Fastnacht in Veitshöchheim:Wo sich Gandhi und Che Guevara begegnen

Gleich drei Horst Seehofers sind im unterfränkischen Veitshöchheim über den roten Teppich zur Fernseh-Prunksitzung "Fastnacht in Franken" geschlendert. Das größte Staunen löst aber wie immer ein anderer CSU-Politiker aus: der Franken-Gandhi.

Von Ingrid Fuchs

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Fastnacht in Franken

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Markus Söder ist nicht der Typ für Understatements: "Mahatma Gandhi war eine große Figur und friedfertig - so bin ich auch." Groß ist der bayerische Finanzminister tatsächlich, etwa 1,93 Meter. Zu einer großen Figur macht ihn das noch nicht. Zumindest auf bayerischer Ebene arbeitet er aber daran - und muss beim Auftritt in Veitshöchheim nicht mal seine angebliche Friedfertigkeit bemühen, um gegen seine Konkurrentin um die Kronprinzenschaft anzukommen. Denn Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ist an diesem Abend gar nicht da - sie holt US-Vizepräsident Joe Biden vom Münchner Flughafen ab. Für Ministerpräsiden Horst Seehofer (rechts) offenbar kein herber Verlust. Auf die Frage was er von Söders Verkleidung halte, antwortet der CSU-Chef, er habe den Status des Perfekten nun erreicht. Mehr Lob geht nicht.

Nach Politikermaßstäben läuft der Abend für Söder grandios: Von jedem Büttenredner wird er erwähnt. Und fast jeder geht auf seine Verkleidung ein. Etwa, dass sie perfekt zu einem Finanzminister passe - "Ma hat ma, ma hat ma nix". Höhö. Manche Zuschauer reagieren weniger amüsiert und fühlen sich bei Söders Aufmachung an die Blackfacing-Debatte erinnert, die im Dezember 2013 nach der Jim-Knopf-Saalwette bei Wetten, dass...? losgegangen ist. Der Begriff Blackfacing, vor kurzem zu "Anglizismus des Jahres 2014" gewählt, prangert die umstrittene Praxis an, wenn ein Weißer sich dunkel schminkt, um einen Schwarzen darzustellen.

Fastnacht in Franken

Quelle: dpa

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Die Verkleidung von Horst Seehofer (hier mit seiner Frau Karin) beim alljährlichen Fastnachtstreffen wirkt nur auf den ersten Blick einfallslos. Anzug mit violetter Fliege, roter Fliege, schwarzer Fliege. Tatsächlich steckt dahinter aber eine Botschaft: Der Ministerpräsident kann auch Kontinuität. Im politischen Alltag beweist der CSU-Chef seine Meinungsflexibilität dagegen fast im Staccato. Jüngstes Beispiel: Seine Kehrtwende bei den Plänen für die Bundesstraße 15 neu erfolgte binnen elf Tagen. Vom kompletten Baustopp zum jetzt-doch-Ausbau. Da wirkt so ein Farbwechsel am Hals ja fast beruhigend.

Fastnacht in Franken - Veitshöchheim

Quelle: SPD Bayern/oh

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Angst und Schrecken verbreiten: Mit diesem Ziel ist der Chef der SPD-Landtagsfraktionschef zur Fastnacht angetreten, hat diese Absicht sogar höchstoffiziell per Pressemitteilung am Nachmittag kundgetan - und lächelt dann viel zu lieb, um fürchterlich zu sein. Markus Rinderspacher hat sich für den Abend in Veitshöchheim zum Ork machen lassen. Vielleicht wollen ihn seine Genossen ja für sich kämpfen lassen - die planen nämlich die große Revolution.

Fastnacht in Franken

Quelle: David Ebener/dpa

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Florian Pronold als junger Che Guevara? Der Landesvorsitzende der bayerischen SPD als rebellischer Anführer aufmüpfiger Genossen? Zusammen mit Sabrina Nebauer als Fidel Castro will er die Revolution von Kuba nach Bayern holen. Falls die Vorbereitungen dafür schon laufen, tun sie das im Verborgenen: Als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumwelt- und Bauministerium erregt Pronold nicht allzu viel Aufmerksamkeit. Auch das Komiker-Duo Heißmann & Rassau - das als Waltraud und Mariechen lästernd durch den Saal zieht - prognostiziert schlechte Chancen auf einen sozialdemokratischen Umsturz: "Die SPD ist von der Revolution so weit entfernt, wie das Rauchverbot von Cuba."

Fastnacht in Franken

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Nein, Dorothee Bär hat nicht in eine Steckdose gefasst. Sie und ihr Mann Oliver haben sich als "schnelles Internet" beziehungsweise als "Gigabyte" verkleidet. Bär, selbst Fränkin und damit quasi qua Geburt dem Närrischen zugetan, kämpft als Staatssekretärin für Verkehr und digitale Infrastruktur für deren Ausbau. Wie gut, dass der Frankenfasching nicht in Reichmannshausen gefeiert wird. Der unterfränkischen Ort hat eigentlich alles - außer Empfang. Vielleicht sollten das schnelle Internet und das Gigabyte mal in dem großen Funkloch vorbeischauen.

