Füchse in der Stadt:"Nicht jagen, nicht streicheln, nicht füttern"

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Gerade erst hat ein Fuchs eine 75-Jährige aus Icking in ihrem eigenen Haus gebissen. Töllwütig war das Tier zwar nicht. Aber was tun, wenn plötzlich ein Fuchs vor einem steht?

Von Stephan Handel

"Fuchs beißt Frau" - bei dieser Schlagzeile vom Wochenende entstehen Bilder im Kopf: Schaum vorm Mund. Wütende Tiere. Krämpfe. Tod. Tollwut. Einer 75-jährigen Frau aus Icking war der Fuchs begegnet, in ihrem eigenen Haus, und er hat sie gebissen. Das hört sich lebensgefährlich an.

Ist es aber nicht. Das Landratsamt Wolfratshausen geht nicht davon aus, dass die Frau sich durch den Biss mit Tollwut infiziert haben könnte. Denn die Krankheit ist 2008 in Deutschland für ausgerottet erklärt worden, zumindest was ihre "terrestrische" Form angeht, also ihre Verbreitung bei Tieren, die sich auf ihren Beinen fortbewegen. Nur bei Fledermäusen tritt sie noch auf.

Und wenn Menschen Tiere unbekannter Herkunft zum Beispiel aus dem Urlaub mit nach Hause bringen und sich bei der Einfuhr nicht an die gesetzlichen Bestimmungen halten, die - je nach Land - Impfungen, Bluttests oder längere Quarantäne-Fristen vorsehen. "Ein im Urlaub gefundenes Tier im Flugzeug nach Deutschland zu schmuggeln, das ist kein guter Plan", sagt Amtstierarzt Alexander Seubert vom Städtischen Veterinäramt.

Kein einziges Mal wurde Tollwut festgestellt

Im Stadtgebiet München werden Füchse, die von den Stadtjägern erlegt wurden, zur Untersuchung an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit geschickt. Seit 1993 ist das 784 mal geschehen - kein einziges Mal wurde dabei Tollwut festgestellt. Dabei gibt es erstaunlich viele Füchse in der Stadt: Laut Amtstierarzt Seubert wird eine Population von etwa zehn bis 15 Füchsen pro Quadratkilometer geschätzt, das ergibt für das gesamte Stadtgebiet etwa 3000 bis 4000 Tiere.

Immerhin: Vom angeblichen Lieblingstier des Münchners, dem Dackel, leben nur etwas mehr als 700 in der Stadt. Seubert erklärt die hohe Anzahl von Füchsen mit dem geringen "Bejagungsdruck" und mit dem üppigen Nahrungsangebot. Auf dem freien Land, wo Jäger hinter ihnen her sind und sie ihr Fressen selbst jagen müssen, anstatt es einfach aus Mülltonnen zu klauben, leben etwa drei bis fünf Füchse auf einem Quadratkilometer.

Es wäre also gar keine Überraschung, wenn jemand zum Beispiel beim Sonntagsspaziergang im Englischen Garten plötzlich einem Fuchs gegenüberstünde. Im Normalfall ist das kein Problem, weil das Tier meistens gleich Reißaus nimmt. Es kann allerdings sein, dass es schon "verstädtert" ist, dass es also an Menschen gewöhnt ist und sich seine Fluchtdistanz entsprechend verringert hat - jene Distanz, auf die es Menschen an sich herankommen lässt, bevor es wegläuft.

Eine Schutzimpfung gegen Tollwut ist nicht nötig

In diesem Fall rät Seubert, dem Tier trotzdem nicht zu nahe zu kommen: "Nicht jagen, nicht streicheln, nicht füttern - das Wildtier Wildtier sein lassen." Eine generelle Schutzimpfung gegen Tollwut ist nicht nötig, bei Bedarf kann auch kurz nach einem Tierbiss mit ausreichender Wirkung geimpft werden.

Das Gleiche gilt für Menschen, die vielleicht über einen Garten verfügen und dort gelegentlich Besuch von einem Fuchs bekommen: Auch er sollte nicht gefüttert werden, auch das Futter von Haustieren sollte nicht im Freien stehen gelassen werden.

Denn wenn das Wildtier immer wieder durch Futter absichtlich angelockt wird, dann verliert es seine natürlichen Instinkte - ohne dabei aufzuhören, ein Wildtier zu sein. Und das kann im Extremfall zu einem Vorfall wie jenem in Icking führen.

Was genau geschehen ist, ist immer noch nicht klar - die Frau gab an, geschlafen zu haben und plötzlich etwas Haariges gespürt zu haben, außerdem Schmerzen in der Hand. Daraufhin habe sie um sich geschlagen. Alexander Seubert glaubt eher, dass der Fuchs wohl aus Neugier in das Haus ging und sich dann durch irgend etwas in die Enge getrieben fühlte und zubiss.

© SZ vom 15.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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