Forschung in Bayern:Wie Universitäten und Rüstungsindustrie kooperieren

An welcher Uni forschen Doktoranden an neuen Drohnen? Wo werden Materialtests für die Bundeswehr durchgeführt? Und welcher Lehrstuhl profitiert von einem Zuschuss des Pentagon? Ein Überblick über Kooperationen zwischen Wissenschaft und Rüstungsindustrie.

Von Martina Scherf

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Quelle: SZ

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An welcher Uni forschen Doktoranden an neuen Drohnen? Wo werden Materialtests für die Bundeswehr durchgeführt? Und welcher Lehrstuhl profitiert von einem Zuschuss des Pentagon? Ein Überblick über Kooperationen zwischen Wissenschaft und Rüstungsindustrie.

Ottobrunn: Doktoranden tüfteln an der Drohne

Die Bundeswehruni München, die TU München, die TU Chemnitz, die Technische Hochschule Ingolstadt und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickeln mit der EADS-Tochter Cassidian die Drohne Sagitta (lateinisch "Pfeil"). Reine Grundlagenforschung, betont ein Cassidian-Sprecher, die gleichermaßen der zivilen wie der militärischen Luftfahrt zugute komme. Doch in firmeneigenen Präsentationen wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass Sagitta langfristig ein Geschäftsmodell wird. Bis dahin biete das Projekt der Firma "die Möglichkeit, Zugang zu Spitzenabsolventen der Ingenieurswissenschaften zu bekommen". 21 Doktoranden tüfteln an der Drohne. Der Standort Ottobrunn hat Tradition: Während des Zweiten Weltkriegs ließen die Nazis dort forschen, es wurden unter anderem Triebwerke für Kampfflugzeuge entwickelt. KZ-Häftlinge aus Dachau verrichteten die Bauarbeiten.

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Erlangen: Materialtests für die Bundeswehr

Die Kompetenz der Universität Erlangen-Nürnberg in der Materialforschung nutzt neben Industriepartnern auch das Bundesverteidigungsministerium. Die Erlanger sind führend bei der Prüfung von modernen Verbundwerkstoffen mit Hilfe von Kurzwellen. Damit lassen sich zum Beispiel winzige Risse in Windkraft- oder Flugzeugflügeln finden. Auch die Bundeswehr verwendet die neuen Materialien für ihre Fahrzeuge, daher das Interesse an der Prüfung. Der Vertrag mit dem Verteidigungsministerium läuft über drei Jahre und finanziert eine Mitarbeiterstelle. Professor Lorenz-Peter Schmidt sagt, dieses Projekt sei ethisch vertretbar, weil es so vielseitig sei. Reine Rüstungsforschung würde er nicht machen: "Darauf sind wir zum Glück nicht angewiesen, es gibt genug andere Förderlinien." Die Forschungsergebnisse würden selbstverständlich veröffentlicht.

Eurocopter X3 helicopter is presented at ILA Berlin Air Show in Selchow

Quelle: REUTERS

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Augsburg: Campus für Uni und Rüstungsfirmen

Vor den Toren der Universität Augsburg entsteht ein "Innovationspark", an dem sich wichtige Rüstungsfirmen beteiligen. Premium Aerotec, ein Unternehmen, das am Bau von Eurofighter und Tornados beteiligt ist, hat sich bereits angesiedelt, Eurocopter, MT Aerospace und andere sollen folgen. Geschäftsführer des von Staat, Stadt und Universität euphorisch begrüßten Forschungscampus ist Jano von Zitzewitz, Ingenieur und Abteilungsleiter bei Eurocopter im EADS-Konzern, er wurde von seinem Arbeitgeber für drei Jahre für diese Position freigestellt. Der Ingenieur Manfred Hirt, Vorstandsmitglied der Renk AG, die schon für die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg bahnbrechende Erfindungen tätigte und heute unter anderem Panzerantriebe herstellt, ist Honorarprofessor der TU München, Vizepräsident des Förderkreises Deutsches Heer und Vorsitzender im Kompetenzrat des Innovationsparks.

Eignungsfeststellung KSK

Quelle: IMZ- Bildarchiv/Bundeswehr

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München: Hochschulen erforschen Wehrtechnik

Die Münchner Hochschulen erhalten zahlreiche Aufträge für wehrtechnisch relevante Forschung. Das Pentagon hat bisher etwa 850.000 Dollar an die LMU gezahlt, den größten Betrag erhielt ein Projekt zur Herstellung umweltverträglicher Sprengstoffe. Chemiker Thomas Klapötke steht dazu: "Wenn man an das Nato-Bündnis glaubt, ist es nicht verwerflich, seine eigenen Leute mit gutem Material auszustatten", - die US-Army agiert aber bekanntlich auch ohne Nato-Auftrag. Mediziner der LMU forschen im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums, wie sich Stammzellen bei der Heilung von Giftgas-geschädigter Haut einsetzen lassen. Im Forschungsreaktor der TU München wird getestet, wie Elektronikbauteile radioaktive Strahlung überstehen. Die Bundeswehruni Neubiberg soll herausfinden, wie sich die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft von Soldaten im Kfor-Einsatz steigern lässt.

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Bayreuth: Pentagon fördert Textilforschung

Spinnenseide ist ein äußerst reißfestes Naturprodukt, dehnbarer als Gummi, belastbarer als Stahl, doch seine chemische Struktur ist sehr schwer nachzuahmen. Als die Wissenschaftler am Lehrstuhl für Biomaterialien der Universität Bayreuth ihre ersten Erfolge mit dem neuen Wunderwerkstoff verkündeten, horchte die Welt auf. Schier unendliche Anwendungen in Industrie und Medizin taten sich auf. Jetzt hat sich herausgestellt, dass das Pentagon rund 100.000 Euro in das Projekt investiert hat, denn die neuen Hightech-Textilien könnten unter anderem auch zur Produktion schusssicherer Westen oder minenfester Hosen dienen. Auch das Bundesverteidigungsministerium hat Projekte in Bayreuth finanziert, zum Beispiel die Erforschung von Mikroemulsionen, die bei der Dekontamination verschiedener Oberflächen anwendbar sind.

© Süddeutsche.de/infu
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