Fußball:Von Fliegenfängern und pinkelnden Torhütern

EM1976 Finale Deutschland Tschechoslowakei 3 5 im Elfmeterschießen Antonin Panenka Tor gegen Torwart; EM-Finale 1976

Elfmeterschießen bei der EM 1976. Im Tor: Sepp Maier.

(Foto: imago/Horstmüller)

Was sich auf bayerischen Fußballplätzen abspielt, ist mitunter kurios.

Kolumne von Hans Kratzer

Der große Schotte Bill Shankly, einst Trainer des FC Liverpool, hat einmal gesagt: "Manche Leute denken, Fußball sei eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Es ist noch viel ernster." Heute hat dieser Ernst auch die Torhüter erfasst, deren Fehlgriffe und Fußmalaisen auf der medialen Erregungsskala ganz oben rangieren.

Früher wurden nur Fußlahme und Lungenkranke ins Tor gestellt, damit sie den Zampanos nicht im Wege standen. Kassierte der Torwart aber einen Treffer, der haltbar erschien, hieß man ihn einen Fliegenfänger. Die bayerische Torwarthistorie ist reich an Fliegenfängern, wobei es einer sogar zum Entenfänger gebracht hat. Der FC-Bayern-Torhüter Sepp Maier ("Katze von Anzing") hechtete seinerzeit auf dem Rasen des Olympiastadions unter todesmutigen Verrenkungen einer Flugente nach.

Ein stämmiger, schier unbezwingbarer Torwart des ESV Freilassing kam gar nicht in die Versuchung des Entenfangens, da ihn seine Blase so arg drückte. Als sich das Spielgeschehen in den gegnerischen Strafraum verlagert hatte, nützte er die Chance, sich im angrenzenden Gebüsch von seiner Pein zu erleichtern. Erleichtert war aber auch der gegnerische Stürmer, der kurz darauf den Ball ins noch verlassene Freilassinger Tor schob.

Ein Straubinger Amateurspieler wiederum stürmte erst in der Halbzeitpause davon. Warum er erst kurz vor dem Spielende zurückkehrte, verriet der Liveticker: "Kosa Attila wird wieder eingewechselt, nachdem er zu einem Wohnungs-Besichtigungstermin fahren musste." Was wohl der Trainer Max Merkel von solchen Ausflügen gehalten hätte? Er sagte ja schon über den Torwart Oliver Reck, der während des Spiels keine Wohnung besichtigte, er sei Werders Antwort auf Charly Chaplin.

Dabei hatte Merkel als Sechzger-Trainer selber einen Kasperl im Tor, der auf den Namen Radi hörte und sich für "bestes Torwart von Welt" hielt. Nach einem Gastspiel der Sechzger in Straubing fasste der Fabrikarbeiter Hannerl Attenberger Radis Torwartspiel in fast philosophischer Dichte zusammen: "Da Radi hod de ganze Zeit Rehgoißerl gsuacht." Er meinte damit, der Radi habe im Strafraum Schwammerl gesucht, weil er nichts zu fangen bekam, nicht einmal Fliegen und Enten.

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