FDP und CSU streiten über Ausstieg:Liberales Lebenszeichen

Bayerns Liberale sind strikt gegen einen Atomausstieg bis 2022 - und streiten sich lieber heftig mit der CSU. Doch wer gibt in der FDP den Ton an? Die Kabinettsmitglieder sind es jedenfalls nicht.

Mike Szymanski

Sie fühlen sich in diesen Tagen wie Sieger in der bayerischen FDP, denn die Liberalen haben sich CSU-Chef Horst Seehofer widersetzt. Am Montag und Dienstag hat Ministerpräsident Horst Seehofer vergeblich versucht, die FDP auf seinen Atomausstiegskurs mit Enddatum 2022 zu zwingen. Es gab Vier-Augen-Gespräche und eine Kabinettssitzung, in der CSU-Umweltminister Markus Söder mit Rücktritt drohte, wenn es nicht nach seinem Willen gehe.

Pressekonferenz zur Kabinettssitzung

Bayerns Umweltminister Markus Söder (von links), mit Ministerpräsident Horst Seehofer (beide CSU) und Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP): In der Atomfrage hat die FDP der CSU die Alleinregierung in Bayern nicht durchgehen lassen.

(Foto: dapd)

Die CSU hat maximalen Druck auf ihren kleinen Koalitionspartner ausgeübt. Am Ende dieser Woche ist FDP-Fraktionschef Thomas Hacker, 43, mit sich und seiner Partei sehr zufrieden. "Es war vielleicht auch mal wieder nötig, der CSU zu zeigen, dass die FDP eigenständig und geschlossen ist."

Es war in jedem Fall höchste Zeit. Seit zweieinhalb Jahren regieren CSU und FDP den Freistaat. Aber in der Atomfrage hatte Seehofer schon wieder so getan, als würde die CSU alleine regieren. Dass die FDP ihm das nicht hat durchgehen lassen, hat auch viel mit der Person Hacker zu tun. Der 43-jährige Abgeordnete aus Bayreuth gehört zu jenen Kräften, die darauf bestanden haben, beim Ausstieg Kurs zu halten. Wirtschaftsminister Martin Zeil und Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch sollen schon kurz davor gewesen sein, Seehofer entgegen- zukommen - um des lieben Friedens willen.

Dann aber soll Hacker aufgemuckt haben, mit der Fraktion im Rücken. Darüber redet Hacker in seiner unaufgeregten Art nicht. Aber er sagt: "Regieren nach dem Motto: Die CSU gibt's vor und die FDP macht es nach - das machen wir nicht mit."

Die FDP weiß schon, was sie an Hacker hat. 2011 ist sein Jahr, wenn man so will. Wo die Kabinettsmitglieder Zeil, Heubisch und Staatssekretärin Katja Hessel Schwäche zeigen, steuert er als Fraktionschef nach. Er agiert lieber im Stillen, aber er kann auch Pflöcke einschlagen, wenn es sein muss. Im Landtag hat er jetzt schon mehr an Statur gewonnen hat als sein Fraktionskollege Georg Schmid von der CSU. Die FDP hat ihn reich belohnt, ihm gerade sehr viel Einfluss geschenkt, den sich andere erst lange erarbeiten müssen. Im April rückte er in den Landesvorstand auf, im Mai auch noch in den Bundesvorstand der FDP. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Kabinettsmitglieder bislang eine eher schwache Figur abgeben.

Damit haben sich aber auch die Machtverhältnisse innerhalb der Bayern-FDP verschoben. Zeil gelingt es auch nach zweieinhalb Jahren als Wirtschaftsminister kaum, politisches Kapital aus seiner herausgehobenen Position in der Regierung zu ziehen. Die Wirtschaft boomt, aber die Bürger schreiben den Erfolg eher der CSU zu. Es gibt auch in seiner Partei nicht wenige, die Zeils behäbige Art dafür verantwortlich machen.

Dass Umweltminister Markus Söder ein paar Tage vor Zeil ein Energiekonzept für den Freistaat vorstellte, obwohl Zeil den größeren Apparat zur Verfügung hat und eigentlich zuständig ist, überraschte jedenfalls in der FDP-Spitze kaum jemand wirklich. Außerdem fehlt es Zeil an der Schlitzohrigkeit, um sich all der feinen und unfeinen Sticheleien Seehofers zu erwehren - er ist zu nett.

Wissenschaftsminister Heubisch ist parteipolitisch eher keine große Stütze. Er stürzt sich nicht für die Liberalen ins Getümmel, wenn er nicht unbedingt muss. Heubisch, der bis zu seiner politischen Karriere niedergelassener Zahnarzt in München war, hatte sich in der Partei nie hocharbeiten müssen. Wegen seiner guten Kontakt in die Wirtschafts- und Medizinerwelt war er als Seiteneinsteiger aber willkommen. Heubisch ist froh, wenn er seinen Ministerjob in Ruhe machen kann.

FDP-Landeschefin und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat jedenfalls immer ein Auge darauf, was in Bayern gerade passiert. Im Atomausstiegsstreit war sie bestens informiert, auch sie hatte wie übrigens auch der neue FDP-Bundeschef Philipp Rösler darauf gedrungen, dass die Bayern-FDP vor Seehofer ja nicht einknickte.

Zwar hören die Liberalen im Freistaat es nicht gerne, sie würden von Leutheusser-Schnarrenberger aus Berlin ferngesteuert. Aber als Nummer Eins in der Bayern-FDP ist Leutheusser-Schnarrenberger unumstritten. Sie hatte die FDP zurück an die Macht geführt und manchem in der Partei das Mitregieren erst beibringen müssen.

Zu ihren Zöglingen zählt auch Miriam Gruß, die 35-Jährige Bundestagsabgeordnete aus Augsburg. Leutheusser-Schnarrenberger machte sie zur Generalsekretärin der Bayern-FDP. Auch in Berlin gewann sie schnell an Einfluss, war zwischenzeitlich Fraktionsvize und Mitglied im Bundesvorstand. Diese beiden Posten ist sie schon wieder los. Sie hatte sich mit ihren Funktionen übernommen. Als Generalsekretärin in Bayern blieb sie total blass. Das will sie jetzt ändern.

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