Freie Wähler in Schwaben:Das nächste Rücktrittchen

Lesezeit: 2 min

  • Nach seiner Trunkenheitsfahrt lässt der schwäbische Bezirksvorsitzende der Freien Wähler, Bernhard Pohl, sein Amt ruhen.
  • Im kommenden Frühjahr soll es dann Neuwahlen geben.
  • Viele Parteimitglieder kritisieren jedoch, dass Pohls Schritt nicht ausreicht.

Von Stefan Mayr, München/Kaufbeuren

Vier Stunden lang tagte der Landesvorstand der Freien Wähler am Freitag, dann stand das Ergebnis fest: Bernhard Pohl lässt nun doch sein Amt als Vorsitzender des FW-Bezirks Schwaben ruhen. Bislang hatte der Kaufbeurer Landtagsabgeordnete trotz seiner Trunkenheitsfahrt an seinem Posten festgehalten, darin war er am Dienstag vom Bezirksvorstand einstimmig bestätigt worden. Doch dieser Beschluss war angesichts des öffentlichen und auch FW-internen Drucks offenbar nicht mehr zu halten: Am Freitag zog Parteichef Hubert Aiwanger die Notbremse - wohl auch, weil er selbst mit zunehmender Dauer der Alkohol-Affäre in die Kritik geriet.

Pohl war nach dem Sommerempfang des Landtags Ende Juli betrunken am Steuer seines Autos erwischt worden. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen des Verdachts auf Trunkenheit im Verkehr. Zuvor war Pohl bereits mehrfach wegen Verkehrsdelikten ins Visier der Polizei geraten, einmal musste er wegen fahrlässiger Tötung eine Geldstrafe in unbekannter Höhe zahlen. Aufgrund all dieser Vorfälle hatten etliche FW-Mitglieder Pohls sofortigen Rücktritt von allen Parteiämtern gefordert.

Schwaben
:Totalschaden bei den Freien Wählern

Die Affäre um die Alkoholfahrt des Freie-Wähler-Landtagsabgeordneten Pohl hat nun einen Rücktritt zur Folge. Allerdings ist es nicht er, der hinschmeißt.

Von Stefan Mayr

Zu einem richtigen Rücktritt ließ sich der 50-jährige Anwalt in den vier hitzigen Stunden in Enkering (Landkreis Eichstätt) aber nicht bewegen. Stattdessen lässt Pohl seine Posten als Vizechef der Landtagsfraktion und als Chef des Bezirks Schwaben lediglich "ruhen". Damit sind nicht alle Freien Wähler zufrieden. "Ich bin sprachlos", sagt einer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Unterdessen steigt auch die Unzufriedenheit mit Parteichef Hubert Aiwanger: "Er hätte schneller reagieren müssen", sagt ein namhafter FW-Mann. Bereits bei der ersten Fraktionssitzung nach Pohls Alkoholfahrt sei es Konsens gewesen, dass "jede Sekunden, die man jetzt zögert, alles noch viel schlimmer macht", sagt ein Fraktionsmitglied. "Aber dieser Rat wurde von zwei Männern nicht wahrgenommen." Gemeint sind Aiwanger und Pohl. Am Donnerstag hatte Aiwanger noch beschwichtigt: "Alles wartet auf den Blutwert." Letztlich wurde dieser doch nicht abgewartet.

Alles hängt vom Blutwert ab

Offen ist, was mit Pohls Landtagsmandat geschieht. Aus juristischer Sicht muss er sich keine Sorgen machen. Er müsste schon wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt werden, um sein Mandat zu verlieren. Auch politisch fordert noch kein Parteikollege einen Rückzug aus dem Maximilianeum.

Das könnte sich aber ändern. "Wenn der Blutwert deutlich über 1,1 Promille ist, dann wäre das ein massiver Vertrauensbruch", sagt ein FW-Mitglied. Denn bis dato beteuert Pohl, der Atemtest hätte einen Wert von 1,16 Promille ergeben. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft liegt der Blutwert nach wie vor nicht vor. Sollte sich herausstellen, dass Pohl erheblich mehr Alkohol im Blut hatte als bislang behauptet, könnte es sein, dass Kollegen Pohls Rücktritt fordern - oder notfalls den Ausschluss aus der Fraktion.

© SZ vom 08.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: