Endlager in Bayern?:Untersuchen ja, bauen nein

Nach dem Berliner Atombeschluss lässt die bayerische Staatsregierung noch einmal nach einem Endlager in Bayern suchen - und sagt allerdings zugleich, dass keines möglich ist.

Annette Ramelsberger und Christian Sebald

Der bayerische Granit ist zu porös, die Tonschichten im Schwäbischen sind viel zu dünn: Wenn die frühere rot-grüne Bundesregierung die Bayern aufforderte, auch bei sich nach Endlagerstätten für Atommüll zu suchen, war die Antwort stets klar - in Bayern geht in Sachen Endlager nichts.

Noch vor zwei Wochen, als der neue grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg erklärte, natürlich werde sich auch sein Land der Suche nach Endlagern nicht verweigern, hieß es aus München stereotyp: In Bayern gehe so etwas garantiert nicht.

Nun, nach der langen Nacht des Atomausstiegs von Berlin, scheint diese harte Haltung aufzuweichen. Zumindest ist Ministerpräsident Horst Seehofer nun bereit, die bisherigen Pläne überprüfen zu lassen. Man wolle nochmals geologische Untersuchungen vornehmen und andere Entsorgungsoptionen prüfen, sagte Seehofer am Montag in Berlin.

Konkret geht es darum, "neue Verfahren zur Ermittlung allgemeiner geologischer Entsorgungsoptionen" zu entwickeln - so steht es im Beschluss. Auf die Frage, ob auch eine Endlagerung im Freistaat eine Option sei, antwortete Seehofer: "Ich sehe sie nicht." Man wolle aber nicht aus dem Kabinettsbeschluss ausscheren.

Das ist auch die Sicht von Umweltminister Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). "Hier in Bayern sind die geologischen Formationen für ein Endlager nicht vorhanden", sagte Söder. "Das haben schon frühere Studien belegt, und das wird eine neue Studie sicher noch einmal bestätigen." Zugleich erklärte Söder, dass er nichts gegen die erneute Untersuchung habe. Der für die Bayern wichtigste Inhalt des Beschlusses ist, dass der Bund die Erkundung von Gorleben abschließe.

Salzstock ungeeignet

Die neue Debatte über Alternativen sei nur wegen der Empfehlung der Ethikkommission entstanden, den Atommüll "rückholbar" einzulagern. Dies sei in dem Salzstock in Gorleben nicht so ohne weiteres möglich, weil dort das Salz immer weiter wächst und allmählich die Fässer einschließt.

Auch Zeil will vor allem, dass die Untersuchung von Gorleben abgeschlossen wird. "Die FDP hat sich immer dafür eingesetzt", sagte Zeil. Er teile aber die Einschätzung des Ethikrates, dass es ein Gebot der nationalen Solidarität sei, unter dem Aspekt der Rückholbarkeit ergebnisoffen über Alternativen nachzudenken. "Deshalb finde ich es gut, dass sich Seehofer dieser Linie anschließt", sagte Zeil. In dem Erkundungsbergwerk Gorleben in der Grenzregion von Niedersachsen und Brandenburg gibt es seit Jahren Untersuchungen, ob dort radioaktiver Müll gelagert werden kann. Umweltschützer halten den Salzstock für ungeeignet.

Dagegen gehen die Beurteilungen des neuen Ausstiegs aus der Atomkraft in Bayern weit auseinander. Während Söder von einem "sehr bedeutsamen Tag nach einer bedeutsamen Nacht" sprach und das neue Ausstiegsszenario der Bundesregierung bis 2022 ausdrücklich begrüßte, kritisierte Zeil die Atombeschlüsse und nannte sie sogar ein "Risiko" für den Freistaat. Söder sprach dagegen von einem "Chor der Vernunft in Berlin" und einer "ausdrücklichen Bestätigung" für die CSU. Zeil hielt dagegen, "mit Blick auf einen vagen Konsens mit der Opposition" seien wichtige Interessen des Industriestandortes Bayern und seiner Arbeitnehmer zurückgestellt worden.

Die Vereinbarung für den Atomausstieg 2022 sei "sehr ambitioniert", sagte er und fügte hinzu: "Wir gehen daher davon aus, dass der Bund nun zügig entsprechende Programme auflegt, damit der neue Weg, der uns ins Zeitalter der erneuerbaren Energien führen soll, ausreichend finanziell unterlegt ist."

"Auch Franken möglichst rasch atomkraftfrei"

Der FDP-Politiker hatte einen Atomausstieg bis 2022 stets als unrealistisch bezeichnet und stattdessen die Mitte des nächsten Jahrzehnts angepeilt. Er bekräftigte nun: "Meine oberste Priorität ist und bleibt die Versorgungssicherheit der bayerischen Industrie, des bayerischen Mittelstands und der vielen kleinen Betriebe in unserem Land." Die bayerische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger unterstützt dagegen den Kompromiss der Berliner Koalition ausdrücklich.

Dank der FDP werde der bis 2022 vereinbarte Atomausstieg "vernünftig und sicher erfolgen", betonte die Bundesjustizministerin. Ihre Partei habe "einen rationalen und ehrgeizigen Weg" durchgesetzt, "der mit größter Einsatzbereitschaft aller Beteiligten zu schaffen ist".

Söder äußerte sich überzeugt, dass der Atomreaktor Isar1 nach Ablauf des Moratoriums nun endgültig abgeschaltet wird. Nach seiner Einschätzung kommt der Uralt-Meiler auch nicht als sogenannte Kaltreserve in Frage, die kurzfristig wieder hochgefahren werden könne, um im kommenden Winter die Netzsicherheit zu gewährleisten. "Zum einen sind Siedewasserreaktoren wie Isar1 dafür weniger geeignet", sagte Söder. "Zum anderen haben wir zu dieser Zeit noch vier andere Reaktoren in Betrieb, sodass wir mit unserer Stromversorgung kein Problem haben."

Auch was Grafenrheinfeld anbelangt, will Söder zum Ausstiegsszenario der alten rot-grünen Koalition zurückkehren. Danach sollte der Reaktor bei Schweinfurt 2014 oder 2015 vom Netz gehen, "damit auch Franken möglichst rasch atomkraftfrei ist", wie Söder jetzt sagte.

Für die schwäbische Anlage Gundremmingen hat der Minister dagegen noch kein Abschaltdatum vor Augen. Nach Rot-Grün wären die Reaktoren 2015 und 2016 vom Netz gegangen. Nun erklärte Söder, sie würden zu einem noch nicht feststehenden Zeitpunkt folgen. Als letzter bayerischer Meiler wird im Jahr 2022 Isar2 abgeschaltet.

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