Fracking in Bayern:Giftige Diskussion

Fracking

So funktioniert das umstrittene Fracking.

Die Staatsregierung widerspricht der Warnung der Grünen, Fracking könne in Bayern zum Einsatz kommen. Auch das Wirtschaftsministerium betont, dass es dafür keine Erlaubnis erteilt habe. Die Grünen sind nicht überzeugt - und erhalten Unterstützung von ungewohnter Seite.

Von Frank Müller, Christian Sebald

Die Staatsregierung hat dem Vorwurf der Landtagsgrünen scharf widersprochen, sie ermögliche in Bayern die Förderung von Erdöl und Erdgas mithilfe des höchst umstrittenen Frackings. "Wir haben eine klare Haltung: keine Fracking-Technik zur unkonventionellen Gasförderung unter Verwendung eines Giftcocktails", sagte Umweltminister Marcel Huber (CSU) am Montag. "Der Schutz unseres Grund- und Trinkwassers für nachfolgende Generationen hat höchste Priorität."

Wie die Grünen forderte Huber vom Bund "ein generelles Verbot für eine Gasförderung mit Giftstoffen". Die Staatsregierung setze sich dafür schon seit geraumer Zeit ein und habe im Berliner Koalitionsvertrag ein "faktisches Moratorium für Fracking durchgesetzt". Die Grünen blieben bei ihren Vorwürfen.

Der Streit entzündet sich an einer Erkundungslizenz, die das Wirtschaftsministerium einem Tochterunternehmen der britischen Rose Petroleum GmbH am 1. Februar 2014 erteilt hat. Damit gestattet der Freistaat der Naab Energie in Freiburg, in einem 2600 Quadratkilometer großen Gebiet rund um die oberpfälzische Stadt Weiden nach Erdöl- und Erdgasvorräten zu suchen. Eingeschlossen sind auch Vorkommen, die nur mittels Fracking gefördert werden könnten - indem man also mit hohem Druck große Mengen Flüssigkeit mit oft hochgiftigen Chemikalien in Tausende Meter Tiefe pumpt, so das Gestein aufsprengt und das Gas oder Öl darin löst, sodass es nach oben gefördert werden kann.

Wirtschaftsministerium erlaubt Fracking nicht

Vor allem die hochgiftigen Chemikalien mit ihren unabsehbaren Folgen für die Umwelt sind der Grund, warum Fracking so umstritten ist. "Hier kann es keine Kompromisse geben", sagt Huber, der seit Anbeginn des Streits über Fracking ein entschiedener Gegner der Fördermethode ist. "Solange nicht jegliche Risiken für Mensch und Natur sicher ausgeschlossen werden können, ist der Einsatz giftiger Substanzen nicht zu verantworten." Auch das Wirtschaftsministerium betont, dass man keine Erlaubnis für Fracking erteilt habe. "Und wir würden sie auch niemals geben", erklärte ein Sprecher. "Denn die Gefahren für das Grundwasser sind einfach zu groß." Ähnliche Erkundungsrechte besitzt Rose Petroleum auch in Baden-Württemberg in der Nähe des Bodensees. Auch dort hatte es schon Proteste gegeben.

Zugleich betonte das Wirtschaftsministerium, dass die Lizenz ausschließlich Erkundungen mittels seismischen Untersuchungen erlaube. Bohrungen oder gar Förderung seien nicht genehmigt worden. Sie müssten vielmehr separat beantragt und genehmigt werden. "Und eine Chance auf Genehmigung hätten ausschließlich konventionelle Bohrungen ohne Fracking", sagte der Sprecher.

Die Grünen zeigten sich davon nicht überzeugt. Wenn Fracking angeblich ausgeschlossen sein solle, sei nicht verständlich, warum die Lizenz sich ausdrücklich auch auf "unkonventionelle Förderung" erstrecke, sagte Fraktionschef Ludwig Hartmann im Landtag. Dies hatte auch Rose Petroleum selbst bestätigt. Darunter könne nur Fracking verstanden werden, sagte Hartmann. Bei positiven Untersuchungsergebnissen werde das Energieunternehmen also versuchen, die entsprechende Genehmigung auch zu erhalten. "Das betreibt man ja nicht zu Spaß, das betreibt man nur, wenn man vorhat, den Schatz auch zu heben." Da es für den Staat schwer werde, eine solche Genehmigung zu versagen, müsse er sich den Vorwurf gefallen lassen, "Fracking massiv vorzubereiten". Wer dies verhindern wolle, müsse die umstrittene Fördermethode auf Bundesebene komplett untersagen, sagte Hartmann.

Lizenz "heimlich, still und leise" erteilt

Skeptisch stimme auch, so die Grünen weiter, dass die vermuteten Vorkommen mit herkömmlichen Bohrungen gar nicht wirtschaftlich gefördert werden könnten. Dies werde durch die Vorgeschichte der jetzigen Lizenz klar. Sie beruht auf zufälligen Ölfunden, die die Stadt Weiden im Jahr 1989 bei Thermalwasserbohrungen machte. Die anschließend beantragte Förderlizenz wurde aber wieder aufgegeben. Das Wirtschaftsministerium habe dann im Jahr 2002 das Weidener Gebiet gar nicht mehr in einen Bericht über Rohstoffe in Bayern aufgenommen, sagte Hartmann. Deswegen sei es unverständlich, dass die Lizenz dem Unternehmen nun "heimlich, still und leise" gegeben worden sei. Für das Landtagsplenum in dieser Woche kündigte Hartmann mehrere Anfragen an.

Insider äußerten sich derweil skeptisch, dass sich für die Erdöl- und Erdgasvorräte bei Weiden überhaupt eine Förderung lohnt. "Die Vorkommen sind ja schon viele Jahre bekannt, ohne dass jemand sie hätte nutzen wollen", sagt einer, der nicht genannt werden will. "Im Vergleich zu den großen Förderstätten etwa in der Nordsee dürften sie viel zu unergiebig sein."

In der Branche kursiert denn auch die Vermutung, dass es dem Lizenznehmer nicht um eine Förderung geht, sondern um das Sammeln und den Weiterverkauf der gewonnenen Daten. "Denn sie sind es, womit solche Erkundungsfirmen für gewöhnlich ihr Geschäft machen", sagt der Insider. Die Firma Naab Energie selbst war für die SZ nicht erreichbar.

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