Fastnacht in Franken

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Wer bin ich? CSU-Politiker Christian Schmidt hat sich als Gärtner verkleidet und seinen Kürbis, Ehefrau Ria, mitgebracht. Bei vielen Bürgern ist der Bundeslandwirtschaftsminister tatsächlich noch so unbekannt, dass er sich vielleicht überlegen sollte, das Outfit auch bei offiziellen Terminen zu tragen.

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Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) taucht mit ihrer Tochter Sissi (links) bei der Frankenfastnacht auf - verkleidet als Königin der Nacht. Ihre andere Tochter, die Grünen-Politikerin Claudia Stamm, dürfte ihr an diesem Abend zwar ziemlich fremd vorkommen, hat sich dafür aber politisch an die Mutter angenähert.

Fastnacht in Franken

Quelle: David Ebener/dpa

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Claudia Stamm (links) und ihr Mann Hans-Jürgen Staudt (rechts) haben sich als Horst Seehofer verkleidet und stehen zusammen mit dessen Frau Karin neben dem Original. Kleiner Schönheitsfehler am Kostüm der Doppelgänger: Der Ministerpräsident trägt doch zur Fastnachtsfeierlichkeit immer diese freche Fliege.

Natürlich präsentiert Claudia Stamm mit ihrem Auftritt auch eine politische Botschaft: Dem echten Horst drückt sie ein Schild mit der Aufschrift "2018 - ist Schluss" in die Hand, als falscher Horst hält sie "2018 - mache weiter" hoch. Ein deutlicher Hinweis auf Seehofers Zickzack-Kurs bezüglich seiner Zukunftspläne.

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Er ist seit mehr als 20 Jahren eine feste Größe bei der Fastnacht in Franken: Büttenredner Peter Kuhn frotzelt nicht nur über die bayerischen Politiker, sondern nimmt auch die große Politik ins Visier - und macht sich etwa über die Pegida-Anhänger lustig: "Wie halten wir's drum streng genommen, mit Flüchtlingen, die zu uns kommen? So mancher ist schon alarmiert und sieht das Land islamisiert, wenn zweimal pro Monat ganz konkret ein Halbmond nachts am Himmel steht."

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Söder ist und bleibt an diesem Abend die Lieblings-Zielscheibe für die scharfzüngigen Komiker. Nicht nur wegen seines Seifenoper-Auftritts im Bayerischen Fernsehen muss er sich einiges anhören: "Da nützt auch der Ilse kein schönes Dekolleté, ich bin der George Clooney vom Wöhrdersee".

Auch als möglicher Seehofer-Nachfolger wird er immer wieder gern installiert. So ist sich Sitzungspräsident Bernd Händel sicher, dass die Abkürzung "LMAA" in Franken nicht "Leck mich am Arsch" bedeutet, sondern "Lieber Markus als Aigner".

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Über die Kreativität der Kostüme wird in Veitshöchheim nicht abgestimmt. Ein Glück für den bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle und seine Frau Miriam. Die beiden tragen - Achtung Wortwitz - Späne als Kopfbedeckung und um den Hals. Es könnte aber auch der Versuch sein, die Mühsal der bayerischen Schulreform darzustellen, all die Spänle vom Bleistiftspitzen für die unzähligen Änderungsentwürfe zu G8, G9, Mittelstufe Plus und so fort.

Was das T-Shirt mit dem aufgedruckten Superman-S mit den Sägespänen zu tun hat, erschließt sich dem Betrachter vielleicht nicht sofort. Doch Spaenle kann das Rätsel auflösen: "Franken sucht den Superspan."

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Er kam schon als Wolf, Bavaria, Martin Luther, Albrecht Dürer und Franken-Casanova. Im vergangenen Jahr trat der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) als Grünen-Politikerin Claudia Roth auf. Die Farbe scheint ihm gefallen zu haben, denn diesmal tauchen Beckstein und seine Marga als Froschkönig und Prinzessin auf der Prunksitzung des Fränkischen Fastnachtsverbandes auf.

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Innenminister Joachim Herrmann ist bei der Kostümwahl sogar noch weniger kreativ als sein Chef, Ministerpräsident Horst Seehofer. Während der wenigstens die Fliegen variiert, schlüpft Herrmann einfach jedes Jahr in das gleiche Kostüm und "verkleidet" sich als Sheriff. Von den Kommentatoren im Prunksaal wird er dafür abgestraft - so etwas uninspiriertes habe nicht einmal das Nachdenken über eine lustige Bemerkung verdient. Tja. Fastnacht kann gemein sein.

© SZ.de/cmy
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