Führungskrise:Die CSU steht vor einem möglichen Showdown

Seehofer Söder

Horst Seehofer geht und Markus Söder kommt? Der Idee können einige CSU-Abgeordnete etwas abgewinnen. Doch ausgemacht ist noch nichts. Nach wochenlangem Schweigen will sich Seehofer nun selbst äußern.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Es sind Schicksalstage für die CSU und Horst Seehofer - nicht nur wegen Jamaika.
  • Seit der Wahlpleite brodelt es in der Partei, längst laufen Planspiele für die Zukunft: Kann sich Seehofer halten?
  • An diesem Samstag gibt es Sondersitzungen von Landtagsfraktion und Parteivorstand. Der CSU-Chef will erst nach dem Wochenende Personalvorschläge machen - offen ist, ob Söders Anhänger sich damit zufrieden geben.

Von Wolfgang Wittl

Die CSU sagt am Freitagmorgen aufgrund der Verlängerung der Sondierungsgespräche alle Gremiensitzungen für das Wochenende ab - und damit zunächst auch die Personaldebatte um ihren Parteichef Horst Seehofer.

Anstrengende Wochen liegen hinter Horst Seehofer. Tag für Tag, Nacht für Nacht lotete er in Berlin die Chancen für eine Jamaika-Koalition aus. Der Konferenzraum in der Parlamentarischen Gesellschaft ist zu seinem zweiten Wohnzimmer geworden, unterbrochen wurden die Sitzungen nur von Abstechern ins Kanzleramt oder in die Bayerische Vertretung. Es waren die zähesten Vorverhandlungen, die es über eine Regierungsbildung in Deutschland jemals gegeben hat. Auch am Donnerstagabend war völlig offen, ob FDP, Grüne und Union überhaupt ein Resultat erzielen. Und doch dürften die Gespräche in Berlin eine Wonne gewesen sein im Vergleich zu dem, was den CSU-Chef bei seinen Parteifreunden in der Heimat erwartet.

Diesen Freitag will Seehofer der CSU-Landesgruppe die Sondierungsergebnisse vorstellen, am Samstag sind die Gremien in Bayern dran: vormittags die Landtagsfraktion, nachmittags der Parteivorstand, der final über den Eintritt in Koalitionsverhandlungen abstimmt - sofern sich die Jamaika-Unterhändler bis dahin auf eine Lösung verständigt haben sollten.

Am wenigsten Widerstand hat Seehofer von den CSU-Bundestagsabgeordneten zu fürchten, sie wissen um die Erwartungen der Bevölkerung und dürften bereit sein, ihren Beitrag dazu zu leisten. Auch der Vorstand sollte Seehofers Empfehlung folgen. Aber dann ist da noch die Landtagsfraktion - Bastion seines Rivalen Markus Söder und Seehofers größte versammelte Kritikerschar.

Seit Wochen fordern Abgeordnete mal mehr, mal weniger ruppig, Seehofer müsse endlich seine Bereitschaft zu einem "geordneten personellen Übergang" bekunden. Der Chef hat mit Verweis auf die laufenden Gespräche in Berlin alle Personaldebatten abgeblockt. Nun aber sind die Sondierungen abgeschlossen. Seehofers Plan sieht so aus: Nach diesem Wochenende will er in sich gehen, mit Freunden beraten, dann der Partei einen Personalvorschlag unterbreiten. Ob Söders Freunde in der Fraktion sich damit zufriedengeben, wird spannend zu beobachten sein.

Sie folgen seit der für die CSU desaströsen Bundestagswahl einer Marschroute, die im Grunde eine Gratwanderung ist: Seehofer müsse beschädigt werden, jedoch nicht so heftig, dass er gleich alles hinwirft. Denn Markus Söder will nur Ministerpräsident werden - und als möglicher Spitzenkandidat bei der Landtagswahl sowie Vertreter der reinen CSU-Lehre von München aus gegen Jamaika ins Feld ziehen können. Da käme es äußerst ungelegen, müsste er so ein Berliner Bündnis mitverantworten. Das darf als Parteichef weiter Seehofer machen, gern als Minister im Bund. Sollte Seehofer, 68, eines Tages abtreten, würde Söder sich auch den CSU-Vorsitz greifen - so stellen sich seine Freunde das vor.

Schon den Unionskompromiss zur Migrationspolitik, eigentlich ein Erfolg Seehofers, hatten Söders Leute zerrupft. Ähnlich könnte es dem Parteichef nun mit dem Sondierungsergebnis ergehen. Doch im Vordergrund steht am Samstag klar die Personalfrage. Ist Seehofer bereit, ein Amt abzugeben? Und falls ja: Welches? Wann? An wen? "Ohne eine Aussage zum Personal wird man ihn nicht aus der Fraktionssitzung lassen", kündigen Söder-Gefolgsleute an. Sie wollen Seehofer in der Sitzung abringen, dass er zu einer gemeinsamen Lösung bereit sei. Und wenn er schon nicht selbst den Namen Söder nenne, so werden es bestimmt dessen Unterstützer machen.

Als fest entschlossen und zuversichtlich schildern CSU-Leute im Moment den Finanzminister. Mancher will aber auch eine Spur Nervosität bei Söder erkennen. Der Respekt vor Seehofer sei immer noch groß, niemand wisse, was der erfahrene Parteichef nach wochenlanger Zurückhaltung im Schilde führe. Seehofer werde sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen, prognostiziert ein Vorstandsmitglied. Das bedeute nicht, dass sich die Partei seinen Personalvorschlägen bedingungslos zu unterwerfen habe - aber über das Prozedere bestimme Seehofer.

Mit einem Fahrplan Seehofers für die nächsten Tage würde die Fraktion sich am Samstag denn wohl zufriedengeben, das sagen viele Abgeordnete. Allerdings müsse die zeitliche Abfolge schon sehr konkret sein. "Wenn er es geschickt macht, kommt er ohne Personaldebatte aus der Sitzung", sagt einer. Aber auch, dass Seehofer durch seine Konzentration auf Berlin in München ein Machtvakuum habe entstehen lassen. Man habe nicht den Eindruck gehabt, er kämpfe um beide Ämter.

Ob sich die Abgeordneten das alles auch von Angesicht zu Angesicht zu sagen trauen, wenn der Chef am Samstag vor ihnen sitzt? Die offizielle Tagesordnung sieht Seehofers Bericht zu den Sondierungen vor, auch sein Verhandlungsteam aus der engsten Partei- und Fraktionsspitze wird einiges anzumerken haben. Danach kommt es zur Aussprache. Bis jetzt sind für die Fraktionssitzung vier Stunden angesetzt.

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