Franken:Mehr Grün für Nürnberg

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Bäume sind selten in Nürnbergs Altstadt, die Exemplare vor dem Heilig-Geist-Spital an der Pegnitz sind eine Ausnahme. (Foto: Johannes Simon)
  • Jedem Nürnberger innerhalb des Mittleren Rings stehen rechnerisch nur neun Quadratmeter Grün- und Parkfläche zur Verfügung - das will die Stadt ändern, indem sie Parks schafft und Bäume pflanzt.
  • Ein Richtwert von 20 Quadratmetern pro Bewohner ist festgelegt, wird aber selten erreicht.
  • Das Problem: Die Natur konkurriert mit Platz für Wohnraum. Und für Autos.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Der Platnersberg ist ein grüner Hügel in Nürnbergs Villenviertel Erlenstegen, nicht weit von der Stadtgrenze entfernt. Er ist umgeben von Gärten und alten Bäumen, von hier ist es nicht weit bis zu den großen Waldgebieten am Stadtrand. Die Gegend hat also keinen akuten Mangel an Grün - und trotzdem hat der Stadtrat gerade dort demonstriert, dass es ihm ernst ist mit einer Politik, die Umweltreferent Peter Pluschke (Grüne) so formuliert: "Wir machen in Nürnberg keinen Park zu Bauland."

In den Sechzigerjahren hat man das noch anders gesehen, damals hat die Stadt mitten auf den Platnersberg eine Seniorenwohnanlage gebaut. Doch nun darf der grüne Hügel nicht weiter angeknabbert werden. Der Stadtrat hat das Baurecht, das am Rande des Parks lag, kürzlich aufgehoben - und zwar in dem Moment, als ein Investor seinen fertigen Plan für eine Kindertagesstätte und ein Pflegeheim eingereicht hatte. Die Stadträte nahmen in Kauf, dass Nürnberg dem verhinderten Bauherrn eine Entschädigung zahlen muss.

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Denn Nürnberg hat sich vor einigen Jahren selbst mehr Grün verordnet. Vor allem innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern mangelt es an Naturoasen und Bäumen, weshalb die Temperaturen im Sommer dort deutlich über die der Umgebung steigen. Aber nicht nur in der Altstadt, auch in der erweiterten Innenstadt gibt es zu wenig Wiesen, Büsche und Bäume. Laut Stadtverwaltung stehen jedem Bewohner innerhalb des Mittleren Rings rechnerisch nur neun Quadratmeter Grün- und Parkfläche zur Verfügung. Das soll sich ändern, weshalb die Stadt vor einigen Jahren mit dem "Masterplan Freiraum" ein Programm gestartet hat, um die Situation zu verbessern und neue Parks zu schaffen - auch wenn diese in der Altstadt oft nur ein paar Quadratmeter groß sind.

2014, als das Dokument fertig auf dem Tisch lag, träumte man noch davon, innerhalb von fünf Jahren 25 Millionen Euro für den Masterplan auszugeben, fünf mal fünf Millionen Euro im Zeitraum 2016 bis 2020. Tatsächlich wurden es dann nur 6,5 Millionen, denn die klamme Stadt muss sparen. Nun geht die Grünoffensive nicht nur langsamer voran. Es zeigt sich auch, dass der Wunsch nach mehr Natur immer wieder mit dem nach mehr Wohnraum kollidiert.

Eigentlich gilt in Nürnberg seit 2009 ein Richtwert, der besagt, dass in neuen Wohngebieten pro Einwohner 20 Quadratmeter öffentliche Grünfläche geschaffen werden müssen. Aber das werde so gut wie nie umgesetzt, sagt Umweltreferent Pluschke: "Diesen Wert erreichen wir eigentlich nirgendwo." Denn die Vorgabe sei weich formuliert und lasse Alternativen zu. So können Bauherrn Ausgleichszahlungen leisten, um nahegelegene Parks aufzuwerten.

Otto Heimbucher, Vorsitzender des Bund Naturschutz (BN) in Nürnberg und Mitglied der CSU-Stadtratsfraktion, hält den Masterplan für eine gelungene Sache, ist mit dem Tempo, in dem dieser umgesetzt wird, aber "gar nicht zufrieden". Er bedauert, dass die ursprünglich vorgesehenen 25 Millionen Euro gestreckt wurden und damit alles in die Länge gezogen werde. Die Umsetzung sei "sehr zäh", es brauche zusätzliches Personal. Außerdem könnte die Stadt aus Sicht des BN insgesamt mutiger sein, mehr Parkplätze opfern, mehr Bäume pflanzen und, wenn's sein muss, auch mobiles Grün aufstellen.

Ein bisschen hat der Stadtrat kürzlich nachgebessert und das Budget, aus dem die Verwaltung Grünflächen ankaufen kann, erhöht: Von 80 000 Euro jährlich auf eine Million, womit auch eine neue Stelle finanziert werden soll. Das Geld ist unter anderem für den Platnersberg gedacht, aber insgesamt soll es natürlich mehr darum gehen, neue Parkflächen zu schaffen als bestehende zu retten. Umweltreferent Pluschke bremst dabei allzu hohe Erwartungen. Es sei "eines der schwierigeren Geschäfte", solche Flächen zu identifizieren.

Autobesitzer contra Grünfläche

In der Praxis gibt es weitere Schwierigkeiten. Bei vielen Projekten setze erst einmal ein "heftiges Ringen um diese und jene Kleinigkeit" ein, sagt der Umweltreferent. Wenn etwa ein Platz schöner gemacht werden soll, der bisher vor allem als Abstellfläche für Autos dient. Manchmal muss sich dann der Wunsch nach mehr Grün gegen die Autobesitzer durchsetzen - manchmal aber auch gegen die Vorstellungen von Architekten, die schön gepflasterte Plätze lieber mögen als Rasenflächen.

Unweit des Hauptbahnhofs gab es solch ein Ringen um den Nelson-Mandela-Platz. Dort hatten sich Anwohner in der Bürgerbeteiligung nicht für den Gewinner des städtebaulichen Wettbewerbs erwärmen können. Als Folge wird jetzt eine Planung mit Wiese und vielen Bäumen verwirklicht. Weitere Projekte zur Begrünung der Innenstadt sind in Vorbereitung: Im kommenden Jahr sollen zum Beispiel die Bagger anrücken, um einen Großparkplatz neben dem noch immer leer stehenden Quelle-Areal in einen Park umzuwandeln. Es tut sich also was in Sachen städtischem Grün, wenn auch langsamer als von vielen gewünscht.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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