Energiewende:Seehofer setzt neue Prioritäten

Horst Seehofer

Neuer Schwerpunkt bei der Energiewende: Für Horst Seehofer (CSU) ist die Versorgungssicherheit wichtiger als die Windenergie.

(Foto: dpa)

Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll keinen Vorrang mehr haben. Bayerns Ministerpräsident Seehofer will bei der Energiewende das Augenmerk auf die Dämpfung der Kosten für die Bürger lenken. Die Windkraft dürfte damit keine große Rolle mehr im Freistaat spielen.

Bei der Energiewende setzt Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) neue Prioritäten. Vorrang soll nach den Fortschritten der vergangenen Jahre nicht mehr der Ausbau der erneuerbaren Energien haben. Seehofer rückt die Kostendämpfung für die Bürger und die Versorgungssicherheit in den Vordergrund. Die im Energiekonzept der Staatsregierung von 2011 geplanten 1500 Windräder in Bayern wird es nach Einschätzung von Fachleuten in der CSU nicht geben. Hauptursache ist die von der schwarz-roten Koalition in Berlin geplante Kürzung der Einspeisevergütung für Ökostrom, die der Bund zahlt.

"Erste Priorität ist, die Kostendynamik abzubremsen, denn das zahlen die Verbraucher, also die kleinen Leute, die eh schauen müssen, wie sie das Geld für die Miete zusammenbringen", sagte Seehofer der Nachrichtenagentur dpa. "Das Zweite ist die Sicherstellung der Versorgung, insbesondere für die industriellen Arbeitsplätze."

Seehofer will keinen Strom aus Tschechien und Österreich

Seehofer forderte Bundesenergieminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, Vorschläge vorzulegen. Am Montag wird sich die Staatsregierung mit dem Thema befassen. Was die Versorgungssicherheit betrifft, so fehlen in Bayern nach wie vor die Ersatzkraftwerke für die Atomkraft. Nach jetzigem Stand könnten bereits ab 31. Dezember 2015 Engpässe drohen - denn an diesem Tag soll das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet werden. Die Bundesnetzagentur empfiehlt Importe, doch Seehofer legt Wert darauf, dass Bayern seine unabhängige Stromversorgung behält.

"Die Bundesnetzagentur hätte gern, dass wir Strom aus Tschechien oder Österreich beziehen und damit die Versorgungssicherheit gewährleisten", sagte der CSU-Chef. "Das wollen wir so nicht. Wir wollen, dass die Stromproduktion für Bayern auch bei uns stattfindet."

Es müsse eine schnelle Standby-Lösung für konventionelle Reservekraftwerke organisiert werden. "Das ist viel wichtiger als ein weiterer starker Ausbau beim Wind, und das müssen wir gemeinsam mit der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur anpacken."

Der Vorsitzende der Freien-Wähler-Landtagsfraktion, Hubert Aiwanger, kritisierte am Sonntag: "Es ist falsch, erneuerbare gegen konventionelle Energie auszuspielen. Der Schlüssel zum Gelingen der Energiewende ist es, Sonne und Wind über die Methanisierung speicherfähig zu machen. Die Technik und das Geld ist da. Was jedoch fehlt, ist der politische Wille."

Böse Überraschung für Windkraft-Investoren

Thema im Kabinett wird auch der Streit um die von Seehofer verlangten größeren Abstände von Windrädern zu Wohnhäusern sein. Auf potenzielle Windkraft-Investoren könnte dabei eine unerfreuliche Überraschung zukommen: In der Staatsregierung wird diskutiert, den Tag der Kabinettssitzung - den 13. Januar - zum Stichtag zu machen, ab dem für Windradprojekte bereits die größeren Abstände gelten sollen, auch wenn die Rechtsgrundlage für die künftigen Regeln noch fehlt. Derzeit liegen in Bayern viele Windkraftprojekte auf Eis, weil die rechtliche Klarheit fehlt.

Seehofer sagte dazu, der Stichtag sei in der Prüfung. "Derzeit sind unsere Juristen dabei, das Gleiche zu machen, was wir bei der EEG-Umlage vom Bund erbitten, nämlich eine angemessene und tragfähige Regelung zum Vertrauensschutz zu erarbeiten: Gibt's da einen Stichtag, ab dem die neue Regelung gelten kann? Wer hat seine Planungen schon abgeschlossen oder sie soweit vorangetrieben, dass er Vertrauensschutz beanspruchen kann, und wer nicht?"

Üblicher Abstand war bislang ein Kilometer, Seehofer will für große Windräder von 200 Metern Höhe zwei Kilometer Mindestabstand vorschreiben. Für das Ausbleiben eines Windkraft-Booms in Bayern ist das aber keineswegs der Hauptgrund. Da Deutschlands Bürger inzwischen jährlich 20 Milliarden Ökostrom-Umlage bezahlen, will die Berliner große Koalition die Zuschüsse kürzen. Dabei wird voraussichtlich nicht nur die Einspeisevergütung als solche gekürzt, sondern zusätzlich auch die Förderung für ungünstige Standorte. Das sind die Regionen, in denen der Wind ohnehin eher schwächlich bläst. Dazu gehören auch große Teile Bayerns.

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