Franken:Söder erklärt die Welt

CSU-Bezirks-Parteitag

Er sei deutscher Politiker und Finanzminister, betont Söder in Nürnberg. Er fordert einen harten Euro, "nicht einen, wo der Deutsche übervorteilt wird".

(Foto: dpa)

Mit 98 Prozent wird er als Nürnberger CSU-Bezirkschef bestätigt - und empfängt Streicheleinheiten von Seehofer

Von Olaf Przybilla

Nürnberg - Der Satz des Tages stammt weder von Söder noch von Seehofer. Michael Frieser spricht ihn aus und die Delegierten auf dem Bezirksparteitag der Nürnberger CSU begleiten ihn mit einem wohligen Raunen: "Gewählt wird man nicht für das Erbrachte, sondern für die Zukunft", glaubt Nürnbergs CSU-Vize zu wissen. Insofern wirke Söders Wahl-Ergebnis als Chef der CSU in Nürnberg, Fürth und Schwabach womöglich sogar über Fürth hinaus. So ist das also gedacht. Der Heimatparteitag als Sprungbrett für eine größere Aufgabe.

Markus Söder wird mit 98 Prozent im Amt bestätigt und 98 Prozent, das klingt schon ziemlich gut. Söder bekam zu Hause schon mal hundert Prozent, vor zwei Jahren war das, kurz vor der Kommunalwahl. Aber was soll's? Das ist eben nicht "Nordkorea", sagt Söder. Sondern Nürnberg. Und da sah es mit der Harmonie auch schon anders aus. Vor fünf Jahren, kurz nachdem Söder den Parteivorsitz in Nürnberg von Günther Beckstein übernommen hatte, zoffte sich die Partei ausgiebig und in aller Öffentlichkeit. An Nordkorea war da gar nicht zu denken. Insofern kann man Söder die "Rührung", von der er spricht, durchaus abnehmen. Zumal sämtliche Vize-Vorsitzenden deutlich schwächer abschneiden als er. In einem Bezirk, in dem die natürlichen Rivalen Nürnberg und Fürth gemeinsame Sache machen müssen, ist die Einheit eine komplizierte Angelegenheit.

Söder nutzt seinen lokalen Parteitag als Bühne. Dass die großen Blätter aus der Republik zu einer lokalen Krönungsmesse angereist sind, weiß er und erwähnt es gern. Es geht ihm um Griechenland und Russland, die ganz großen Themen. Zwar hat das alles sehr überschaubar mit Nürnberg und Fürth zu tun. Aber da gab es zuletzt auch nicht viel zu feiern, was die kommunalen Wahlerfolge der Söder-CSU betrifft.

"Ich bin deutscher Politiker und bayerischer Finanzminister", das ist Söders Messlatte. Auch das lässt er beiläufig einfließen: "Ich sitze ja manchmal in einer Talkshow." Bundesanspruch also, nicht Franken-Fernsehen. Griechenland sei an seiner Situation selbst schuld. Einen harten Euro fordere er, "nicht einen, wo der Deutsche übervorteilt wird". Einwanderungspolitik über das Asylrecht lehne er ab. Man könne nicht jedes Problem Europas lösen. Im Grunde ist Söders Rede eine Grundsatzrede für den CSU-Parteitag. Auch als Regierungserklärung tauglich. Nürnberg-Fürther Lokalpolitik? Erst mal nicht sein Thema. "Europa geht es gut, weil's uns Deutsche gibt", sagt er. "Und Deutschland geht es gut, weil's uns Bayern und Franken gibt."

Bei der Kommunalwahl hat Söders CSU letztes Jahr ein historisches Debakel erlebt. In Fürth ging sie ebenfalls unter, wenn auch nicht historisch. Diese Wahl aber sei in ganz Bayern durchwachsen ausgefallen, sagt Söder. Und es habe schließlich auch Erfolge gegeben im Söder-Land: in Schwabach. Einer größeren Kleinstadt. Schatten? "Gedämpftes Licht" war das. Die Niederlage in Nürnberg? Man habe es eben mit einem "erfolgreichen Oberbürgermeister" zu tun. Einem von der SPD.

Horst Seehofer stößt erst später zum Lokalparteitag mit potenziellem Kronprinzen. Und macht gleich den üblichen Flachs. Es geht mal wieder darum, wo sein Minister Söder - der Mann mit dem Heimatministerium in seiner Heimat - lieber ist: in München oder in Nürnberg. Und wo es ihm als Ministerpräsidenten lieber ist, wo Söder sich gerade aufhält. Ein Spiel, bei dem zwischen Spott und Ernst kaum noch jemand zu unterscheiden weiß. Söder und Seehofer vermutlich selbst nicht.

Einen schöne Satz zum schwierigen Verhältnis der beiden drechselt Seehofer: "Wir haben beide keine Entwicklungsstörung in Sachen Selbstbewusstsein." Das sagt eigentlich alles. Söder setzt sein breitestes Grinsen auf. Streicheleinheiten gibt es aber auch. Söder mache vorzügliche Arbeit. Maßstäbe habe er gesetzt, eine tragende Säule im Kabinett sei er. Das klang auch schon mal anders. Die Zusammenarbeit mit Söder sei nicht einfach, sagt Seehofer. Er sei aber sicher, "dass er das andersrum genauso sagt".

In die Augen müsse man sich schauen können. An diesem Tag schaffen die beiden das vergleichsweise gut. Nur eine kleinere Sottise erlaubt sich Söder in der Zeit, als Seehofer noch nicht da ist. Wenig für seine Verhältnisse. Er müsse sich jetzt jede Woche im Kabinett anhören, dass Ingolstadt aufgestiegen ist in die Bundesliga. Ingolstadt, meint das, ausgerechnet die Seehofer-Stadt. Eine Klasse über Nürnberg. Wenn das mehr als ein Jahr so bleibe, wäre das eine "psychische Herausforderung" für Söder. Spott oder Ernst? Vermutlich beides.

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