Freie Wähler:Fraktion hält zu Felbinger

Vor dem drohenden Prozess gibt es dennoch kritische Stimmen

Von Lisa Schnell

Günther Felbinger stürmt zur Fraktionssitzung der Freien Wähler (FW). Schnell verschwindet er im Zimmer, setzt sich neben den Abgeordnetenkollegen Bernhard Pohl. Der kann wohl am besten nachvollziehen, wie Felbinger sich gerade fühlt. Pohl stand schon vor Gericht. Wegen Trunkenheit am Steuer wurde er verurteilt. Jetzt droht mit Felbinger dem zweiten Abgeordneten der Freien Wähler ein Gerichtsverfahren.

Es wird davon ausgegangen, dass das Plenum Felbingers Immunität am Donnerstag aufheben wird. Die Oberstaatsanwaltschaft München wirft ihm vor, den Freistaat mit Scheinabrechnungen um fast 56 000 Euro betrogen zu haben und will ihn wegen fünf Fällen des Betrugs vor dem Landgericht München anklagen. Die Fraktion hält dennoch an Felbinger fest. Stundenlang diskutiert sie am Mittwoch, ob ein Rauswurf gerechtfertigt sei. "Für die Fraktion ist jetzt keine Situation zu sagen, Felbinger geh heim", sagt FW-Chef Hubert Aiwanger nach der Sitzung. Ob Felbinger weiter als bildungspolitischer Sprecher tätig sein kann, wurde nicht diskutiert. Kurz nachdem die ersten Vorwürfe aufkamen, trat Felbinger von seinem Amt als stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für den öffentlichen Dienst und als FW-Bezirksvorsitzender von Unterfranken zurück. Außerdem zahlte er 65 000 Euro an das Landtagsamt.

"Die Fraktion ist wie eine Familie, die schmeißt niemanden raus", sagt Benno Zierer. Es gibt aber auch kritische Stimmen wie die von Landtagsvizepräsident Peter Meyer. "Ein Abgeordneter muss auch Rücksicht auf die Fraktion nehmen", sagt er. Vor allem in seinem eigenen Bezirk Unterfranken scheint der Rückhalt für Felbinger zu schwinden. Er werde von einigen nicht mehr zur Veranstaltungen eingeladen, heißt es. Ein Beschluss des Bezirksvorstands stellt klar, dass "Günther Felbinger den Interessen der Freien Wähler Schaden zugefügt hat". Felbinger soll von 2009 bis 2014 Werkverträge und sogar seine Miete zu Unrecht über seine Unkostenpauschale als Abgeordneter abgerechnet haben. So steht es in einem Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft an den Landtag. Er schloss Verträge mit der Kreiswählergruppe Main-Spessart der Freien Wähler, angeblich zur Unterstützung seiner parlamentarischen Arbeit. "Tatsächlich fand jeweils kein Leistungsaustausch statt", heißt es in dem Schriftstück der Staatsanwaltschaft. Auch die Miete für sein Bürgerbüro in Karlstadt soll sich Felbinger vom Landtagsamt erschlichen haben. Er schloss einfach einen Werkvertrag mit seinem Vermieter, so der Vorwurf. Das Geld bekam dieser aber nicht, weil er Felbinger bei seiner Arbeit als Abgeordneter half, wie der es dem Landtag mitteilte, sondern als Miete für die Büroräume. Felbinger habe für sich einen finanziellen Vorteil erreichen wollen, den Schaden für den Freistaat Bayern nahm er "zumindest billigend in Kauf", schreibt die Staatsanwaltschaft.

Die Hauptverhandlung wird wohl nicht vor 2017 beginnen. Sie könnte damit in den beginnenden Landtagswahlkampf fallen. Felbinger selbst schließt für sich nicht aus, dann wieder für das Parlament zu kandidieren.

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