Fall Franziska:Verletzungen, die sprachlos machen

  • Die zwölfjährige Franziska hat vor ihrem Tod ein unvorstellbares Martyrium durchlitten.
  • Der Täter fügte dem Kind bis zu eine Stunde lang schwerste Verletzungen an Kopf, Brustkorb und im Intimbereich zu. Das geht aus dem rechtsmedizinischen Gutachten hervor.
  • Es zeigt, dass das Geständnis des Angeklagten nicht die ganze Brutalität des Sexualmordes wiedergibt.

Von Hans Holzhaider, Ingolstadt

Randolf Penning vom Institut für Rechtsmedizin an der Universität München ist ein sehr erfahrener Gerichtsmediziner, aber die Verletzungen, die er am Leichnam der zwölfjährigen Franziska feststellen musste, machten auch ihn einigermaßen fassungslos. "Mir ist etwas Vergleichbares bisher nicht begegnet", sagt Penning, als er den Richtern und Schöffen am Landgericht Ingolstadt den Obduktionsbefund vorträgt. "Ein Overkill. Das Schädel-Hirn-Trauma übersteigt das zum Töten erforderliche Ausmaß bei Weitem."

Stefan B. hat gestanden, Franziska entführt, sexuell missbraucht und danach, um seine Tat zu verdecken, zunächst mit einem Gürtel gedrosselt und sie schließlich mit einem Stück Holz erschlagen zu haben. Das Ausmaß der Gewalt, das er dabei angewendet haben muss, erschloss sich aus diesem sehr dürftigen Geständnis nicht. Stefan B. muss mit massivster Wucht auf Franziskas Kopf eingeschlagen haben. "Das Schädeldach war weitgehend abgelöst", schilderte Penning, "die linke Schläfe vollständig zertrümmert." Todesursache war ein Abriss des Hirnstamms vom Rückenmark. "Da war alles kaputt, was nur kaputt sein kann", sagte Penning.

Details des Geständnisses erwiesen sich als fragwürdig

Rätsel gaben dem Gerichtsmediziner auch die Verletzungen des Brustkorbs auf. Mehrere Rippen rechts und links waren gebrochen; ein zentraler Lungenriss zeugte von massivster Gewalteinwirkung im Brustbereich. "So etwas finden wir, wenn der Täter mit voller Wucht auf den Brustkorb springt, oder wenn ein Mensch vom Auto überrollt wird", sagte Penning. Aber es gab weder Abdrücke von Schuhen noch sonstige Prellmarken oder Abschürfungen. "Ich habe keine Vorstellung, wie diese Verletzung zustande kommen konnte", räumte Penning ein.

Stefan B. hatte zugegeben, er habe zweimal mit einem Brett oder einer Planke zugeschlagen. Jiri Adamec, Sachverständiger für Biomechanik, sagte, es müssten mindestens drei oder vier, könnten vielleicht aber auch zehn oder mehr Schläge gewesen sein. Auch andere Details des Geständnisses erweisen sich als fragwürdig. Der Gürtel, den der Angeklagte zur Drosselung benutzt haben will, könne es, nach den Spuren am Hals des Opfers zu schließen, nicht gewesen sein, sagte Penning.

Stefan B., 27, der sich seit dem letzten Verhandlungstag seinen Kinnbart abrasiert hat, folgte den Ausführungen der Sachverständigen ohne erkennbare Gefühlsregungen.

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