Freihandelsabkommen mit den USA:Bavarian TTIP-Fans

TTIP in Bayern

Die Bayern findens gut: Etwa zwei Drittel der bayerischen Firmen, die schon in der Vergangenheit in den USA Geschäfte gemacht haben, sagen, dass die Vorteile des TTIP überwiegen.

(Foto: Imago Stock&People)

Wie bewerten bayerische Unternehmen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA? Überwiegend positiv - zu diesem Ergebnis kommt nun eine Studie. Allerdings wurden aber nur Großunternehmen befragt.

Von Dario Nassal

Ob Autos nun rot oder gelb blinken oder ob in den bayerischen Supermärkten auch mal Hühner aus den USA zu kaufen sind - das ist Bertram Brossardt eigentlich egal. "Ich habe in den USA schon einige Hühnchen verdrückt und fühle mich wunderbar", sagt der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Ihm gehe es um die Fakten: "Wenn ein Freihandelsabkommen mit den USA zustande kommt, dann zählt Bayern zu den Hauptprofiteuren!"

Brossardt spricht mit erhobenem Zeigefinger und sagt den Satz zweimal. Einmal am Anfang, einmal am Ende seiner Rede. Bayern profitiert vom TTIP. Bayern braucht das Freihandelsabkommen mit den USA. Das ist die Botschaft. Und dafür bekommt der bayerische Wirtschaftsvertreter viel Applaus am Mittwoch beim vbw-Kongress im Haus der Bayerischen Wirtschaft. Vertreter großer Unternehmen sind geladen, außerdem Frank Hoffmeister, der stellvertretende Kabinettschef von EU-Handelskommissar Karel De Gucht, und Scott Woodard, der amerikanische Konsul für Wirtschaft und Politik - alle applaudieren und klopfen auf den Tisch. TTIP Gegner sind keine da.

Große Ängste in der Bevölkerung

So sehr man sich einig ist im Haus der Bayerischen Wirtschaft, so umstritten ist das Freihandelsabkommen mit den USA in der Bevölkerung in Bayern. Im Kern geht es um die Punkte Marktzugang, Regulatorischer Ausbau und Investitionsschutz. Beim TTIP sollen Zollschranken und andere Markthemmnisse abgebaut, Regeln in bestimmten Bereichen wie der Autoindustrie angeglichen werden. Und zusätzlich soll - zumindest fordern das die USA - ein einheitlicher Investitionsschutz durchgesetzt werden. Das bedeutet, private Investoren dürfen auf Schadenersatz vor einem Schiedsgericht klagen, wenn günstige rechtliche Standards für deren Kapitalanlage nicht beibehalten werden.

Kritiker befürchten, dass der Investitionsschutz damit die nationale Souveränität aushebeln kann. In Uruguay zum Beispiel klagt Philip Morris gerade gegen die Regierung und fordert zwei Milliarden Dollar Schadenersatz, weil das Land strengere Nichtraucherschutzgesetze erlassen hat. Solche Klagen könnten in Zukunft auch auf die deutsche Regierung zukommen - fürchten Kritiker. Darüber hinaus sind die Ängste in der Bevölkerung groß, dass das Freihandelsabkommen den europäischen Verbraucherschutz aushebeln könnte: statt Biofleisch Chlorhühnchen, statt Mais Genmais.

109 Unternehmen aus Bayern befragt

Bertram Brossardt, Frank Hoffmeister und Scott Woodard wollen diesen Kritikern nun den Wind aus den Segeln nehmen. Zum Kongress am Mittwoch hat die vbw Karl Lichtblau geladen, Sprecher der IW Consult GmbH - eine Tochtergesellschaft des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Fakten, nicht Gefühle sollen auf den Tisch, fordert Brossardt. Und deshalb hat Lichtblau eine Studie zu den wirtschaftlichen Folgen des Freihandelsabkommens mitgebracht: Darin wurden insgesamt 109 Unternehmen aus Bayern befragt, welche Chancen sie sich durch TTIP ausrechnen.

Die Ergebnisse sind positiv: Etwa zwei Drittel der Firmen, die schon in der Vergangenheit in den USA Geschäfte gemacht haben, sagen, dass die Vorteile des TTIP überwiegen. Die Firmen ohne US-Aktivität stehen dem Abkommen eher neutral gegenüber, nur 30 Prozent erwarten mehr Profit durchs TTIP.

USA ist wichtigster Handelspartner

"Das zeigt einfach, dass die Firmen in Bayern, die sich mit dem Handelsabkommen beschäftigt haben, wissen, wie gut das für die Wirtschaft ist. Die anderen hatten ja noch nie etwas mit den USA zu tun, die sind da noch hinterher", interpretiert Hoffmeister die Studie. Viel ist von Chancen die Rede an diesem Mittwoch. Das TTIP sei eine einmalige Chance, sagt Lichtblau. Denn: Die USA sind der wichtigste Handelspartner für Bayern.

Nur Firmen mit mehr als 100 Mitarbeiter befragt

Ein Exportanteil von 11,3 Prozent und ein Importanteil von 6,3 seien deutliche Indizien. "Jetzt brauchen wir das Freihandelsabkommen. Sonst orientieren sich die Vereinigten Staaten ganz schnell in Richtung Asien", plädiert Brossardt und klingt ein bisschen wie ein Schuljunge, der gerade vom coolsten Kind der Klasse zum Geburtstag eingeladen worden ist und Angst hat die Party zu verpassen.

Was die Studie nicht zeigt, ist, wie die kleinen und mittelständischen Unternehmen dem TTIP gegenüberstehen. Befragt wurden nur Firmen mit mehr als 100 Mitarbeitern. Damit bleibt aber einer der größten Kritikpunkte am Freihandelsabkommen bestehen: Die TTIP-Gegner beschwerten sich vom Beginn an, dass das Abkommen nur im Interesse der Großen ausgearbeitet werde.

Auf die Entgegnung reagiert vbw-Chef Brossardt mit wegwerfender Handbewegung: "Der Unterschied zwischen großen und kleinen Unternehmen ist ja nur die Anzahl an Mitarbeitern und Kapazitäten. Der Mittelstand denkt genau so wie die größeren Firmen!" Doch die Firmen aus dem Mittelstand weisen stets darauf hin, dass sie, weil sie weniger Kapazitäten haben, härter gegen die Wettbewerber ankämpfen müssten als die Großunternehmen. Ein Freihandelsabkommen mit den USA könnte für diese Firmen nicht nur mehr Freiheit bedeuten. Sondern auch mehr Konkurrenz.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: