Einbrüche in Bayern:Jagd auf Mister Unbekannt

Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen

Einbrecher brauchen in der Regel nur Sekunden, bis sie es in ein Haus oder eine Wohnung geschafft haben.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Die Diebe kommen in der Dunkelheit und zerwühlen schnell die ganze Wohnung: In einigen Regionen Bayerns ist die Zahl der Einbrüche dramatisch gestiegen. Landesregierung und Polizei wollen nun eine Strategie entwickeln, um das Problem in den Griff zu kriegen.

Manchmal, auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, überkommt Sonja Weber wieder dieses mulmige Gefühl. Was, wenn die Wohnungstür wieder offensteht - aufgebrochen mit einem Brecheisen? Was, wenn wieder die Schränke zerwühlt sind? "Man ist dann tatsächlich eher überrascht, wenn nichts passiert ist", sagt die junge Frau, die eigentlich anders heißt. Vor wenigen Wochen wurde in ihre Münchner Wohnung eingebrochen - und die Erinnerung daran ist noch längst nicht verblasst. Immer wieder stellt Sonja Weber sich vor, wie "Mister Unbekannt", wie sie ihn nennt, in der Wohnung herumschleicht, Schubladen aufzieht und alles antatscht, während sein Kumpel unten im Flur Schmiere steht.

Die Meldungen von Einbrüchen häufen sich. Herbstzeit war schon immer Einbruchszeit: Weil es dunkel wird, bevor die Menschen aus der Arbeit kommen, sind die Bedingungen für Einbrecher ideal. Doch dieses Jahr scheint es besonders schlimm zu sein. Allein bis einschließlich Oktober gab es 5127 Einbrüche im Freistaat - das sind gut neun Prozent mehr als im vergangenen Jahr. In München erwartet die Polizei sogar einen Anstieg von 20 Prozent. Auch in Unterfranken ist die Zahl der Einbrüche stark angestiegen. In Mittelfranken und Schwaben Nord ist dagegen sogar etwas seltener eingebrochen worden als im Vorjahr.

An diesem Wochenende befasst sich das Kabinett bei seiner Winterklausur am Tegernsee mit dem Thema. Innenminister Joachim Herrmann soll Vorschläge auf den Tisch legen. Von Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer erwartet Seehofer eine Strategie, wie man das Problem zurückdrängen könne. "Wir sind das der Bevölkerung schuldig", sagt Seehofer.

Er sei in den vergangenen Wochen auf Weihnachtsfeiern oft auf die Einbrüche angesprochen und gefragt worden: "Was macht ihr?" Die Strategien der bayerischen Polizeipräsidien sind unterschiedlich. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten: Mehr Streifen in der Dämmerung in Wohngebieten, die besonders häufig Ziel von Einbrechern werden. Mehr Schleierfahndung, um Banden aus dem Ausland zu ertappen. Das heißt aber auch: Personal umschichten. Andere Schwerpunkte setzen.

"Nur Sekunden bis sie drinnen sind"

Nach Erfahrung von Herbert Dieminger von der Beratungsstelle der Kriminalpolizei in Augsburg versuchen die Einbrecher meisten als erstes, über die Terrassentür einzudringen. "Die liegt in der Regel genau gegenüber der Eingangstür, sodass der Täter einen Fluchtweg offen hat, sollten die Besitzer plötzlich nach Hause kommen." Gibt es keine Terrassentür oder ist dieser Weg versperrt, versuchen die Räuber über Fenster, Kellerfenster oder die Kellertür ins Haus zu kommen. "In der Regel brauchen sie nur Sekunden bis sie drinnen sind", sagt Dieminger. Am gründlichsten wird dann das Schlafzimmer durchsucht weil viele Leute dort nach wie vor Bargeld oder wertvolle Schmuckstücke aufbewahren. Anschließend kommen Wohn- und Esszimmer dran. Alles in allem dauert der Einbruch nicht länger als zehn bis 15 Minuten.

In welches Haus sie einbrechen, entscheiden die Diebe meist spontan: Sie fahren oder gehen durch Wohngebiete und schauen, welche Häuser dunkel sind. Der beste Schutz vor Einbrechern sei deshalb, "Anwesenheit vorzutäuschen", sagt Dieminger , - sprich: Licht anlassen. Eine andere Möglichkeit ist eine Zeitschaltuhr, die dafür sorgt, dass zu einer bestimmten Zeit automatisch ein Licht angeht. Dieminger weiß allerdings auch von einem Fall, in dem ein älterer Herr ein ausgetüfteltes System aus fünf Zeitschaltuhren installiert hatte, sodass im Haus zu verschiedenen Zeitpunkten die Lichter an- und ausgingen.

Nur eine Viertelstunde war das Haus unbeleuchtet. Genau da schlugen die Diebe zu und erbeuteten mehrere tausend Euro. Einen fünfstelligen Euro-Betrag fanden Einbrecher auch bei einer Dame, die ihr Konto aufgelöst hatte, das Geld mit nach Hause nahm und am nächsten Tag bei einer anderen Bank einzahlen wollte. Erst vor zwei Wochen erbeuteten Diebe bei eine Familie 4500 Euro, die auf dem Küchentisch in einem Umschlag lagen, weil am nächsten Tag Heizöl geliefert werden sollte. "Die Leute müssen viel mehr aufpassen", sagt Herrmann. Die Bürger müssten ihren Teil beitragen: Haustüren abschließen, Fenster geschlossen halten, mal gucken, was sich beim Nachbarn tut, wenn der mal nicht da ist.

Nur in den seltensten Fällen bekommen die Bestohlenen ihr Eigentum zurück. Die Aufklärungsquote bei Einbrüchen in private Wohnungen oder Häuser ist schlecht: Im Jahr 2012 lag sie bei nur 15,7 Prozent. Doch selbst wenn die Einbrecher gefasst werden, tut sich die Polizei oft schwer, das Diebesgut den Besitzern zurückzugeben. So war es auch, als Beamte vor einiger Zeit die Wohnung einer Diebesbande in Augsburg stürmten, die sie aufgrund eines gestohlenen Handys orten konnten. Die Polizisten fanden dort unter anderem einen Schmelzofen, in dem alle gestohlenen Schmuckstücke sofort gelandet waren.

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