FDP-Landesparteitag:Freie Radikale

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Selbstbewusst im Umfragetief: Bei ihrem Landesparteitag fordert die FDP eine schärfere Trennung von Staat und Kirche und eine radikale Mehrwertsteuerreform.

Bei ihrem Landesparteitag in Kulmbach hat die FDP am Sonntag das Ende der sogenannten Konkordatslehrstühle an Universitäten gefordert. Diese kirchlich beeinflussten Lehrstühle müssten in reguläre umgewandelt werden, heißt es in einem Antrag, den der Parteitag mit großer Mehrheit verabschiedete.

FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Miriam Gruß und Wirtschaftsminister Martin Zeil beim Landesparteitag in Kulmbach. (Foto: dapd)

Konkordatslehrstühle sind Lehrstühle außerhalb der theologischen Fakultäten, bei deren Besetzung die katholischen Kirche aufgrund vertraglicher Vereinbarung ein Vetorecht hat. Derzeit gibt es laut FDP 21 solcher Lehrstühle in Bayern, und zwar in den Fächern Philosophie, Pädagogik, Politik und Soziologie.

Zudem stimmte eine Mehrheit der bayerischen Delegierten für die Forderung nach einer radikalen Mehrwertsteuerreform. Alle ermäßigten Mehrwertsteuersätze sollten abgeschafft werden. Im Gegenzug solle dann der reguläre Satz von 19 Prozent gesenkt werden. Für einen entsprechender Antrag der Jungen Liberalen stimmten 144 Delegierte, 125 dagegen. Mögliche Belastungen für Menschen mit geringem Einkommen sollten bei der Einkommensteuer und den Sozialleistungen berücksichtigt werden, heißt es in dem Antrag.

Während es am Sonntag weder um Haushalt, noch um Gesundheitsreform oder Steuerpolitik ging, debattierte die FDP über die grundlegende Frage nach dem Verhältnis von Staat und Kirche. Den Delegierten lag ein Antrag vor, der eine Kampfansage an die Kirche bedeuten würde. Für diesen fand sich zwar offensichtlich keine Mehrheit, es wurde deshalb nicht eigens darüber abgestimmt. Nach einer emotionalen Debatte beauftragten die Delegierten den Landesvorstand aber mit großer Mehrheit, mit den Kirchen über eine "grundlegende Neugestaltung" dieses Verhältnisses zu sprechen.

Gefordert wurde in dem Antrag beispielsweise, den Religionsgemeinschaften den Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts abzuerkennen, die Kirchensteuer abzuschaffen und den Religionsunterricht durch ein Fach zu ersetzen, "das verschiedene weltanschauliche und religiöse Ansätze sowie die Werte unserer Verfassung vermittelt". Die FDP solle deutlich machen, dass es gegen die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates verstoße, grundsätzlich Kruzifixe in Klassenzimmern aufzuhängen.

Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnte ihre Partei davor, Forderungen zu erheben, die innerhalb der bayerischen Koalitionsregierung mit der CSU nicht durchsetzbar seien. Vize-Regierungschef Martin Zeil mahnte, man müsse "mit Augenmaß vorgehen". Und auch Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch machte sich in der Debatte für den später beschlossenen Kompromiss stark.

Von dem Umfragetief, in dem die Partei steckt, wollte sich die FDP bei ihrem Parteitag nicht beeindrucken lassen. Die FDP sei eine selbstbewusste Partei und habe keinen Grund, verzagt zu sein, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Die Botschaft der FDP sei, "dass wir stehen, dass wir kämpfen". Der Generalsekretär der Bundes-FDP, Christian Lindner, betonte, die Liberalen dürften ihre Identität und ihre Werte nicht infrage stellen. Und Landtagsfraktionschef Thomas Hacker sagte, dass er nicht nur bis zur nächsten Landtagswahl 2013 plane, sondern "natürlich" auch darüber hinaus.

© SZ vom 27.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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