FDP:Das liberale Start-up

Bundestagswahl

Jubel: Der Landesvorsitzende der Bayern-FDP, Albert Duin und Spitzenkandidat Daniel Föst sowie dessen Ehefrau Dagmar Föst-Reich (von rechts).

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Die FDP kehrt auf die politische Bühne zurück und will als nächstes wieder in den Landtag

Von Anna Günther

War was? 2013? Lange her. Nach vorne schauen und hoffen, war die Devise der bayerischen FDP, die sich in den Tagen und Wochen vor der Wahl ganz dem Lindner-Hype und sich selbst hingab. Und tatsächlich: Ersten Hochrechnungen zufolge kommt die Partei auf 10,5 Prozent der Stimmen und zieht nach vier Jahren in der außerparlamentarischen Opposition wieder in den deutschen Bundestag ein. In Bayern machten 9,7 Prozent ihr Kreuzchen bei den Liberalen. Entsprechend ausgelassen ist die Stimmung am Sonntagabend im Hofbräukeller am Wiener Platz in München. Dort mussten sie vor vier Jahren die doppelte Niederlage hinnehmen, erst flog die Partei aus dem Landtag, eine Woche später aus dem Bundestag.

Der bayerische Spitzenkandidat, Generalsekretär Daniel Föst, und der Landesvorsitzende Albert Duin feiern sich wie Popstars. Die Arme in Jubelpose genießen sie den tosenden Applaus. Der große Festsaal ist bis zum letzten Platz gefüllt, viele müssen stehen. Föst verteilt Bussis an seine Frau und Dank an die Basis. "Die FDP gibt denen eine Stimme, die keinen Bock auf weiter so haben", sagt er. Am Montag beginne die Phase der Verantwortung - und die "Entzauberung der AfD". Dieses Ziel haben die Liberalen verfehlt, sie wollten drittstärkste Kraft werden im Parlament. Bei allem Jubel schwingt im Hofbräukeller auch Unverständnis mit über den Erfolg der AfD und die Schlappe der CSU, die nach ersten Hochrechnungen für Bayern auf 39,0 Prozent der Stimmen kommt.

Wer schuld daran ist, darüber sind sich viele im Saal einig: der Streit in der Union, besonders beim Thema Obergrenze für Flüchtlinge. Auch wenn Föst das nicht so sagen will, schließlich könnte er sich ein Bündnis mit Union und Grünen vorstellen. "Wir haben keine Angst vor Verantwortung", sagt er. Oder eben Opposition.

Hauptsache wieder drin. Wolfgang Heubisch, der frühere bayerische Wissenschaftsminister, wird deutlicher: "Seehofer und Merkel sind schuld an dieser desolaten Entwicklung", sagt er. Ohne die "chaotische Politik", die seit September 2015 herrschte, und "Seehofers Personalrochaden" hätte die AfD nicht so viel Erfolg. Genug analysiert, auch Heubisch blickt lieber nach vorn. Fünf Minuten nach der ersten Hochrechnung beginnt für ihn der Landtagswahlkampf. 2018 soll die FDP wieder ins Maximilianeum einziehen. Ob er eine aktive Rolle spielen will, habe er noch nicht entschieden, sagt Heubisch. Ihm ist bewusst, dass die "Lindner-Welle" Teil des guten Ergebnisses ist. Ob diese die FDP auch in den Landtag trägt? "Das hängt von den Entscheidungen im Bund ab." Sein Ziel aber bleibe die "liberalitas bavariae".

Landesvorsitzender Duin dagegen könnte sich den Job des Spitzenkandidaten und Fraktionsvorsitzenden vorstellen, sagt er. Dafür müssten die Liberalen 2018 genügend Stimmen zusammenbekommen - und er müsste seine Position behalten. Denn in der FDP regt sich Widerstand gegen den Unternehmer, der sich beim Landesparteitag am 11. November entladen könnte. Duin positioniere sich nicht deutlich genug gegen die CSU, sagen Kritiker. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Am Jubelabend will niemand an das Fiasko 2013 denken. In der Folge trat Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zurück. 13 Jahre lang war sie Chefin der bayerischen FDP, führte diese 2008 nach 14 Jahren Pause wieder in den Landtag und in die Regierung mit der CSU. Auch Heubisch und Martin Zeil traten einen Schritt zurück. Zeil, ehemaliger Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident, arbeitet in einer Anwaltskanzlei. Heubisch sitzt im Münchner Stadtrat. Ein Neustart sollte her. Landeschef Duin schreibt sich einen Teil des neuen Erfolgs zu, er habe die Partei zu einem "Start-up gemacht", sagt er. Die Zeit habe man genutzt, findet auch Föst, die FDP sei eine andere als 2013. Eine "geile Mischung", aus neuen Gesichtern, erfahrenen Leuten und Quereinsteigern, das zeige auch die Liste für die Bundestagswahl: Föst, der Ex-Telekom-Manager Thomas Sattelberger und Juli-Chef Lukas Köhler stehen für frischen Wind, mit dem früheren Vize-Fraktionschef im Landtag Karsten Klein, Ex-Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel und FDP-Oberbayern-Chef Jimmy Schulz gehen erfahrene Politiker nach Berlin.

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