Fossilien aus Ettling:Fische aus dem Steinbruch

Fossilien aus Ettling: Fisch in Stein: Ein gut erhaltenes Exemplar aus Ettling.

Fisch in Stein: Ein gut erhaltenes Exemplar aus Ettling.

(Foto: Martina Kölbl-Ebert)

Vor 150 Millionen Jahren gab es bei Eichstätt ein tropisches Flachmeer, das von Inseln, Korallenriffen und tiefen Becken geprägt war. Bis heute geben die Plattenkalke bei Ettling noch nie gesehene Tierschätze frei.

Von Hans Kratzer, Eichstätt

Je kleiner die Ortschaft, desto schillernder ihre Vergangenheit. Diese Regel trifft haargenau auf Ettling zu, einen Ortsteil von Pförring im Landkreis Eichstätt. Laut einer Sage wollte Hagen von Tronje in dieser Gegend das Schicksal der Nibelungen ergründen. Vielleicht hat er sich dabei auch auf den Steinbruch verirrt, ohne zu ahnen, welch einzigartige Fossilien sich dort erhalten haben. Bei wissenschaftlichen Grabungen sind in den vergangenen Jahren Fischarten zum Vorschein gekommen, wie man sie noch nie gesehen hat.

"Seit zwei Jahrhunderten sind die bayerischen Plattenkalke weltberühmt für ihre fossilen Wirbeltierfunde", sagt Martina Kölbl-Ebert, die Leiterin des Jura-Museums in Eichstätt. Und doch wird noch immer Neues entdeckt, ungeachtet der langen Zeit des Steinabbaus. Die Plattenkalke von Ettling gehören zum Solnhofener Archipel, einem 150 Millionen Jahre alten tropischen Flachmeer, das von Inseln, Korallenriffen und tiefen Becken geprägt war. Dort lagerten sich die Solnhofener Plattenkalke ab, die durch ihre Wirbeltierfossilien Aufsehen erregten, vor allem durch den Urvogel Archaeopteryx. Die aktuelle Forschungsgrabung in Ettling erschließt eines dieser Plattenkalkbecken. Die entdeckten Versteinerungen ermöglichen eine Zeitreise in eine tropische Insel-, Riff- und Lagunenlandschaft. "Ungewöhnlicherweise sind 95 Prozent aller in Ettling gefundenen Fossilien Fische", sagt Kölbl-Ebert.

Fischfauna mit vielen unbekannten Arten

Dass größere Fische gefunden werden, passiert aber nur selten. Der Stein ist weich, oft bestehen die Fossilien nur aus Bruchstücken. Dafür ist der Erhaltungszustand außerordentlich gut. Die Funde von Ettling belegen eine Fischfauna mit vielen unbekannten Arten (von oben links im Uhrzeigersinn: Holotypus des Schmelzschuppers Macrosemimimus fegerti; kleiner Vertreter der Teleostei mit Beutefisch im Maul; Strahlenflosser Thrisops formosus; Pflasterzahnfisch Turbomesodon relegans; Besenfisch Amiopsis lepidota). An ihnen wird ersichtlich, wie die Strahlenflosser, die 96 Prozent aller Fische ausmachen, in der Jurazeit ihre Vielfalt entwickelten. "Wir sehen in Ettling durch ein einzigartiges Fenster der Erdgeschichte und der Fisch-Evolution", sagt Kölbl-Ebert.

Bisweilen haben sich die Knochen und sogar die Farben bis in feinste Einzelheiten erhalten. Die Mageninhalte geben Aufschluss über die Lebensweise der Fische. Interessant ist auch, dass sich die Zusammensetzung der fossilen Tier- und Pflanzenwelt von Ettling grundlegend von anderen Fundstellen wie Eichstätt, Solnhofen und Schamhaupten unterscheidet: Hier funktionierte das Ökosystem offensichtlich anders. Wie das geschah, das treibt die Wissenschaftler des Jura-Museums um. Der Pflasterzahnrifffisch "Proscinetes" taucht beispielsweise in den bayerischen Plattenkalken nur hier auf, ansonsten ausschließlich in Frankreich.

Die besten Funde aus den Solnhofener Plattenkalken werden im Jura-Museum auf der Willibaldsburg in Eichstätt präsentiert. Schauaquarien mit Riffkorallen, Fischen und Fossilien zeigen die bunte Vielfalt von Meeresbewohnern der Jurazeit vor 150 Millionen Jahren (geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16 Uhr. Telefon 08421/2956.

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