Flüchtlinge in Bayern:Leben im Stillstand

Etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf - ist das alles, was man zum Leben braucht? In bayerischen Asylbewerberheimen führen Flüchtlinge ein Leben in der Warteschleife. Dort gibt es zwar keinen Krieg, aber auch kein echtes Leben.

Eine Fotoreportage von Mansour Aalam

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Quelle: Mansour Aalam; Mansour Aalam

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Um Asyl zu erzwingen, traten Flüchtlinge im vergangenen Sommer auf dem Münchner Rindermarkt in den Hungerstreik. Was bewegt Menschen, die es aus ihrer kriegszerstörten Heimat sicher nach Deutschland geschafft haben, zu einer solch extremen Form des Protests? Eine Fotoreportage von Mansour Aalam, die zeigt, dass ein Heim nicht auch daheim bedeutet.

Sie treten aus ihrem Asylbewerberheim und sind konfrontiert mit - nichts. Kein Krieg, keine Zerstörung, keine Armut. Aber auch kein Leben. Viele Unterkünfte in Bayern sind überfüllt, viele Flüchtlinge dürfen nicht in eigene Wohnungen ziehen, dürfen nicht arbeiten. Nicht einmal den Regierungsbezirk, in dem sie untergebracht sind, dürfen sie in Bayern verlassen. Ihr Leben steht still.

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Das Asylbewerberheim in Tirschenreuth liegt außerhalb des Orts, der selbst nur knapp 10.000 Einwohner hat. Nicht einmal Straßenbeleuchtungen gibt es hier noch, das einzige Licht kommt bei Nacht von den Scheinwerfern der vorbeifahrenden Autos.

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Ein Leben in der Warteschleife: Behruz (rechts) lebt seit knapp zwei Jahren in Deutschland, 14 Monate lang war er auf der Flucht. Im vergangenen Sommer ist er mit anderen Asylbewerbern in den Hungerstreik am Rindermarkt getreten. Ali sitzt neben ihm. Jeden Tag. Beide kommen aus dem Iran, in Tirschenreuth sind sie Freunde geworden.

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Es ist ein Gefühl von Gefangenschaft: Während draußen das Leben weitergeht, verbringen sie ihre Zeit im Standbymodus, haben ihr eigenes Leben vorerst eingefroren und können nur hoffen, dass das Warten bald ein Ende hat.

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Selten fahren Busse in die größeren Städte. Nicht einmal ein kleines Dach oder eine Bank gibt es hier an der Bushaltestelle. Sechs Euro kostet eine Fahrt raus aus Tirschenreuth, sechs Euro wieder zurück.

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Im Laufe der Zeit schlägt die Ruhe und Beschaulichkeit der Umgebung in Einsamkeit um. Die Flüchtlinge sind täglich konfrontiert mit sozialer Isolation, Perspektivlosigkeit und dem Gefühl, dass das eigene Leben an ihnen vorbeizieht.

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Behruz kämpft am meisten mit der Unmöglichkeit, seinen Tag zu strukturieren, in dem es nichts zu tun gibt, nichts, wofür man aufstehen muss. Wochentage, Wochenenden, morgens, abends - diese Kategorien haben für ihn keine Bedeutung.

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Ali hält die Untätigkeit nicht mehr aus. Im vergangenen Jahr nahm er an dem zweiwöchigen Protestmarsch der Flüchtlinge durch Bayern teil und verschanzte sich mit den anderen Demonstranten anschließend im Münchner Gewerkschaftshaus.

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Auch in Weiden, eine Stunde mit dem Überlandbus von Tirschenreuth entfernt, gibt es ein Asylbewerberheim. In einer alten Kaserne. Pro Zimmer leben hier etwa drei bis vier Flüchtlinge über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren.

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Die Lage der Heime sind für die Bewohner denkbar ungünstig: Kleine Städte wie Tirschenreuth bieten keine Deutschkurse an. Ihre Zeit würden die Asylbewerber gerne nutzen, um ihr neues Leben aufzubauen. Doch ohne die Aufenthaltserlaubnis ist das schwierig.

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Karim (Name geändert) hat über zwei Jahre im Asylbewerberheim in Weiden gelebt. Bevor er vor einigen Wochen den Aufenthaltstitel bekam, wäre er in der Einöde fast verzweifelt.

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Eine der wenigen Zerstreuungen in der Umgebung ist eine heruntergekommene Spielothek. "Die Langeweile macht uns wahnsinnig", sagen die Heimbewohner. Doch bei 150 Euro, die sie im Monat zur Verfügung haben, ist auch die Spielhalle schnell keine Option mehr.

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Auf dem Sperrmüll haben die Flüchtlinge in Weiden einen alten, ausrangierten Computer gefunden und wieder in Betrieb genommen. Immer wieder kaufen sie sich Handy-SIM-Karten, um damit auf umständliche Art Zugang zum Internet zu bekommen, der ihnen vom Heim nicht gestellt wird. Der PC dient ihnen als Luke zur Außenwelt, als Kontaktfenster zu zurückgelassenen Freunden und Verwandten. Auf dem Bildschirm sieht man eine Aufnahme von einem ihrer Proteste.

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Zu den wenigen Dingen, die in den Heimen wirklich jedem zur Verfügung stehen, gehört der Fernseher. Jedes Zimmer hat einen eigenen. Er läuft den ganzen Tag über und empfängt auch internationale Sender.

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Auf der verzweifelten Suche nach ein wenig Normalität: Über die Feiertage haben die Heimbewohner einen kleinen Weihnachtsbaum aufgestellt und dekoriert.

© Süddeutsche.de/Carolina Torres/afis/rus
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