Einstufung des bayerischen Innenminsteriums:"Die Freiheit" und PI gelten in Bayern als verfassungsfeindlich

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Michael Stürzenberger, Landesvorsitzender der Partei "Die Freiheit" bei einer Kundgebung in München. (Foto: Robert Haas)

Nazis werden dreister und frecher, Islamfeindlichkeit breitet sich aus: Das bayerische Innenministerium stuft zwei bekannte Gruppen als extremistisch und damit verfassungsfeindlich ein, darunter die Partei von Michael Stürzenberger.

Von Bernd Kastner

Sie verbreiten islamfeindliche Propaganda und schüren pauschal Ängste vor den Muslimen: Jetzt stuft das bayerische Innenministerium den Landesverband der Partei "Die Freiheit" und die Münchner Ortsgruppe des Web-Blogs "Politically Incorrect" (PI) als verfassungsfeindlich ein. Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet seit Ende März die beiden personell und thematisch eng verflochtenen Gruppen und hat einen harten Kern von etwa fünf Personen ausgemacht. Als führender Kopf gilt Michael Stürzenberger, Landeschef der "Freiheit".

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2012 besorgt, weil diese Anti-Islam-Aktivisten alle Muslime als Feinde des Rechtsstaates verunglimpften. Seit 2012 sammeln sie in München Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen das Moschee-Projekt Ziem des Penzberger Imams Benjamin Idriz. Herrmann betonte, dass gewöhnliche Kritik am Islam oder an Ziem nicht als verfassungsfeindlich gelte. Bürger, die unterschrieben haben, würden nicht beobachtet. Laut Verfassungsschutzchef Burkhard Körner sei Bayern das erste Bundesland, das die Islamhasser als extremistisch einstufe.

Islamhass nimmt zu

Auch unter Rechtsextremisten gewinne die Islamfeindlichkeit immer mehr an Bedeutung, stellte Herrmann fest. Ein anderer Trend sei, dass sich die ganz Rechten oft einen bürgerlichen Anstrich zu geben versuchten. Immer öfter gründeten sie Bürgerinitiativen, um lokale Probleme aufzugreifen. Damit wollten sie auch außerhalb der NPD wirken, bis in die Mitte der Gesellschaft hinein. Selbst an mehreren Faschingsumzügen, etwa in München und Gersthofen bei Augsburg, hätten sich Rechtsextremisten beteiligt.

Linke Aktivisten schreddern aus Protest gegen Innenminister Herrmann ein druckfrisches Exemplar des Verfassungsschutzberichts.  (Foto: dpa)

Als aktivste Neonaziverbindung gilt den Verfassungsschützern das Freie Netz Süd mit 100 bis 150 Anhängern. Ihnen sei selbst die NPD nicht radikal genug. Während die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten von 57 im Jahr 2011 auf 65 im vergangenen Jahr gestiegen sei, sei die der rechten Extremisten von 2450 auf 2200 gesunken.

Eine allgemeine Solidarisierung mit den Morden der Neonaziterroristen des NSU sei unter Rechtsextremisten nicht generell festzustellen. Wohl aber, so Herrmann, dass ein Teil der Szene seit Aufdeckung der Mordserie "dreister und frecher auftritt". Zur Rockerszene gebe es keine strukturelle Verbindung von Rechtsextremen, jedoch einzelne Personen, die in beiden Lagern aktiv seien.

In der linksextremistischen Szene, der 5000 Personen in Bayern zugerechnet werden, verzeichnen die Verfassungsschützer eine Verdopplung der Gewalttaten gegenüber dem Vorjahr auf 99. Diese Zahl hänge stark vom Demonstrationsgeschehen ab. Angesichts des kommende Woche beginnenden NSU-Prozesses sei mit einer Zunahme linker Aggression zu rechnen.

Vor dem Innenministerium demonstrierte am Freitag das "Bündnis gegen Naziterror und Rassismus" gegen Innenminister Herrmann. Der Verfassungsschutz habe über Jahre die Naziszene verharmlost und stattdessen linke und antifaschistische Gruppen diskreditiert. Symbolisch für ihre Ablehnung des Verfassungsschutzberichtes schredderten linke Aktivisten ein druckfrisches Exemplar.

© SZ vom 13.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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