FDP-Minister Zeil:Der Mann mit der kalten Schulter

CSU-Chef Seehofer hat es geschafft, Wirtschaftsminister und Kabinettskollegen Zeil als Mann ohne Herz dastehen zu lassen.

Mike Szymanski

Dieser Tag hatte so schön angefangen für Wirtschaftsminister Martin Zeil. In Deggendorf durfte der FDP-Politiker einem Mittelständler, der eine neue Fabrik baut, einen Zuschussbescheid vom Freistaat überreichen.

FDP-Minister Zeil: FDP-Politiker Martin Zeil: Mit seiner Erfahrung kann er bislang nicht mit Horst Seehofer mithalten.

FDP-Politiker Martin Zeil: Mit seiner Erfahrung kann er bislang nicht mit Horst Seehofer mithalten.

(Foto: Foto: ddp)

"Im Namen des Steuerzahlers", hatte Zeil sehr staatstragend gesagt. In seinem Ministerium haben sie eine Bezeichnung für solche Termine: Sterntaler verteilen. Jeder Minister liebt Termine, bei denen er Geld ausgeben kann. Aber die Freude hält an diesem Freitag nur kurz. Für die 260 Arbeiter der Glashütte im niederbayerischen Riedlhütte, die er kurz darauf besucht, hat er keine guten Nachrichten. Da stehen die Betriebsräte um ihn herum und Zeil sagt: "Die Schließung ist unabänderlich. Wir müssen die Entscheidung akzeptieren."

Am Werkstor hängt ein Transparent: "Das Sterben geht weiter". Danach ist jetzt auch die Stimmung. Wie auf dem Friedhof.

Minister Zeil ist der Überbringer der schlechten Nachrichten. Tags zuvor hatte sich auch CSU-Chef Horst Seehofer mit den Glashütten-Arbeitern getroffen. Er hatte sie zu sich in die Staatskanzlei eingeladen. 300 Leute waren da. "Ich werde für Ihre Anliegen kämpfen", hatte Seehofer den besorgten Arbeitern gesagt. Dann wurde noch das Glasmacherlied gesungen. Da konnten sie sich aufgehoben fühlen.

So unterscheiden sich die Auftritte von Seehofer und Zeil jetzt im Wahlkampf. Der eine gibt Hoffnung, der andere nimmt sie. Das bleibt nicht ohne Folgen. Allmählich festigt sich das Bild von Zeil als Wirtschaftspolitiker ohne Herz.

Die CSU ist daran nicht unschuldig. Sie bedient es fleißig. "Die FDP zeigt leider keinen Einsatz in der Sache", hatte sich Zeil neulich schon von CSU-Minister Markus Söder anhören müssen, als er bei Sonderhilfen für den krisengeschüttelten Großraum Nürnberg den Bedenkenträger gab. Aber Zeil hat dem politischen Gegner die Angriffsfläche selbst geboten.

Seitdem die Wirtschaftskrise auch den Freistaat mit voller Wucht erwischt hat, häufen sich Fälle, in denen er den Ernst der Lage nicht erkannt hat. Als Mitte Juni der Handelsriese Arcandor Pleite ging und auch Tausende Beschäftigte der Versandhaus-Tochter Quelle in Franken um ihren Job bangten, sah er keinen Grund, seinen Amerika-Urlaub vorzeitig abzubrechen.

Telefonisch ließ er ausrichten: "Es gibt keinen Anlass zu Aktionismus." Bei den Angestellten kam das nicht gut an. Bei seinem Auftritt in Nürnberg vor zwei Wochen, als Kommunalpolitiker und Wirtschaftsvertreter ein Konzept verlangten, wie der Region geholfen werden könne, gab er wieder den Unberührten. Er lehnte eine Sonderbehandlung für Quelle ab.

Seinen schwersten Fehler machte Zeil bei der Belegschaft aus Riedlhütte. Die Arbeiter wollten Zeil mit einer großen Delegation in München besuchen und so ihrer Existenzangst Ausdruck verleihen. Aber Zeils Haus beharrte auf einem Gespräch auf Arbeitsebene - den großen Auftritt wollte sein Ministerium nicht. Die Arbeiter fühlten sich ausgeladen. Wie tief der Frust sitzt, konnte man am Freitag erst wieder am Werkstor vernehmen, als Zeil die Glashütte besuchte. Betriebsratsvorsitzender Georg Seidl sagte: "Damals, als wir den Minister gebraucht haben, war er nicht da."

Um mit Seehofer mitzuhalten, reicht Zeils Erfahrung bislang nicht

Für eine Partei wie die FDP, der immer noch negativ nachhängt, die Partei der Besserverdienenden zu sein, ist diese Außenwahrnehmung fatal. Seehofer hat die Staatskanzlei für die Belegschaft geöffnet, er kam als mitfühlender Politiker bei den Arbeitern an. Da zeigte sich, wer von beiden der erfahrene Wahlkämpfer ist und wer noch viel lernen muss.

Für den 53-jährigen Zeil ist der Aufstieg zum Wirtschaftsminister ein großer Karrieresprung gewesen, zuvor war der Jurist in führender Position in einer Privatbank beschäftigt. Das politische Geschäft lernte er als Kommunalpolitiker im Landkreis Starnberg. Für die FDP saß er drei Jahre im Bundestag. Um mit Seehofer mithalten zu können, reicht das noch nicht. Der stellt Zeil als einen hin, der in seinem ersten Amtsjahr nichts geleistet hat.

Die Realität sieht ein wenig anders aus: Dem insolventen Wohnwagen-Hersteller Knaus Tabbert verhalf die Staatsregierung mit einer Bürgschaft von 22 Millionen Euro zum Neuanfang. Die Porzellan-Manufaktur Rosenthal hat auch nur deshalb eine Zukunft, weil der Freistaat fünf Millionen Euro aus der Regionalförderung abzweigte und darüber hinaus Bürgschaften gewährte.

Selbst beim umstrittenen Überbrückungskredit für Quelle hatte sich Zeil keineswegs quergestellt - aber an all dies erinnert sich im Wahlkampf niemand, wenn Zeil bedrückten Arbeitern die kalte Schulter zeigt.

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