Flüchtlinge in Bayern:San mia no mia? Oder wer sonst?

Bruck: ALTSTADTFEST / Fest der Kulturen

Trachtler der Blaskapelle Schöngeising beim Altstadtfest in Fürstenfeldbruck. Auch Flüchtlinge waren zu dem Fest eingeladen und feierten mit.

(Foto: Johannes Simon)

Bayern ächzt unter plötzlicher Zuwanderung, die manche Überfremdung nennen. Die eigene Identität sei bedroht, heißt es, die christlichen Werte und überhaupt die Leitkultur. Wo bleibt denn da das Selbstbewusstsein?

Kommentar von Franz Kotteder

Dieser Tage kommt man unweigerlich schwer ins Grübeln über die bayerische Identität. Der Rest der Republik findet ja bekanntermaßen das bräsige Selbstbewusstsein, das sich in dem Satz: "Mia san mia!" so gern zur Schau stellt, schwer erträglich. Aber der Rest der Republik weiß meistens auch nicht, dass hinter der Behauptung nur ein recht fragiles Selbstbewusstsein zu stecken scheint.

Das zeigt sich derzeit besonders deutlich, da das Land unter plötzlicher Zuwanderung ächzt, die manche Überfremdung nennen. Die eigene Identität sei bedroht, heißt es dann, die christlichen Werte und überhaupt die Leitkultur. Ja was ist denn das für eine Identität, die schon einknickt, bloß weil ein geringer Prozentsatz der hier lebenden Menschen einen anderen Glauben hat? Wo bleibt denn da das Selbstbewusstsein?

Das kann's ja auch nicht sein: Selber nicht mehr in die Kirche gehen, aber über den Verlust christlicher Werte jammern. Und dann die schiere Menge der Zuflucht Suchenden! Notstand heißt es dann, Notwehr sei gar nötig. Die Lage ist gewiss schwierig, keine Frage. Aber muss man deshalb verzagen? Man fragt sich ja: Wie haben die Altvorderen das eigentlich nach dem letzten Krieg hinbekommen? Das Wirtschaftswunder und so? Vielleicht haben sie sich einfach etwas zugetraut.

Gewiss, es gibt auch noch die anderen, die Mutigeren. "Mia san ned nur mia" hieß zum Beispiel die Benefizaktion, an der sich erfreulicherweise auch der Bayerische Rundfunk mit einer Fernsehsendung beteiligte. Aber was mussten die Bayern in den Rundfunkspots, die auf das Ereignis am vergangenen Montag hinwiesen, hören? Ein "ned", das ausgesprochen wurde wie "nett".

Lieber BR, bitte merke Dir: "Ned" spricht sich im Bairischen ungefähr wie "neeeeed", also mit mindestens fünf E und einem weichen D. Die eigene Identität beginnt nämlich schon mit der Sprache. Aber vielleicht zeigt sich da ja schon, dass der Bayer inzwischen das größte Problem nicht mit anderen, sondern mit sich selber hat. Und wenn er vor lauter Kraft nicht laufen kann und die Hosenträger schnalzen lässt, dann meint er eigentlich nicht sich, sondern bloß diesen einen Fußballverein. In dessen Elf übrigens nicht wenige Zuwanderer spielen.

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