Ende das G 9 die Regel und das G 8 die Ausnahme ist, meint Meidinger.

Einen Rechtsanspruch gibt es nicht

Dass diese Angst nicht unbegründet ist, zeigen Erfahrungen in Baden-Württemberg und Hessen: Viele Schulen, die dort G 8 und G 9 parallel anbieten, haben Probleme, überhaupt noch Schüler für das achtjährige Gymnasium zu finden. Meidinger glaubt, dass auch viele gute Schüler lieber ins G 9 gehen würden, unter anderem deshalb, weil es dort in der Mittelstufe wohl deutlich weniger oder überhaupt keinen Nachmittagsunterricht geben wird. Vor allem für Schüler auf dem Land, die am Nachmittag oft lange auf den Bus nach Hause warten müssen, sei das attraktiv.

Vor diesem Hintergrund schließt das Kultusministerium einen Rechtsanspruch aufs G 9 schon mal vorsorglich aus: "In Analogie zur Beschränkung des Zugangs zu einer bestimmten Schule oder Ausbildungsrichtung wird auch kein Rechtsanspruch auf Aufnahme in eine ,Mittelstufe plus' bestehen", heißt es in dem Schreiben an die Schulen. Aus dem Papier geht auch hervor, dass man im Kultusministerium davon ausgeht, dass "etwa bis zu ein Fünftel oder ein Viertel" der Schüler mehr Zeit auf dem Gymnasium brauchen.

"Das ist eine willkürliche Deckelung", sagt Max Schmidt, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbands. "Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass 30 Prozent der Schüler G 8 können und 70 Prozent nicht." Auch eine Umfrage der Philologen habe ergeben, dass mehr als 80 Prozent derjenigen, die Erfahrung mit dem G 8 haben, sich für eine neunjährige Gymnasialzeit entscheiden würden. Der Inhalt des Schreibens widerspreche zudem den Aussagen von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). "Das ist doch für eine offene Gesellschaft nicht verkehrt, wenn die Leute mehr mitzureden und zu entscheiden haben. Es geht ja um die Zukunft der Jugend", hatte Seehofer vor zwei Wochen erklärt, als er gefragt wurde, was passiere, wenn sich mehr als ein Viertel der Schüler für den G-9-Zug entscheiden.

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