Das zweite wichtige Prinzip ist die kollektive Kostüm-Exegese. Dahinter steckt der Glaube, dass Politiker - ob ungewollt oder nicht - durch die Wahl ihrer Faschingskostüme ungewöhnlich tief blicken lassen. Und wenn sie es vorgeblich selbstironisch tun, dann noch tiefer. Für die SZ war für Sie während des Abends die Sigmund-Freud-Gedächtnis-Taskforce "Küchenpsychologie" im Einsatz, um verwertbare Aussagen über den Zustand der bayerischen Politik zu treffen.
Die Psychen der Politiker liegen ja offen zutage. Vor eine besonders knifflige Herausforderung stellt uns dabei trotzdem jedes Jahr Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU). Was er schon alles in Veitshöchheim darstellte: Mahatma Gandhi, Shrek, Gandalf, Edmund Stoiber. Man rechnet bei Söder schon mit dem Merkwürdigsten, sodass er eigentlich nur noch wirklich überraschen könnte, wenn er als Markus Söder selbst kommen würde, gewissermaßen als Parodie auf sich selbst (böse Zungen würden sagen: Parodienparodie).
Nun denn: Was sagt es über Söder aus, dass er sich Zeichentrickfigur Homer Simpson als Verkleidung aussuchte? Er wollte das als "Hommage an die normalen Menschen im Land" verstanden wissen. Und schickte hinterher: "Homer Simpson würde CSU wählen." Irgendwo in den USA rotierte bei diesem Satz Simpsons-Erfinder Matt Groening auf seinem Bürostuhl. Naja, oder er hätte, hätte er schon einmal von einem fränkischen Politiker mit Namen Markus Söder gehört.