Einflussnahme aus CSU auf Medien:"Wenn Seehofer wirklich nichts wusste, muss er jetzt durchgreifen"

Die Sprecherin von CSU-Minister Markus Söder intervenierte offenbar nicht nur beim Bayerischen Rundfunk, sondern soll nach ähnlichem Muster bei weiteren Redaktionen angerufen haben. Die Grünen pochen nun darauf, dass Söders Verhalten untersucht wird. Der Nachwuchs des Koalitionspartners FDP fordert bei weiteren Enthüllungen personelle Konsequenzen - und nennt den Namen Seehofer.

Oliver Das Gupta

Ministerpraesident und CSU-Chef Horst Seehofer mit seinem Parteifreund und möglichen Nachfolger Markus Söder auf einem Archivbild von 2011.

Ministerpraesident und CSU-Chef Horst Seehofer mit seinem Parteifreund und möglichen Nachfolger Markus Söder auf einem Archivbild von 2011.

(Foto: dapd)

Mit Empörung reagieren Grüne und Junge Liberale (Julis) auf einen SZ-Bericht, wonach die Sprecherin des bayerischen Ministers Markus Söder (CSU) wegen eines spöttischen Berichts beim Bayerischen Rundfunk interveniert hat.

Der bayerische Grünen-Vorsitzende Dieter Janecek verlangte von Söder, sich "schleunigst und umfassend" zu erklären. "Es muss offengelegt werden, ob er das Gebaren seiner Sprecherin Ulrike Strauß kannte oder ihr sogar Anweisungen gegeben hat", sagte Janecek zu Süddeutsche.de. Er forderte die CSU-Führung auf, Zensurversuche aus der Regierungspartei zu bestrafen: "Wenn Horst Seehofer wirklich nichts von den üblen Praktiken wusste, muss er jetzt durchgreifen."

CSU-Chef Seehofer, der als Ministerpräsident einer schwarz-gelben Koalition den Freistaat regiert, sieht sich auch harter Kritik des FDP-Nachwuchses ausgesetzt. Der bayerische Juli-Chef Matthias Fischbach forderte im Gespräch mit SZ.de eine "lückenlose Aufklärung" der Anruf-Affären. Der Jungliberale warf die Frage auf, ob es eine "Systematik" in der CSU gibt, bei Medien zu intervenieren. Sollten "Markus Söder oder gar Horst Seehofer bewusst versucht oder veranlasst haben, Journalisten unter Druck zu setzen, dann fordern wir hier auch personelle Konsequenzen", erklärte Fischbach.

Binnen weniger Tage ist es das zweite Mal, dass eine versuchte Einflussnahme bei der Presse im Sinne der CSU offengelegt wurde. Parteisprecher Hans Michael Strepp hatte versucht einen ZDF-Bericht über den bayerischen SPD-Spitzenkandidaten Christian Ude zu verhindern. Der an sich als besonnen geltende und umgänglich auftretende Strepp gab vergangenen Donnerstag seinen Posten auf, nachdem unter anderem Finanzminister Söder "unruhig" geworden war, wie Spiegel Online schrieb.

Nun gerät Söder selbst in die Kritik, gerade weil er als ausgebuffter Medienprofi gilt. Der Mittelfranke und einstige CSU-Generalsekretär kennt beide Seiten. Söder absolvierte ein Volontariat beim Bayerischen Rundfunk und stieg in der Sendeanstalt kurz vor seinem Einzug in den Bayerischen Landtag 1994 zum Redakteur auf. Söders stieg Stufe für Stufe auf, wobei sein Ruf parteiintern nicht gerade der beste ist. Auf dem Parteitag nannte ihn Seehofer als einen seiner möglichen Nachfolger als Ministerpräsident und im CSU-Vorsitz.

Inzwischen meldete sich Söders Sprecherin Ulrike Strauß zu Wort mit einer Erklärung, die vor allem einen schützt: ihren Chef. Strauß sagte, dass sie "keinen Auftrag" für einen in die Kritik geratenen Anruf beim Bayerischen Rundfunk am 17. März 2011 hatte. Sie habe darüber auch niemanden informiert, versicherte Strauß der Nachrichtenagentur dapd. Festzuhalten sei zudem, dass der Anruf zu einem Beitrag über Söder erst nach der Ausstrahlung erfolgte. Der BR bestätige ferner, "dass kein Einfluss genommen wurde".

Söders Sprecherin Ulrike Strauß versuchte auch bei anderen Medien zugunsten ihres Chefs zu intervenieren. Spiegel Online schreibt, die Pressefrau habe ebenfalls angerufen und "versucht, Einfluss auf die redaktionelle Arbeit zu nehmen". SZ.de ist ein weiterer Fall bekannt, in dem sich die Ex-Journalistin in einer Redaktion über einen Söder-Artikel massiv beschwerte. Die Kritik von Strauß blieb hier erfolglos, wohl anders als in der Causa BR.

Die Süddeutsche Zeitung hatte zuvor geschrieben, der BR-Fernsehbericht sei aus dem Programm genommen worden, nachdem Strauß sich darüber beschwert hatte. Der Sender habe bestätigt, dass der Beitrag nur in der Frühausgabe der Nachrichtensendung Rundschau lief.

Dass er später nicht mehr gesendet wurde, habe jedoch allein journalistische Gründe gehabt. Der Beitrag beschäftigte sich den Angaben zufolge sechs Tage nach der Katastrophe von Fukushima mit Äußerungen des damaligen bayerischen Umwelt- und heutigen Finanzministers Söder zur Sicherheit des Atomkraftwerks Isar I.

"Der CSU ist jedes Mittel recht"

Der BR habe Äußerungen des CSU-Politikers aus der Zeit vor dem Reaktorunglück gezeigt, wie sicher diese Anlage sei - und im Gegensatz dazu eine Äußerung Söders nach Fukushima gestellt, Isar I sei doch nicht ausreichend gesichert.

Solche Erklärungen dürften nicht ausreichen, um den Wirbel zu entkräften, der um die CSU-Interventionen bei Medien entstanden ist. Elf Monate vor der Landtags- und Bundestagswahl wollen die politischen Mitbewerber nicht locker lassen.

Schafft die CSU die absolute Mehrheit in Bayern nicht, gelten Grüne und FDP mögliche Koalitionspartner in Bayern. Doch weder Liberale, noch Grüne finden in diesen Tagen warme Worte für die CSU. Der Grüne Janecek wirft Seehofers Partei vor, dass ihr in "ihrem Existenzkampf jedes Mittel recht" sei. Und der Jungliberale Fischbach meint, das "mangelnde Demokratieverständnis in der CSU ist anscheinend kein Einzelfall".

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