Finanzen:Augsburg bittet zur Kasse

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Die Steuererhöhungen sollen jährlich zusätzlich 17 Millionen Euro in die Kassen Augsburgs spülen. (Foto: Imago)

Die Stadt will Gewerbe- und Grundsteuer erhöhen um ihre Etatlöcher zu stopfen - und stößt damit auf Widerstand

Von Stefan Mayr, Augsburg

Die vergangenen Monate waren für Eva Weber die schwierigsten, seitdem sie 2014 zur zweiten Bürgermeisterin Augsburgs gewählt wurde. Die CSU-Politikerin ist sowohl für das Finanz- als auch das Wirtschaftsreferat verantwortlich, damit ist sie täglich einer Doppelbelastung ausgesetzt. Was jetzt noch obendrauf kam: Bei den Beratungen zum städtischen Haushalt 2016 musste sie erstens allen anderen Referenten auf die Füße steigen und Sparmaßnahmen abringen. Zweitens muss sie sich auch noch bei den Bürgern und bei den Unternehmern unbeliebt machen: Denn sie ist fest entschlossen, sowohl die Gewerbesteuer als auch die Grundsteuer zu erhöhen.

Die Stadt will also ihren Einwohnern und Firmen in die Taschen greifen, um die großen Etatlöcher zu stopfen. Mieterverein, Industrie- und Handelskammer (IHK) protestieren kräftig, sogar die CSU-eigene Nachwuchsorganisation Junge Union fordert ein Umdenken. "Das macht keinen Spaß", sagt Eva Weber zu ihren Plänen, "aber wir kommen nicht drumrum."

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Das kann man so stehen lassen: Bei der Genehmigung des Haushalts von 2015 hatte die Regierung von Schwaben deutlich klar gemacht, dass die Stadt über ihren Verhältnissen lebe und schleunigst die unterdurchschnittlichen Steuersätze anzuheben habe. "Wir regen an, den Finanzplan an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen", hieß es in dem Genehmigungsbescheid - verbunden mit dem Hinweis, dass die Steuersätze in Augsburg weit unter dem Durchschnitt liegen.

Auf dieses Schreiben beruft sich Eva Weber nun, um ihren Meinungswandel um 180 Grad zu begründen. Denn bis 2014 hatte sie als Wirtschaftsreferentin ohne Haushaltsverantwortung stets vehement eine Gewebesteuererhöhung abgelehnt. Heute sagt sie: "Wir haben zuletzt unglaublich viel in die Infrastruktur investiert, davon hat auch die Wirtschaft profitiert."

Das sieht Gerd Finkbeiner, Vizepräsident der IHK Schwaben, ganz anders: "Diese Pläne sind kurzsichtig und überschätzen die eigene Wettbewerbsfähigkeit als Standort." Er befürchtet, dass Unternehmen ins steuergünstigere Umland abwandern - und dass ansiedlungswillige Firmen aus dem Großraum München abgeschreckt werden, wenn die Augsburger Hebesätze fast auf Münchner Niveau klettern. Im Februar wird es ein Gespräch mit Unternehmern und Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) sowie Eva Weber geben. "Uns schockt vor allem die Größenordnung der Pläne", sagt Finkbeiner.

Ähnlich unzufrieden ist Thomas Weiand, Vorsitzender des Augsburger Mietervereins. "Die Mieten explodieren ohnehin, und anstatt etwas dagegen zu tun, erhöht die Stadt jetzt auch noch die Steuern." Weiand zufolge werde die Grundsteuererhöhung direkt an die Mieter weitergegeben. Er prophezeit, dass es in der Stadt für viele ärmere Menschen bald keinen bezahlbaren Wohnraum mehr geben wird.

Auch wegen des starken Zuzugs aus München wuchs Augsburg auf inzwischen 286 000 Einwohner an. Tendenz: immer schneller steigend. Der Wohnungsbau hinke dieser Entwicklung extrem hinterher, sagt Weiand. Auch die städtische Wohnbau-Gesellschaft mache hier "viel zu wenig". Erschwerend komme hinzu, dass es in Augsburg im Gegensatz zu München, Nürnberg und Regensburg immer noch keinen Mietspiegel gebe. "Das ist eine Farce", sagt Weiand, "ich vermisse ein Konzept der Stadt, um den Zuzug zu bewältigen."

Der öffentliche Widerstand wird an Eva Webers Plänen allerdings nicht mehr viel ändern: Ihr Haushaltsentwurf ist mit den Koalitionspartnern SPD und Grüne abgestimmt, er wird wohl im März vom Stadtrat abgesegnet werden. Die Steuererhöhungen sollen pro Jahr zusätzlich 17 Millionen Euro in die Stadtkasse spülen. OB Gribl äußert zwar Verständnis für die Kritik der Interessensgruppen, betont aber auch, die Belastungen für die einzelnen Firmen oder Bürger seien "nicht allzu hoch". Die Steuererhöhung sei "unabweisbar notwendig", weil vor allem die Ausgaben im Sozialbereich stetig steigen.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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