Finanzen:Doppelhaushalt mit Rekord-Ausgaben

Plenarsitzung im Landtag

"Keine Schulden, Schuldentilgung, hohe Investitionen, solide Rücklagen": Finanzminister Markus Söder findet seinen Haushalt super.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Keine Schulden, Schuldentilgung, hohe Investitionen, solide Rücklagen: So sieht der Haushalt 2017/18 für den Freistaat aus.
  • Finanzminister Söder plant so hohe Ausgaben wie nie zuvor.
  • Die Opposition im Landtag übt scharfe Kritik an den Plänen Söders.

Von Wolfgang Wittl

Der wichtigste Tag im Parlamentsjahr, von dem Markus Söder gleich sprechen wird, beginnt erstaunlich leer. Und mit der unweigerlichen Frage: Warum ist die Regierungsbank bei dieser so wichtigen Debatte so dünn besetzt? Nur Marcel Huber, der Chef der Staatskanzlei, und Söders Staatssekretär Albert Füracker haben Platz genommen. Das aber ficht den Finanzminister nicht an. Söder geht noch einmal seine Rede durch, bespricht sich kurz mit Füracker, wedelt ungeduldig mit seinem Manuskript.

Um 10.09 Uhr schließlich darf er am Donnerstag endlich ans Rednerpult: Haushaltsdebatte, die erste zum neuen Doppelhaushalt 2017/18. Es geht um die Frage, wie viel Geld der Freistaat in den kommenden beiden Jahren wofür ausgibt. Noch mehr allerdings darum, was die CSU aus ihrer Sicht richtig macht - und aus Sicht der Opposition falsch.

Nicht nur Rechenschaft geben, sondern Perspektiven eröffnen wolle die Staatsregierung mit diesem Zahlenwerk, beginnt Söder seine Rede. 5100 Seiten ist der Haushalt stark, das Exzerpt des Ministers lautet: "Keine Schulden, Schuldentilgung, hohe Investitionen, solide Rücklagen - das ist die mathematische Erfolgsformel für die Zukunft, und die gibt es nur in Bayern." Die wesentlichen Zahlen dieser Formel: Ausgaben von 117,2 Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre, ein Drittel davon für Bildung und noch mehr für Personal, ein Anstieg um insgesamt 3,3 Prozent. Ohne neue Schulden komme der Freistaat zum bereits 13. Mal in Serie aus, beispielgebend für ganz Deutschland sei dieser Doppelhaushalt. Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen nehme nächstes Jahr 1,8 Milliarden neue Verbindlichkeiten auf. Die Pro-Kopf-Verschuldung in Bayern? "2317 Euro." In Nordrhein-Westfalen: "10 730 Euro."

Bis dahin bleiben Söders Ausführungen weitgehend unwidersprochen. Das ändert sich, als er über die Flüchtlingspolitik zu reden beginnt. Neun Milliarden Euro für Flüchtlinge gebe der Freistaat von 2015 bis 2019 aus, rechnet Söder vor. Und er wiederholt seine Aussage, dass er es nicht für gerecht halte, bis zu 5000 Euro monatlich für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auszugeben, deutsche Rentner dagegen müssten mit ein paar Hundert Euro auskommen. "Unverschämtheit", "widerlich", wüten daraufhin Abgeordnete der Grünen. Die Rufe erreichen Söder lediglich im Rücken. Wie so oft bei seinen Reden wendet er sich nur der eigenen CSU-Fraktion zu, nicht mal bei den Protesten dreht er sich um: "Ich höre Sie auch so", sagt er in Richtung Opposition. Sogar seinen umstrittenen Tweet nach den Anschlägen von Paris verteidigt Söder, dass er recht behalten habe mit seiner These, dass mit den Flüchtlingen auch Terroristen kämen.

Es sind wohl Sätze wie diese, die Harald Güller, den haushaltspolitischen Sprecher der SPD, erwidern lassen: Nur "eine Aneinanderreihung von Schlagworten, Selbstlob, Selbstbeweihräucherung und eine Personality-Show à la Söder" habe er vernommen. Ja, es handele sich durchaus um einen Haushalt der Rekorde, sagt Güller, um Rekorde bei den Ausgaben. Die SPD wirft der Staatsregierung Versäumnisse beim Wohnungsbau vor ("kein Wort dazu"), auch bei der Infrastruktur hänge Bayern hinterher. Durch den verschleppten Ausbau und das zögerliche Instandhalten von Verkehrswegen, Brücken und Gebäuden steige nur die versteckte Verschuldung, kritisiert Güller.

Scharfe Kritik aus der Opposition

Die angekündigte Barrierefreiheit bis 2023? "Nur große Worte!" Der von Söder gelobte Breitbandausbau? "Danke, dass Sie den Anträgen der SPD der vergangenen Jahre gefolgt sind!" Güller zeichnet ein Bild, wie die SPD die bayerische Zukunft sieht: kostenlose Kitas, mehr Wohnungen, mehr Gerechtigkeit. Zur Asylpolitik der CSU sagt er: "Was nützt alle finanzielle Unterstützung, wenn Sie Ihr christliches Weltbild vergessen haben?"

Auch die Grünen werfen Söder und der CSU vor, das Land zu spalten. Minderjährige Flüchtlinge gegen Rentner: "Bedürftige Menschen werden gegen andere Bedürftige ausgespielt", klagt Claudia Stamm. "Was Sie können, ist polarisieren statt gestalten." Der Staatsregierung hält sie leere Versprechen und Planlosigkeit vor. Wie die SPD bezweifelt auch Stamm, dass die Ankündigung von Ministerpräsident Horst Seehofer, der Freistaat werde bis 2030 schuldenfrei sein, einzuhalten sei. Im bisherigen Tempo werde es bis 2054 dauern, oder noch länger. Die CSU verstehe es nicht, Akzente zu setzen. "Es ist erschreckend, dass Sie mit so viel Geld so wenig anfangen können." Söders Bilanz sei nur möglich, da er die Rücklagen von gut sechs Milliarden Euro in einem Jahr auf 1,5 Milliarden Euro abgeschmolzen habe. "Ideenlosigkeit in Schwarz", lautet Stamms Fazit.

Der Länderfinanzausgleich schmerzt die Staatsregierung

Ein Punkt, der alle Parteien beschäftigt, sind Bayerns Zahlungen in den Länderfinanzausgleich. Die liegen in den kommenden beiden Jahren bei 12,4 Milliarden Euro. Das schmerze, sagt Söder. Bernhard Pohl (Freie Wähler) fordert, die Staatsregierung müsse bei den Verhandlungen mit Bund und Ländern "mehr rausholen und endlich liefern". Nicht eine Milliarde Euro, wie es die CSU anstrebt, sondern 2,7 Milliarden Euro müssten wieder in den Freistaat zurückfließen, verlangt Pohl.

Es ist auch der Grund, warum Seehofer auf der Regierungsbank fehlte. Er verhandelte mit der Kanzlerin und Ministerpräsidenten in Berlin zum Länderfinanzausgleich. Eine von Sat.1 in Auftrag gegebene Umfrage am Donnerstag ergab, dass zwei Drittel der CSU-Wähler Seehofer für am geeignetsten halten, die Interessen der Partei im Bund zu vertreten. 57 Prozent sind seiner Ansicht, der CSU-Chef müsse künftig in Berlin sitzen. Auch das ist am wichtigsten Tag im Parlamentsjahr ein Thema.

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